Investmentfonds.de
07.12.2006:
Schroders: Kommentar zum Marktausblick China 2007
Köln, den 07.12.2006 (Investmentfonds.de) - Seit Jahren beobachten wir als
internationaler Investor die Entwicklungen und Trends in China mit größtem
Interesse: Chinas Einfluss auf die Weltkonjunktur und multinationale Unternehmen
ist enorm, vor allem bei der globalen Preisgestaltung sehr vieler Schlüssel-
produkte. Für die Weltwirtschaft ist das Reich der Mitte heute einer der
wichtigsten Akteure in der zweiten Reihe.
Weiche Landung
Chinas versucht, sein rapides Wirtschaftswachstum zu zügeln, besonders im Hinblick
auf Sachinvestitionen, und das scheint jetzt zu gelingen. Erfreulich ist zudem der
Anstieg der Verbraucherausgaben. Nach offiziellen Angaben hat der Einzelhandel in
jüngster Zeit durchschnittlich um 13 Prozent zugelegt, die tatsächlichen Zahlen
liegen möglicherweise weitaus höher. Mehr Ausgewogenheit zwischen Sachinvestitionen
und Verbraucherausgaben ist unerlässlich für Chinas weitere Entwicklung, in sozialer
wie in wirtschaftlicher Hinsicht. Damit gelänge es China, die Volatilität auf dem
heimischen Markt einzudämmen und außerdem die geopolitischen Konsequenzen seines
gewaltigen Außenhandelsüberschusses unter Kontrolle zu bringen, der seit
Jahresbeginn auf beeindruckende 110 Mrd. US-Dollar angestiegen ist (Stand:
Oktober 2006).
Mehr Ausgeglichenheit in der Handelsbilanz hat Priorität
Der Außenhandelsüberschuss gegenüber den USA ist mittlerweile so groß, dass es die
Geduld der US-Entscheidungsträger auf eine harte Probe stellt. Das Gespenst des
Protektionismus geht um, und in knapp zwei Jahren stehen die Präsidentschaftswahlen
an. Man darf nicht übersehen, dass auch die Einfuhren nach China in den letzten
fünf Jahren um über 20 Prozent p.a. gestiegen sind. Aber: Der immense Exporterfolg
und die anhaltende Attraktivität Chinas als Produktionsstandort haben zum Aus-
einanderklaffen der Wachstumsraten bei Ein- und Ausfuhr geführt.
Vermutlich wird sich China darum bemühen, seine Außenhandelsüberschüsse auf mehr
Länder zu streuen und seine Handelsbeziehungen zu Japan und Europa ausbauen. Das
kann theoretisch ein Gegengewicht zu den derzeit dominierenden Handelsbeziehungen
mit den USA schaffen. Das Endziel ist ein ausgeglichenes Wachstum von Exporten und
Importen zu jeweils 15 Prozent und damit eine Stabilisierung des Handelsbilanzüber-
schusses insgesamt.
Energiesektor steht wieder im Mittelpunkt
Schätzungen zufolge nutzt China bisher nur 30 Prozent seines Potenzials als
„Werkbank der Welt“. In den letzten zehn Jahren hat China sich von einer
energieneutralen Position zum drittgrößten Erdölimporteur (und zweitgrößten
Erdölverbraucher) der Welt entwickelt. In den nächsten 15 bis 20 Jahren wird
sich Chinas Erdölbedarf wahrscheinlich mehr als verdreifachen; folglich wächst
der Druck auf die Öl- und Rohstoffmärkte der Welt, und der Wettbewerb um
Zugang zu den Rohstoffen verschärft sich. Das erklärt, warum China mit solcher
Beharrlichkeit auf eine Verbesserung seiner Beziehungen zu Russland und den
Staaten des Nahen Ostens hinarbeitet.
Priorität genießt auch die stärkere Nutzung sauberer Energien, angesichts der
Schwierigkeit, dauerhaft auf nachhaltige und zuverlässige Energiequellen
zugreifen zu können. Dazu kommt die Umweltverschmutzung, die die letzten fünf
Jahren des raschen Wachstums und der Ausbeutung natürlicher Ressourcen mit sich
gebracht haben. Auch der Einsatz von Produktionsverfahren, die weniger Energie
verbrauchen, steht ganz oben auf der Liste der chinesischen Regierung. In den
nächsten fünf Jahren wird China voraussichtlich mindestens 240 Mrd. US-Dollar
für Umweltschutzinvestitionen ausgeben, darunter für Solarenergie, Windenergie,
effizientere Produktionsanlagen sowie umweltschonendere und effizientere
öffentliche Verkehrsmittel.
China ist der am schnellsten wachsende Automobilmarkt der Welt. Angesichts der
sprunghaften Zunahme privater Kraftfahrzeuge ist China entschlossen, die damit
einhergehenden Probleme (Umweltverschmutzung und Verkehrsstaus) durch Wiederbelebung
des Bahnnetzwerks anzugehen. Zum Ausbau des Schienennetzes über die nächsten fünf
Jahre sind bereits rund 190 Mrd. US-Dollar bereitgestellt worden.
Fokus auf Schlüsselsektoren durch Steuerreform
Reformen werden für die langfristige Entwicklung Chinas ebenso wichtig werden wie
die gegenwärtigen Fünfjahrespläne. Eine baldige Vereinheitlichung des Steuersystems
scheint unvermeidlich. Damit würde der von heimischen Unternehmen gezahlte Steuersatz
von derzeit 33 Prozent dem Satz angenähert, den Unternehmen in Hand ausländischer
Investoren zahlen müssen (in der Regel zwischen 15 und 24 Prozent). Eine Folge wäre
die höhere Wettbewerbsfähigkeit chinesischer Firmen; gleichzeitig würde diese
Maßnahme ausländischen Direktinvestitionen in die Billigsektoren des verarbeitenden
Gewerbes entgegenwirken. Was auch zur Weiterentwicklung beitragen wird, sind
Darlehen zu günstigeren Konditionen an Unternehmen aus dem High-Tech- und
Umwelttechnologie-Sektor.
Ausblick
Vor diesem Hintergrund werden sich besonders die folgenden Themen auf die globalen
Aktienmärkte auswirken:
- Einfuhren nach China werden in vielen Branchen zunehmen: Verbrauchsgüter,
Pharmazeutika, Nahrungsmittel, High-Tech-Ausrüstungen und -Anlagen (vor allem zur
Produktionssteigerung, bei Umweltschutz- und Energiespartechnologien), Eisenbahn
und Petrochemie.
- In anderen Sektoren machen sich die Maßnahmen zur Förderung der
Wettbewerbsfähigkeit der einheimischen Wirtschaft bemerkbar, dazu gehören
Autozulieferer, Teile des Maschinenbaus, Telekommunikationsausrüster und
Software. Man bemüht sich hier um ein Ankurbeln der heimischen Produktion,
damit China weniger von Einfuhren aus dem Ausland abhängig ist. Dieser Trend
wird nicht ohne Folgen für Exporteure nach China bleiben.
- Chinas immense Devisenreserven, die jetzt sogar die 1-Billion-Dollar-Marke
überstiegen haben, werden weiterhin einen positiven Beitrag zur weltweiten
Liquidität leisten. Damit verfügt China über ausreichende Mittel, um seine
gezielte Akquisitionspolitik weiterzuverfolgen und damit die Fusions- und
Übernahmetätigkeit insgesamt anzukurbeln.
- Aus Sicht der globalen Aktienmärkte spiegeln die Indizes die gegenwärtig
stattfindende Verschiebung der relativen wirtschaftlichen Macht wider. Die
chinesische Regierung verfolgt den Anspruch, den Aktienmarkt Chinas in den
nächsten 15 Jahren zu einem der beiden Top-Aktienmärkte Asiens zu machen. Dazu
trägt die verbesserte Struktur des Binnenwachstums bei, ebenso der stetig
wachsende Wohlstand der Mittelschicht und deren Bedarf an der Investition in
einheimische Pensions- und Versorgungspläne. Damit geraten andere große Märkte
in Asien (wie beispielsweise Japan) unter zunehmenden Wettbewerbsdruck.
China hat auf seinem Weg zur Integration in die Weltwirtschaft noch einige
grundsätzliche Probleme zu lösen. Für internationale Anleger ist es aber im Grunde
genommen unerlässlich, sich die chinesischen Volkswirtschaft, ihre Auswirkungen und
Trends regelmäßig ins Bewusstsein rufen. In den letzten fünf Jahren entfielen rund
zwei Drittel des Weltwirtschaftswachstums auf die USA und China. Obwohl die Zuwächse
voraussichtlich etwas nachlassen werden (insbesondere bei Sachinvestitionen), bleibt
die Wachstumsentwicklung insgesamt dynamisch. Damit bietet China multinationalen
Unternehmen und internationalen Aktienanlegern weiterhin lukrative Investmentchancen.
Quelle: Investmentfonds.de
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