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03.03.2009:
Börsen-Zeitung: Eins nach dem anderen, Kommentar von Jürgen Schaaf zur erwarteten Leitzinssenkung der EZB
Frankfurt (ots) - Wenige Tage bevor die Europäische Zentralbank
(EZB) ihren Leitzins auf das niedrigste Niveau in der gut
zehnjährigen Geschichte der Gemeinschaftswährung senken wird,
verdichten sich die Anzeichen, dass die Währungshüter den Kauf von
Wertpapieren erwägen, um so die Geldmenge auszuweiten. Zwar kann es
durchaus sein, dass angesichts der Weltwirtschaftskrise auch die EZB
zu unorthodoxen Mitteln der Geldpolitik greifen wird - wie es in den
USA und Japan bereits gängige Praxis ist. Aber sie sollte dabei nicht
den zweiten Schritt vor dem ersten tun.
Dass die EZB morgen den Leitzins für den Euroraum um weitere 50
Basispunkte auf dann 1,5% senken wird, gilt als ausgemacht. Der
Ausblick auf Inflation und Wachstum ist inzwischen so dramatisch
schlecht, dass es ein Gebot stabilitätsorientierter Geldpolitik ist,
gegenzusteuern. Wie dies zu geschehen hat, darüber gibt es im
geldpolitischen Entscheidungsgremium der EZB aber offenbar
unterschiedliche Meinungen. Den einen kann es nicht schnell genug
gehen mit den Zinssenkungen in Richtung Nullzins, um danach
"quantitative Lockerung" zu betreiben. Die anderen haben Angst, dass
allzu niedrige Zinsen oder gar ein Zins von null den Ruf der EZB
gefährden und bereits die nächste Finanzmarktblase aufblähen.
Nicht auszuschließen, dass sich der 22-köpfige EZB-Rat daher auf
einen politischen Kompromiss einigt: die Zinsen nicht unter 1% zu
senken, aber dann bereits quantitative Lockerung zu betreiben. Das
wäre allerdings ein Fehler. Denn effektiv gibt es kaum einen
Unterschied zwischen orthodoxer Zinspolitik und der quantitativer
Lockerung. Im einen Fall wird der Zins festgelegt, und die Geldmenge
passt sich an, im anderen Fall nimmt die Notenbank direkten Einfluss
auf die angebotene Menge - und der Zins passt sich an.
Beim Nullzinsniveau kauft die Notenbank Anleihen und betreibt
direkte Staatsfinanzierung (Staatsanleihen) oder direkte
Subventionierung bestimmter Unternehmen (Corporate Bonds, Commercial
Papers). Von beidem sollte eine Notenbank wenn möglich die Finger
lassen. Wenn die Währungshüter zu dem Schluss kommen, dass sie die
Wirtschaft stärker stützen müssen, sollten sie das Zinspotenzial
vollständig ausnutzen, bevor sie sich als zentraler
Wirtschaftspolitiker des gemeinsamen Währungsraums aufspielen.
(Börsen-Zeitung, 4.3.2009)
Originaltext: Börsen-Zeitung
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