Investmentfonds.de
08.12.2009:
Franklin Templeton: Dr. Mark Mobius über die Emerging Markets
Köln, den 08.12.2009 (Investmentfonds.de) -
Asien und Lateinamerika sind wohl die interessantesten Emerging
Market-Räume der Welt. Das liegt nicht nur an ihren unterschiedlichen Kulturen,
sondern auch daran, dass ihre wirtschaftliche Entwicklung so ganz anders
verlief. Wenn wir die Performance der Märkte in beiden Regionen betrachten,
könnte der asiatische Investor fälschlicherweise annehmen, dass Asien besser
abgeschnitten hat als Lateinamerika. Das gilt jedoch nicht unbedingt für alle
Zeiträume. Erfahren Sie mehr dazu im Thema des Monats: Asien und Lateinamerika
- zwei führende Schwellenländer-Regionen.
Ferner gibt Dr. Mark Mobius, Schwellenländer-Experte bei Franklin Templeton und
Fondsmanager des Templeton Emerging Markets Fund, einen Rück- und Ausblick auf
die Entwicklung aller Emerging Markets-Regionen:
Überblick
Der MSCI Emerging Markets Index beschloss den Monat
November 2009 mit einem Plus von 4% in US-Dollar. In
vielen Schwellenländern besserte sich die Wirtschaftslage
weiter, was zu einem fortgesetzten kräftigen Zufluss von
Mitteln auf ihre Aktienmärkte führte.
In diesem Jahr haben die Schwellenmärkte bislang 72%
zugelegt. Ende des Monats kam Besorgnis auf, als die
staatliche Investmentgesellschaft Dubai World ein
sechsmonatiges Schuldenmoratorium ankündigte. Die
Gruppe, die mit einer Schuldenlast von 59 Mrd. US-Dollar
Schulden kämpfte, wird ihren Zahlungsverpflichtungen in
den nächsten sechs Monaten nicht nachkommen, während
eine Umstrukturierung durchgeführt werden soll. Diese
Hiobsbotschaft beeinträchtigte die Märkte in aller Welt, vor
allem aber in Asien und Europa, weil eine Reihe von
Banken in Schuldtiteln aus Dubai engagiert ist und
mehrere internationale Bauunternehmen Verträge über
hohe Summen mit Dubai abgeschlossen haben. Die
meisten Märkte erholten sich rasch, als feststand, dass
sich der Schaden für Unternehmen außerhalb der
Golfregion in engen Grenzen halten würde.
Wie wir zuvor bereits angemerkt haben, rechnen wir in
jedem Bullenmarkt zwischendurch mit Korrekturen. Aus
unserer Sicht können diese heilsam sein, denn sie
bedeuten für uns, dass die Bewertungen angemessener
werden und sich Kaufchancen bieten. Mit solcher Volatilität
rechnen wir in Schwellenländern und aus diesem Grund ist
ein langfristiger Anlagehorizont so wichtig. Wir sehen in
diesen Gelegenheiten eine Phase zum Festhalten an
hochwertigen Anlagen und zum Ausbau unserer
Positionen in bestimmten Aktien, die nach unserer
Überzeugung über fünf Jahre weiter mit stabilen Finanzen
und ordentlichen Erträgen aufwarten werden.
Aktuelles aus den Regionen
In China weisen die im Berichtsmonat veröffentlichten
Wirtschaftsdaten weiter auf eine Erholung hin. Die
ausländischen Direktinvestitionen (FDI) stiegen im
September im zweiten Monat in Folge an, nachdem sie
von Oktober 2008 bis Juli 2009 zurückgegangen waren. Im
Oktober legten die FDI im Jahresvergleich um 19% auf
7,9 Mrd. US-Dollar zu. Insgesamt sind damit im laufenden
Jahr bis Oktober 63,7 Mrd. US-Dollar geflossen.
Der Exportrückgang war im Oktober mit einem Minus von
14% gegenüber dem Vorjahr erneut schwächer als im
September mit 15% und im Mai 2009 mit 26%. Auch die
Steigerung der Wertschöpfung nahm weiter zu. Der Output
wuchs im Oktober im Jahresvergleich um 16% gegenüber
14% im September und damit so kräftig wie in diesem Jahr
bisher noch nicht. Der Zuwachs war in erster Linie auf
Infrastrukturinvestitionen infolge der staatlichen
Anreizmaßnahmen zurückzuführen. US-Präsident Obama
besuchte China im November und traf sich mit
Premierminister Wen Jiabao und Präsident Hu Jintao. Beide
Länder vereinbarten eine Fortsetzung des Dialogs sowie
Zusammenarbeit bei vielen Themen einschließlich
Wirtschaftsaufschwung, Terrorismusbekämpfung und
Klimawandel.
In Südkorea verbesserte sich die Handelsbilanz im Oktober
erneut. Der Exportrückgang ließ im Oktober auf 8%
gegenüber dem Vorjahr nach, nachdem er in diesem Jahr
schon zweistellige Werte verzeichnet hatte. Der
Aufwärtstrend bei den Exporten im Jahresverlauf war der
Abwertung der Währung zuzuschreiben, die die
Wettbewerbsfähigkeit koreanischer Exporte steigerte, aber
auch zunehmendem globalem Handel. Die Unterzeichnung
eines Freihandelsabkommens mit der Europäischen Union
Anfang 2010 könnte das Exportwachstum zusätzlich fördern.
Auch die Importe wiesen im Berichtsmonat den geringsten
Schwund aus. Der Außenhandelsüberschuss kletterte auf
3,8 Mrd. US-Dollar – fast auf das Vierfache der ein Jahr zuvor
erzielten 1 Mrd. US-Dollar. Die Industrieproduktion nahm –
vor allem aufgrund der Erholung der Auslandsnachfrage –
ebenfalls kräftiger zu. Die Steigerung erhöhte sich im
Jahresvergleich von 1% im August auf 11% im September.
Ein Anstieg der Umsätze gegenüber dem Vorjahr von 9% im
September und von 4% in den ersten neun Monaten 2009
belegte eine anhaltende Erholung des brasilianischen
Einzelhandelssektors. Im August hatte das Wachstum im
Jahresvergleich noch 5% betragen. Wichtigster
Wachstumstreiber war zwar die Autoindustrie, doch Sektoren
wie Bekleidung, Bürobedarf und Verlagswesen verzeichneten
ebenfalls Umsatzsteigerungen. Der Industriesektor tendierte
weiter aufwärts.
Der Output legte im September – dem neunten
Wachstumsmonat in Folge – gegenüber dem Vormonat um
1% zu. Im Jahresvergleich war die Industrieproduktion
zwar um 8% geringer, lag damit jedoch weit über dem im
April 2009 verzeichneten Minus von 15%. Die Exporte
verbuchten im Oktober dagegen mit einer Verringerung
von 23% auf 14,1 Mrd. US-Dollar im Jahresvergleich den
geringsten jährlichen Rückgang seit vier Monaten. Die
Importe schrumpften mit 26% gegenüber dem Vorjahr so
schwach wie zuletzt im März 2009. Mit einem
Handelsüberschuss von 1,3 Mrd. US-Dollar gab es im
Berichtsmonat keine Veränderung zum Vorjahr.
Mexikos BIP ging im 3. Quartal 2009 im Jahresvergleich
um 6% zurück. In den beiden Vorquartalen waren es 9%
gewesen – ein Indiz dafür, dass das Schlimmste
überstanden sein könnte. Wachstum im Bergbau sowie
nachlassende Kontraktion in Sektoren wie
Dienstleistungen, Handelsaktivitäten und Produktion
stützten die Wirtschaft. Der Haushalt für 2010 wurde im
November vom Kongress endgültig gebilligt und enthielt
eine Erhöhung der geltenden Mehrwertsteuer um 1% auf
16%, eine Erhöhung der Einkommensteuer für
Besserverdiener und Unternehmen auf 30% für 2010/2012
sowie höhere Abgaben auf Bier und Tabak. Eine 2%ige
Verbrauchssteuer wurde jedoch abgelehnt und die 4%ige
Steuer auf Telekommunikationsdienstleistungen auf 3%
gesenkt. Auch werden die Ausgaben des Staates in
Bereichen wie Infrastruktur, Landwirtschaft und Bildung
erhöht, seine Betriebskosten durch Personaleinschnitte
und das Einfrieren von Gehältern indessen gesenkt.
Die südafrikanische Wirtschaft verzeichnete im 3. Quartal
2009 wieder Wachstum. Das BIP legte im Jahresvergleich
um 1% zu. Im 2. Quartal war es gegenüber dem Vorjahr
um 3% gefallen. Zu den Sektoren, die die wichtigsten
Wachstumsbeiträge leisteten, zählten Produktion,
öffentlicher Dienst und Bau. Der Inflationsdruck ließ weiter
nach. Die Verbraucherpreise erreichten im September mit
6% im Jahresvergleich ein Zweijahrestief. Das entsprach
dem oberen Zielwert der Zentralbank von 6%. Das
Leistungsbilanzdefizit des Landes soll 2009 auf 5% des
BIP zurückgehen, da die Importe infolge der
Konjunkturschwäche schneller sinken als die Exporte.
Die russische Zentralbank behielt im November eine
expansive Währungspolitik bei, um die Kreditvergabe
anzukurbeln. Sie senkte ihren maßgeblichen
Refinanzierungssatz um 50 Basispunkte (0,5%) auf 9%.
Damit ist er seit April 2009 insgesamt um 4% herabgesetzt
worden. Um die Beziehungen zu Sri Lanka zu intensivieren,
reiste Außenminister Sergej Lawrow Ende Oktober dorthin.
Es wurden nicht nur Themen wie Terrorismus, internationale
Angelegenheiten und wirtschaftliche Zusammenarbeit
angesprochen, sondern auch mehrere bilaterale Abkommen
über Bereiche wie Bildung, Kultur und Tourismus
unterzeichnet. Russland und Zypern schlossen ein
Doppelbesteuerungsabkommen und vereinbarten die
Verbesserung der Transparenz der wechselseitigen
Wirtschaftsbeziehungen.
Die türkische Zentralbank setzte ihren expansiven
währungspolitischen Kurs im November fort, um den
Aufschwung im Land voranzutreiben. Sie senkte ihren
Leitzins um 25 Basispunkte (0,25%) auf 6,5%. Dieser Schritt
fiel kleiner aus als die Senkung um 0,5% in den letzten sechs
Monaten in Folge. Die Inflation ging weiter zurück. Die
Verbraucherpreise hielten sich deutlich unter dem
Jahresendziel der Bank. Zur Förderung der bilateralen
Bindungen vereinbarten die Türkei und Jordanien ein
Freihandelsabkommen, das zuvor hinausgezögert worden
war, noch vor Jahresende zu unterzeichnen.
Thema des Monats: Zwei führende Schwellenländerregionen
Asien und Lateinamerika sind wohl die interessantesten
Emerging Market-Räume der Welt. Das liegt nicht nur an
ihren unterschiedlichen Kulturen, sondern auch daran, dass
ihre wirtschaftliche Entwicklung so ganz anders verlief. Wenn
wir die Performance der Märkte in beiden Regionen
betrachten, könnte der asiatische Investor fälschlicherweise
annehmen, dass Asien besser abgeschnitten hat als
Lateinamerika. Das gilt jedoch nicht unbedingt für alle
Zeiträume. So lag der MSCI AC Asia ex Japan Index bis
November dieses Jahres in US-Dollar mit 65% im Plus,
während der MSCI Latin America Index 100% zugelegt hatte.
2008 hatten sich beide Regionen ungefähr gleich entwickelt.
Asien lag mit 52% Verlust knapp hinter Lateinamerika mit
51%. Auch 2007 konnte Lateinamerika Asien schlagen.
Während Asien 41% gewann, waren es in Lateinamerika
51%. 2006 verbuchte Lateinamerika mit 44% gegenüber 34%
in Asien wiederum den höheren Gewinn. Natürlich hat es
auch Zeiträume gegeben, in denen Asien Lateinamerika
überrundete, doch die jüngere Geschichte zeigt, dass
Lateinamerika in den Performance-Rankings vorne lag.
Eine Betrachtung der demografischen, geografischen und
wirtschaftlichen Merkmale der beiden Regionen ergibt
maßgebliche Unterschiede, aber auch Ähnlichkeiten.
Nehmen wir die Bevölkerung: In Asien leben 3.600
Millionen Menschen, in Lateinamerika nur 550 Millionen.
Das Bevölkerungswachstum war in Asien etwas geringer
als in Lateinamerika. Von 2003 bis 2008 nahm die
lateinamerikanische Bevölkerung um 1,3% zu, die
asiatische um 1,2%. Ein großer Vorteil der
Lateinamerikaner ist, dass ihnen mehr Land zur Verfügung
steht. Während die Landmasse Asiens 25 Millionen
Quadratkilometer bedeckt, die 3.600 Millionen Menschen
fassen, erstreckt sich Lateinamerika über 20 Millionen
Quadratkilometer bei 550 Millionen Einwohnern – ein
deutlicher Unterschied.
In Bezug auf die Wirtschaft war das Wachstum in Asien
höher als in Lateinamerika. Das durchschnittliche jährliche
Wirtschaftswachstum von 2003 bis 2008 betrug in Asien
8%, in Lateinamerika 5%. Für dieses Jahr rechnen wir in
Asien mit flachem Wachstum, während die
lateinamerikanischen Volkswirtschaften im Schnitt um
2,5% schrumpfen dürften.
Dennoch ist das Gesamt-BIP trotz des niedrigeren
Wachstums in Lateinamerika auf Pro-Kopf-Basis höher als
in Asien. 2008 belief sich Asiens BIP insgesamt auf
9.180 Mrd. US-Dollar. Das Pro-Kopf-Einkommen lag
demnach bei 2.600 US-Dollar. In Lateinamerika war das
BIP mit 4.170 Mrd. US-Dollar geringer, doch durch die
niedrigere Bevölkerungszahl belief sich das Pro-Kopf-
Einkommen auf 7.580 US-Dollar – und damit erheblich
mehr als in Asien.
Bei den Devisenreserven ist Asien, dessen Bestände
mittlerweile 3.500 Mrd. US-Dollar überschreiten, definitiv
überlegen. Die Gesamtreserven Lateinamerikas belaufen sich
dagegen nur auf 500 Mrd. US-Dollar. Obwohl Asiens Exporte
und Importe 2008 7.300 Mrd. US-Dollar ausmachten –
gegenüber 1.700 Mrd. US-Dollar in Lateinamerika – war der
Handelszuwachs in beiden Regionen in den letzten fünf
Jahren mit durchschnittlich 19% Wachstum im Jahr im Schnitt
ungefähr gleich hoch.
Ein Blick auf die Aktienmärkte beider Regionen verrät, dass
die Marktkapitalisierung der asiatischen Aktienmärkte
mittlerweile 9.510 Mrd. US-Dollar erreicht hat, während sie in
Lateinamerika 1.814 Mrd. US-Dollar betrug. Auch gibt es in
Asien mit rund 15.200 Börsenzulassungen gegenüber 1.300
in Lateinamerika weit mehr börsennotierte Unternehmen.
Trotz der im Vergleich zu Asien geringeren Größe entdecken
wir auf den lateinamerikanischen Aktienmärkten nach wie vor
ansprechenden Wert. Derzeit liegt das Kurs-Gewinn-
Verhältnis in beiden Regionen im Schnitt bei 14, während das
Kurs-Buch-Verhältnis mit rund 2 ebenfalls ähnlich ausfällt
Unterschiede gibt es allerdings bei der Dividendenrendite, die
in Asien 2%, in Lateinamerika 3% beträgt. Die großen Märkte
Asiens sind China und Indien, deren Schwerpunkt au
Industriegütern und Dienstleistungen liegt, während in
Lateinamerika Brasilien als maßgeblicher Rohstoffexporteur
den Ton angibt. Dennoch erkennen wir in beiden Regionen in
fast allen Sektoren Chancen, da es in Lateinamerika und
Asien eine Reihe reizvoller Produktions-, Konsum- und
Bankwerte gibt.
Insofern stellt sich die Zukunft beider Wirtschaftsräume positiv
und für Investoren äußerst vielversprechend dar, weshalb
sich diese in beiden Regionen engagieren sollten. Auf diese
Weise können sie von den Entwicklungen in Lateinamerika
und Asien profitieren.
Dr. Mark Mobius, Executive Chairman,
Templeton Asset Management Ltd.
Quelle: Investmentfonds.de
|