Investmentfonds.de
23.04.2007:
Börsen-Zeitung: Zu logisch und zu einfach Kommentar zur Besteuerung von Investmentfonds, von Bernd Wittkowski
Frankfurt (ots) - Die Bundesregierung bereitet den nächsten Schlag
gegen die Fondssparer, die Investmentanlage und den Finanzplatz
Deutschland vor. Als Keule dient die geplante jährliche Besteuerung
der Erträge thesaurierender Fonds auch nach Einführung der
Abgeltungssteuer. Das Thema beschäftigt dieser Tage den
Finanzausschuss des Bundestages.
Die Problematik ist nur zu verstehen, wenn man fünf Jahrzehnte
zurückblickt. 1958 brachte die Fondsgesellschaft Dit als
Produktinnovation den Aktienfonds Thesaurus heraus, der Erträge
wieder im Fonds anlegt. Der Fiskus guckte in die Röhre:
Ausschüttungen, die der Einkommensteuer hätten unterliegen können,
gab es nicht; wurden Erträge durch Anteilsrückgabe realisiert,
blieben sie als Veräußerungsgewinn ebenfalls steuerfrei (damals nach
sechs Monaten). So kam es 1960 zur "Lex Thesaurus". Das
Änderungsgesetz führte eine Zuflussfiktion ein: Erträge müssen
versteuert werden, obwohl sie dem Anleger vorerst nicht zufließen.
Nun würde mit der Abgeltungssteuer der Grund für diese Art der
Besteuerung entfallen, denn über den künftig generell
steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn erhielten die Finanzämter ja
Zugriff auf thesaurierte Erträge. Doch warum einfach, wenn es
kompliziert geht? Berlin will die Zuflussfiktion beibehalten. Damit
es dann beim Fondsverkauf nicht zur Doppelbesteuerung kommt, muss der
Veräußerungsgewinn mit früher versteuerten Erträgen verrechnet
werden. Eine gigantische neue Steuerbürokratie zulasten von
Fondssparern und Fondsgesellschaften (und von Finanzämtern) wäre die
Folge - wo doch die Abgeltungssteuer gerade zur Vereinfachung
beitragen soll!
Der Exodus der deutschen Fondsproduktion in Richtung Luxemburg
ginge weiter. Obendrein treibt man auf diese Weise Investmentsparer
in andere Anlageformen, denn im Vergleich zu
Kapitallebensversicherungen, für die keine Zuflussfiktion gilt, und
Zertifikaten, bei denen nur der Wertzuwachs der Abgeltungssteuer
unterliegt, würde die Fondsanlage klar diskriminiert.
Deshalb ein Tipp für das laufende Gesetzgebungsverfahren: Es
bleibt bei der Lex Thesaurus, aber die Regierung verzichtet darauf,
Veräußerungsgewinne nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist der
Abgeltungssteuer zu unterwerfen. Das wäre logisch und einfach, und
alle Betroffenen wären zufrieden. Oder ist das für deutsche
Finanzpolitiker zu logisch und zu einfach?
(Börsen-Zeitung, 24.4.2007)
Originaltext: Börsen-Zeitung
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