Investmentfonds.de
01.06.2005:
stern: Finanzministerium und Wirtschaftsweiser Rürup sehen Euro als Wachstumsbremse 56 Prozent der Deutschen wollen D-Mark zurück -Bundestag-Rechtsgutachten hält Währungsunion-Auflösung für möglich
Hamburg (ots) - Das Bundesfinanzministerium macht die Einführung
des Euro für die anhaltende Wachstumsschwäche in Deutschland
verantwortlich. Das berichtet in seiner neuen Ausgabe das Hamburger
Magazin stern unter Berufung auf vertrauliche Vermerke für
Finanzminister Hans Eichel (SPD). Gestützt wird die Analyse vom
Vorsitzenden des Sachverständigenrates Bert Rürup, der ebenfalls
"Bremswirkungen auf das Wirtschaftswachstum" festgestellt hat. Auch
48 Prozent der Deutschen geben einer Forsa-Umfrage im Auftrag des
stern zufolge dem Euro eine Mitschuld an der schlechten
Wirtschaftslage in Deutschland, 56 Prozent wollen sogar die Mark
zurück, 90 Prozent glauben, dass die Währungsumstellung zu
dauerhaften Preiserhöhungen geführt hat.
Eichels Experten schreiben in einem dem stern vorliegenden
"Hintergrundvermerk zum Anpassungsprozess an die Europäische
Wirtschafts- und Währungsunion", Deutschland habe mit der
Euro-Einführung seinen Realzins-Vorteil gegenüber den anderen Staaten
der Währungsunion verloren. Der Euro habe für die früheren
Hochzinsländer Griechenland, Irland, Portugal und Spanien "enorme
Finanzierungsvorteile gebracht, die praktisch wie Steuersenkungen
wirken." Allein für Spanien mache der Effekt 3,1 Prozent des
Bruttoinlandsprodukts aus, während für Deutschland der Nachteil 1,4
Prozent betrage. Die "Verschlechterung der relativen
Finanzierungsbedingungen" könne auch herangezogen werden, "den
Wachstumsrückstand Deutschlands gegenüber den anderen Ländern" zu
erklären. Die Ministeriums-Ökonomen fürchten, Deutschland könne es
nicht gelingen, den Nachteil jemals durch Lohnzurückhaltung
wettzumachen: "Die Langwierigkeit der Anpassung führt zu einer
derartigen Investitionsschwäche, dass sich in der Folge das
Wachstumspotenzial insgesamt vermindert."
Der Vorsitzende des Sachverständigenrates Bert Rürup bestätigte
gegenüber dem stern, dass die Euro-Einführung durch den Verlust des
Realzins-Vorteils für Deutschland wie eine Wachstumsbremse wirke. Die
Erwartungen, die Währungsunion würde das Wachstum steigern und
Arbeitsplätze schaffen, seien "Blütenträume, die sich bislang nicht
erfüllt haben." Zudem sei die Geldpolitik der Europäischen
Zentralbank für Deutschland "vergleichsweise hart", aber dies sei der
"Preis der gemeinsamen Währung".
In einem weiteren Vermerk warnen die Beamten Eichel vor einem
ökonomischen Auseinanderdriften Europas. Unter der Überschrift
"Euro-Zone: Zunehmende Besorgnis über verfestigte Inflations- und
Wachstumsdifferenzen" heißt es: "Die Schere droht weiter auseinander
zu laufen, so dass die Gefahr einer Anpassungskrise größer wird." In
einer vertraulichen Ökonomenrunde mit Finanzminister Eichel und
Bundesbankpräsident Axel Weber ist nach stern-Informationen in der
vergangenen Woche sogar über ein Scheitern der Währungsunion
diskutiert worden. Der stern zitiert den Teilnehmer Joachim Fels von
der Investmentbank Morgan Stanley: "Das kann in einigen Jahren zum
Super-GAU führen: einem Auseinanderbrechen des Euro."
Eine Auflösung der Währungsunion ist rechtlich möglich, auch wenn
dies im Maastrichter Vertrag nicht vorgesehen ist. Dies geht aus
einem bisher unter Verschluss gehaltenen Rechtsgutachten des
Deutschen Bundestages hervor, das dem stern vorliegt. Sowohl eine
"einvernehmliche Aufhebungsvereinbarung" als auch ein
"außerordentliches Kündigungsrecht" bei "Wegfall der
Geschäftsgrundlage" seien nicht ausgeschlossen. Das Fazit des
Gutachtens lautet: "Völker- und europarechtlich lässt sich (...) die
Möglichkeit einer Beendigung der Wirtschafts- und Währungsunion über
die einvernehmliche Aufhebung der Gemeinschaft insgesamt vertreten."
Originaltext: stern, G+J
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6329
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6329.rss2
Diese Vorabmeldung ist mit Quellenangaben zur Veröffentlichung frei.
Für Rückfragen: stern-Reporter Lorenz Wolf-Doettinchem, Tel.:
030-202240
Quelle: news aktuell
|