Investmentfonds.de
28.06.2010:
Barings Investment-Update: Osteuropa und die Schuldenkrise
Köln, den 28.06.2010 (Investmentfonds.de) -
--- Anzeige ---
--- Ende Anzeige ---
In den vergangenen Monaten hat sich die Schuldenkrise in den
Peripherieländern der Eurozone vom Banken /Unternehmenssektor
auf die Staatshaushalte ausgeweitet. Das Zusammenspiel aus
festen Wechselkursen, ausufernder Bürokratie, Überschuldung im
öffentlichen und privaten Sektor sowie externen Störfaktoren
hatte für Griechenland und andere Länder der Eurozonen-Peripherie
einen deutlichen Anstieg der Finanzierungskosten zur Folge. Das
750 Milliarden Euro schwere und damit bis dato größte Rettungspaket
der EU konnte zwar zur Stabilisierung der Märkte beitragen, doch
sind weiterhin drastische Einsparungen und deutlich höhere Steuer-
einnahmen vonnöten, um einen Finanzkollaps auch in Zukunft abzuwenden.
Derartige Maßnahmen werden den privaten Verbrauch in diesen Märkten
über viele Jahre hinweg belasten. Während der letzten Monate konnten
sich die Finanzmärkte ein Bild von den Risiken dieser Länder Europas
machen und beobachten die neuen EU-Mitgliedstaaten und die Beitritts-
kandidaten nun mit Argusaugen.
Staatsschulden - Europäische Schwellenländer und EU-Peripherieländer
Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Staatsverschuldung in den
europäischen Schwellenländern weitaus weniger Sorge bereitet als in
den Ländern der Eurozonen-Peripherie. Die meisten dieser Länder
erfüllen das Maastricht-Kriterium einer Staatsverschuldung von maximal
60% des BIP ohne Probleme. In einigen Fällen wie Polen wird ver-
schwenderischen Politikern schon durch die Verfassung Einhalt geboten.
Die schlechtesten Fundamentaldaten zum Schuldenstand finden sich in
Ungarn, doch selbst hier sind die Parallelen zu Deutschland größer
als zu Griechenland. Nicht nur die wesentlich nachhaltigere Staats-
finanzierung, auch einige andere weniger bekannte Faktoren sprechen
für die europäischen Schwellenländer. So ist zum Beispiel die
Finanzierung des Rentensystems in Polen vollständig gedeckt.
Gleichzeitig lauern in anderen Teilen Europas außerbilanzielle
Verpflichtungen aus unterdeckten Rentensystemen mit Umlageverfahren.
Darüber hinaus können zahlreiche europäische Schwellenländer mit
einem starken und liquiden Banken- und Versicherungssystem aufwarten
und bei der (Re-)Finanzierung von Staatsschulden auf den inländischen
Markt zurückgreifen. Diese Fähigkeit, die Finanzierung ohne
Beteiligung der nervösen internationalen Kapitalmärkte zu sichern,
hat sich in den vergangenen Quartalen als entscheidender Vorteil
erwiesen.
Die Reaktion der Anleihemärkte
Die Ereignisse dieses Jahres haben das Risikobewusstsein der
Anleihemärkte spürbar geschärft. Am Markt für Staatsanleihen wurde
in der Vergangenheit stets der Türkei und Russland die größte
Risikoaversion entgegengebracht. Inzwischen genießen diese beiden
Länder in Staatsanleiheportfolios fast schon Gold-Status. Die
Kombination aus einer glaubwürdigen Fiskalpolitik, einem gesunden
Bankensystem, hoher Liquidität und geringer Staatsverschuldung hat
dazu geführt, dass türkische und russische Eurobond deutlich
niedriger rentieren als griechische oder portugiesische Papiere.
Exporte und Binnenwirtschaft
Das Geheimnis für den wirtschaftlichen Erfolg Mitteleuropas während
des vergangenen Jahrzehnts liegt in der Implementierung einen
konkurrenzfähigen Exportmodells in enger Zusammenarbeit mit multi-
nationalen Unternehmen. Eine schlanke Wirtschaft und flexible
Arbeitsmarktbedingungen sorgten für überdurchschnittliches Wirt-
schaftswachstum und eine Exportquote von 60% des BIP und mehr.
Flexible Wechselkurse (wie in den meisten europäischen Schwellenländern)
können in einer Wirtschaftskrise als automatischer Stabilisierungsfaktor
dienen, da so die Leistungsbilanz durch eine Abwertung der Währung
wieder ins Gleichgewicht gebracht werden kann. Für die Mitglieder der
Eurozone fällt diese Option weg. Zudem bergen Länder wie die Türkei
und Polen, bei denen der Anteil der Binnenwirtschaft vergleichsweise
hoch ist, strukturelles Wachstumspotenzial in verbrauchernahen Sektoren
und bei der Infrastruktur. Genau diesem Potenzial ist es zu verdanken,
dass Polen 2009 als einziges europäisches Land kein negatives Wirt-
schaftswachstum verzeichnete.
Bankensystem und EU-Hilfen
Ein entscheidender Vorteil der europäischen Schwellenländer besteht darin,
dass in den meisten dieser Länder keine Sanierung der Bilanzen im Banken-
sektor nötig ist, sondern sich die Banken vielmehr in der Lage sehen, dank
hoher Kapitalisierungsquoten und hoher Liquidität ihre Kreditbücher weiter
auszubauen. Zuzuschreiben ist dies der stringenteren Bankenaufsicht als in
weiten Teilen Europas. Nur mit einem funktionierenden Bankensystem können
EU-Entwicklungsgelder, die in den kommenden drei Jahren in Infrastruktur-
projekte in verschiedenen Regionen fließen, optimal eingesetzt werden.
Diese Gelder stammen direkt aus dem EU-Haushalt und tragen jährlich
zwischen 2% und 4% zum BIP-Wachstum bei, sofern sie vom privaten Sektor
erfolgreich eingesetzt und vom lokalen Bankensektor kofinanziert werden.
Risiken
Natürlich sehen sich Anleger in europäischen Schwellenländern regionen-
spezifischen Risiken gegenüber. Der vergleichsweise hohe Anteil der
Fremdwährungsschulden einiger Länder (allen voran Ungarn) gibt Anlass
zur Sorge. Dieses Risiko ist unbestritten, doch gilt es zu bedenken,
dass der Fremdwährungsanteil der Staatsschulden rückläufig ist und auch
nach Jahren steigender Tendenz kein strukturelles Schuldenproblem für
die Wirtschaft darstellt, da die Verschuldung absolut betrachtet
vergleichsweise gering ist. In anderen Worten: Das Konsumwachstum in
Ungarn könnte zwar gedämpft werden, doch rechnen wir weiter damit,
dass die meisten Haushalte ihre Schulden bedienen können.
--- Anzeige ---
--- Ende Anzeige ---
Fazit
Unseres Erachtens sprechen die oben dargelegten Entwicklungen für
deutlich bessere Wachstumsaussichten in den europäischen Schwellenländern
(und Russland) als in den höher entwickelten Ländern Europas. Als Motor
fungieren hierbei der private Verbrauch und das Investitionswachstum. Der
Kreditmultiplikator und die Ausweitung der Kreditbücher werden das Wirt-
schaftswachstum stärken, während stabile Haushaltsbilanzen dafür sorgen
dürften, dass die Kreditkosten unter Kontrolle bleiben. Am Markt für
Staatsanleihen wurden diese Prognosen rasch eingepreist, doch die Aktien-
märkte europäischer Schwellenländer sind noch immer niedriger bewertet
als Märkte internationaler Schwellenländer und der höher entwickelten
europäischen Länder. Hier bietet sich langfristig orientierten Anlegern
unserer Ansicht nach eine attraktive Anlagechance.
Osteuropäische Barings Fonds
Baring Eastern Europe Fund (ISIN IE0004852103)
Baring Russia Fund (ISIN LU0073418229)
--- Anzeige ---
--- Ende Anzeige ---
Quelle: Investmentfonds.de
|