Investmentfonds.de
05.07.2010:
Franklin Templeton: Globale Unternehmen erholen sich weiter
Köln, den 05.07.2010 (Investmentfonds.de) -
Eine gute Nachricht für die westliche Welt: die globalen Ausfallquoten
von Unternehmen gingen 2010 drastisch zurück, was für bessere Wirtschafts-
und Kreditbedingungen spricht. Laut Moody’s sind die globalen Ausfallquoten
von ihrem Höchststand im November 2009 bis Mai 2010 um 44% zurückgegangen.
Dr. Michael Hasenstab, Fondsmanager des Templeton Global Bond Fund, und
seine Kollegen des Global Fixed Income Teams geben in ihrer aktuellen Markt-
einschätzung einen informativen Rück- und Ausblick auf die internationalen
Rentenmärkte:
Seit Einsetzen der Rezession haben sich die USA vor
allem auf diverse Anreize verlassen, um die Wirtschaft
in Schwung zu bringen – vom Abwrackprogramm „Cash
for Clunkers“ bis zu Steuererleichterungen für neue
Eigenheimkäufer. Präsident Obama unterzeichnete
Anfang 2009 ein Gesetz, das Ausgaben von 787 Mrd.
US-Dollar für Anreize vorsah, von Sozialhilfe über
Bildungs- und Beschäftigungsprogramme bis hin zur
Verbesserung von Sicherheit und Infrastruktur. Anreizpakete
sowie die Rettung großer Teile der Auto-, Banken- und
Versicherungsindustrie waren zweifellos maßgebliche
Faktoren zur Stabilisierung der amerikanischen Wirtschaft.
Doch ungeachtet des Für und Wider von Sparmaßnahmen
im Gegensatz zu weiteren Anreizen ist es womöglich
an der Zeit, über staatliche organisierte Szenarien für
einen Aufschwung hinauszublicken. Mit oder ohne
weitere staatliche Eingriffe scheint es der US-Wirtschaft
unserer Ansicht nach gut zu gehen. Zwar ist die Arbeits-
marktstatistik in den USA in letzter Zeit enttäuschend
ausgefallen, doch eine Fülle anderer Daten deutet auf
eine Fortsetzung der Erholung hin. Die Konjunkturprognosen
weisen für 2010 verstärkt solides Wachstum
des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 3% oder mehr aus.
Insbesondere die amerikanischen Unternehmen scheinen
im Verhältnis gut in Form. Die Indizes des Institute for
Supply Management für Dienstleistungs- und Produktionssektor
steigen beide wieder an. Auch die Unternehmensrentabilität
hat zugenommen, wie die Daten fürs
1. Quartal 2010 belegten. Die Ertragsaussichten stellen
sich ebenfalls günstig dar. Für die Haushalte hat die
Beendigung des Aufkaufs hypothekenunterlegter
Wertpapiere durch die US-Notenbank Federal Reserve
(Fed) vom März keinen größeren Ausschlag bei den
Hypothekenzinsen ausgelöst. Die Weltwirtschaft tendiert
weiter aufwärts. Die Organisation für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bestätigt, dass
sich der Konjunkturaufschwung in den reichsten Ländern
der Welt dank einer „spürbaren“ Erholung von Handel
und Wachstum in Asien beschleunigt.
Gut möglich, dass viele staatliche Programme zur
Konsumförderung schlicht zu vorgezogener Nachfrage
geführt haben, während sich über die längerfristigen
Vorteile anhaltender Interventionen in die Wirtschaft
streiten lässt. Trotz der für Anreize aufgewendeten
Beträge gingen die US-Einzelhandelsumsätze im Mai
gegenüber dem Vormonat zurück und der Häusermarkt
zitterte nach dem Auslaufen der Zuschüsse für Erstkäufer
von Eigenheimen im Mai. Nach Angaben des Verbands
der Hypothekenbanken sind die Hypothekenanträge
in den USA in den ersten beiden Maiwochen (nach Ablauf
des Zuschussprogramms) um 34% zurückgegangen.
Die Baubeginne sind ebenfalls rückläufig und einer
nachhaltigen Erholung der Häuserpreise steht weiterhin
ein großer Bestandsüberhang entgegen.
Währenddessen fällt auf, dass das vom Arbeitsministerium für Mai
verzeichnete Beschäftigungswachstum auf befristete Einstellungen
zurückzuführen ist, die erfolgten, um die landesweite Volkszählung
durchzuführen (411.000 von insgesamt 431.000 neu entstandenen
Stellen). Im privaten Sektor wurden im selben Monat kaum neue
Arbeitsplätze geschaffen und die Zahl der Langzeitarbeitslosen
in den USA (die 27 Wochen oder länger ohne Arbeit waren) blieb
auf dem höchsten Stand aller Zeiten.
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Während die Krise, die etliche europäische Länder heimsuchte,
die Aufmerksamkeit auf die Folgen unkontrollierter Haushaltsdefizite
gelenkt hat, denkt der US-Kongress dennoch über weitere
Anreizmaßnahmen und ein mehrere Milliarden US-Dollar schweres
Rettungspaket für Jobs im öffentlichen Dienst nach. Wir können nicht
erkennen, wie eine fiskalpolitisch belastete Regierung wie die der USA
weiterhin die Zahl befristeter staatlicher Stellen steigern oder gar zur
langfristigen Erhöhung von Einkommen und Beschäftigung beitragen
soll, was wir für die sichersten Treiber eines nachhaltigen
Aufschwungs in den USA halten. Schlimmer noch, durch wiederholte
staatliche Eingriffe könnte es zu einem „Verdrängungseffekt“
kommen, bei dem für staatliche Ausgaben finanzielle und andere
Ressourcen herangezogen werden, die sonst privatwirtschaftlichen
Unternehmen zur Verfügung stünden.
Auch in internationalen Foren haben US-Vertreter die Bedeutung
staatlicher Maßnahmen zur Ankurbelung des Wachstums betont.
Auf der jüngsten G20-Konferenz in Südkorea beharrten US-Teilnehmer
darauf, dass angesichts einer Tendenz zu höheren Sparquoten der
US-Haushalte in Ländern mit Handelsüberschüssen wie Japan, China
oder Deutschland eine Politik zur Stützung der Binnennachfrage
angezeigt sei. Sie vertraten den Standpunkt, dass die von den Europäern
propagierte schärfere Fiskalpolitik Wachstum bremsen und einen noch
anfälligen globalen Aufschwung gefährden werde.
Gleichzeitig werden aber auch in den USA gewisse Anstrengungen
für mehr Haushaltsdisziplin unternommen, darunter Vorschläge zum
Einfrieren der meisten nicht sicherheitsrelevanten frei verfügbaren
Ausgaben und zur Schließung von Steuerschlupflöchern für Unternehmen
und Besserverdienende. Viele Beobachter meinen, dass die Risiken
einer strengeren Haushaltspolitik für den Aufschwung durch die
Chancen zur weiteren Beibehaltung einer lockereren Währungspolitik
aufgewogen werden könnten, wie sie die Fed durch eine solche
Disziplin hätte. Dasselbe gilt für Europa.
Zur Verteidigung des westlichen Kapitalismus
Seit Ausbruch der Finanzkrise wurden in manchen Quartalen
unschmeichelhafte Vergleiche zwischen den Finanzproblemen in den USA
(die als Auslöser der Krise gelten) und den derzeit vom autokratischen
China verzeichneten astronomischen Wachstumsraten gezogen.
Der scheinbare Erfolg des „Staatskapitalismus“, wie er in unterschiedlichem
Maße von Ländern wie China praktiziert wird, wird als
praktikable Alternative zu dem Kapitalismus betrachtet, der
den Volkswirtschaften in den USA und Europa zugrunde liegt und davon
ausgeht, dass der private Sektor und nicht der Staat primärer
Wachstumsmotor sein sollte. Die Finanzkrise – und verschiedene der
anschließenden Anreize und Erholungshilfen – stellten diese Annahmen
auf eine harte Probe. Von manchen Ländern wie Südkorea, der Türkei
und Brasilien lässt sich mehr oder minder sagen, dass sie einen Fuß
im Lager des Staatskapitalismus haben und den anderen auf
den freien Märkten. Den Verfechtern des Kapitalismus westlicher
Ausprägung fällt es offenbar schwer, die Schwellenländer von
den Vorzügen ungezügelter Märkte zu überzeugen – vor allem nach
dem Finanzdebakel der letzten beiden Jahre.
Doch obwohl staatliche Einmischung in westlichen Ländern
zugenommen hat und Fragen zu ihrem Wirtschaftsmodell laut wurden,
ist interessanterweise festzustellen, dass Regierungen in allen
erwähnten Ländern und auch in Indien Populismus offenbar vermieden,
ihre Haushaltsdefizite (im Gegensatz zu westlichen Ländern) drastisch
reduziert und mit der Privatisierung wichtiger Branchen zumindest
eine gewisse Liberalisierung ihrer Wirtschaft zugelassen haben.
Die Türkei beispielsweise hat nach ihrer eigenen Bankenkrise 2001
einen vom Internationalen Währungsfonds abgesegneten Plan umgesetzt.
Teil dieses Plans ist der Verkauf von Staatsvermögen – zuletzt
die Stromdistribution des Landes. Trotz wachsender politischer Spannungen
auf der koreanischen Halbinsel sind auch die wirtschaftlichen
Fundamentaldaten in Südkorea stark geblieben. Das reale BIP-Wachstum
stieg im 1. Quartal 2010 im Jahresvergleich auf 7,8% an. Wie die Türkei
hat Korea ganze Sektoren seiner Wirtschaft privatisiert und liberalisiert.
Ebenso hat Indien Produktionszuwächse mit wesentlichen Reformen
im Dienstleistungssektor kombiniert. Selbst das kommunistische
Vietnam signalisierte zu Jahresbeginn seine Bereitschaft zur Wiederaufnahme
eines umfangreichen Privatisierungsprogramms. Die meisten
dieser Länder genießen außerdem eine „demografische Dividende“
(d. h. große und wachsende Erwerbsbevölkerungen bei geringen
Altenquotienten), die, gekoppelt mit kräftigem Wirtschaftswachstum,
für eine reibungslosere Einführung von Reformen sorgen könnten
als in vielen langsamer wachsenden Volkswirtschaften mit älterer
Bevölkerung. Doch damit Reformen stattfinden können, ist politischer
Wille zur Zusammenarbeit auf globaler Ebene erforderlich. Genau
diese Integration ist es, die den aufstrebenden Mächten der Welt –
und ebenso den Industrieländern – die besten Aussichten für künftigen
Wohlstand verspricht.
Während die europäischen Länder also begonnen haben, die Zeche für
ihren lockeren Lebenswandel zu zahlen, erlebten Länder wie Brasilien,
Indonesien, die Türkei und Peru allesamt eine Hochstufung ihrer Bonität.
Die Wechselkurse wurden von vielen Schwellenländer-regierungen,
allen voran der chinesischen, dennoch weiterhin scharf kontrolliert.
Die wackeligen Finanzmärkte im Kontext
Eine gute Nachricht für die westliche Welt sind Anzeichen für eine weitere
Erholung der Unternehmensgesundheit. Die globalen Ausfallquoten
von Unternehmen gingen 2010 drastisch zurück, was für bessere
Wirtschafts- und Kreditbedingungen spricht. Die Kredit-Rating-
Agentur Moody’s gab an, dass die globale Ausfallquote von ihrem
Höchststand im November 2009 bis Mai 2010 um 44% zurückgegangen
war. Auch ein Anfang Juni veröffentlichter Bericht der Fed stellte fest,
dass die Aktivität in allen zwölf Wirtschaftsregionen der USA erstmals
seit Ende 2007 – wenn auch moderat – zunahm.
Nichtsdestoweniger zeigt der Bullenmarkt für globale Aktien,
der im März 2009 eingesetzt hatte, Schwäche. Die Performance der
Finanzmärkte unterlag der Ungewissheit bezüglich der Effekte
von Bankreformen und vor allem der Angst vor den Auswirkungen
der Staatsschuldenkrise in Teilen Europas. Die Fed rechnet noch
einige Zeit lang mit hohen Arbeitslosenquoten in den USA. Gleiches
gilt für Europa. Währenddessen gaben die US-Einzelhandelsumsätze
im Mai erstmals seit September 2009 nach. Um genau zu sein, haben
jüngste auf den Finanzmärkten geäußerte Zweifel bei den Frühindikatoren
einen spürbaren Rückgang ausgelöst, der auf eine mögliche
Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in den kommenden Monaten
hindeutet. Darüber hinaus klettert der Dreimonats-LIBOR seit Wochen
und lag Mitte Juni doppelt so hoch wie zu Jahresbeginn. Das zeigt,
dass sich die Banken gegenseitig ungern Geld leihen. Ferner sind
die Rentenmärkte, über die sich die Banken in der Regel längerfristig
finanzieren, für europäische Institute weitgehend verschlossen.
Wie Fed-Chef Ben Bernanke anmerkte, gibt es allerdings eine Reihe
„ausgleichender Faktoren“ wie den Rückgang der Zinsen auf USSchatzpapiere
und Hypotheken sowie gefallene Rohstoffpreise.
Das ungewisse Umfeld der letzten Wochen und der zeitgleiche Rückgang
der US-Schatzpapierrenditen hat hochwertigen Emittenten mit guten
Aussichten beste Bedingungen geboten. Durch die Entwicklung der Fremdkapitalkosten
für Industrieunternehmen in den USA zahlen bestimmte
Gruppen für langfristige Verbindlichkeiten so niedrige Zinsen wie noch
nie. Es stimmt zwar, dass sich die unsicheren Rahmen-bedingungen
der letzten Wochen für Anleihen ohne Anlagequalität und für Schwellen-
länderschuldtitel als schwierig erwiesen haben, doch für Schnäppchenjäger,
die in den Startlöchern stehen und zugreifen, sobald die Kurse
reizvoller werden, könnten sie günstige Gelegenheiten bieten.
Die europäische Schuldenkrise erscheint für den Moment einigermaßen
unter Kontrolle, was der (Wieder-) Einführung von Notfallmaßnahmen
durch die Zentralbanken zu verdanken ist. Die Staatsschuldenkrise
hat offenbar noch nicht auf die Konjunkturerholung in Europa
durchgeschlagen, wie der Anstieg der Industrieproduktion über elf Monate
in Folge bis Ende April anzeigte. Dafür sprechen auch der LIBOR, der zwar
gestiegen, jedoch noch mit sicherem Abstand von seinem Ende 2008
verzeichneten Hoch entfernt ist, sowie das Engagement der Europäischen
Zentralbank (EZB) und anderer Notenbanken zur Bereitstellung
unbegrenzter Liquidität für den Sektor. Dabei muss kaum betont werden,
dass die steigenden Finanzierungskosten für Banken aufmerksam
beobachtet werden. Jedes beständige Anzeichen dafür, dass das Vertrauen
in die europäischen Banken unterhöhlt wird, hätte zweifellos heftige
Konsequenzen für die Kreditmärkte auf beiden Seiten des Atlantiks.
Die weiteren Aussichten für Europa
Im Moment wächst die Wirtschaft in der Eurozone weiter. Tatsächlich
hob die EZB ihre vorsichtige Wachstumsprognose fürs laufende Jahr
auf einen Wechselpunkt von 1% (von vordem prognostizierten 0,8%)
an, was dem globalen Aufschwung zuzuschreiben ist. Manche Länder
stehen besser da als andere. Unterstützt von einem fallenden Euro,
hat vor allem Deutschlands starke Exportwirtschaft vom Aufschwung
in der übrigen Welt profitiert, während Länder, die nicht so viel
zu bieten haben – allen voran Griechenland – weiter schwächeln. Es gibt
jedoch selbst für bestimmte Länder, die wegen ihrer haushaltspolitischen
Probleme Schlagzeilen machen, Hinweise auf eine nachvollziehbare
Erholung. Im späten Frühjahr wiesen Unternehmensumfragen aus Spanien,
Irland und Portugal auf steigende Inlandsausgaben sowie stärkere
Exporttätigkeit hin. Eine nachhaltige Verbesserung der Wachstumswerte
würde all diesen Ländern helfen, die fiskalpolitischen Ziele zu erreichen,
die sie zur Beruhigung der Finanzmärkte setzen mussten.
Während die Lage also recht rosig wirkt (zumindest, was die Wirtschaft
betrifft), sind die Finanzmärkte weiterhin stark angespannt und es besteht
die Gefahr einer „negativen Feedbackschleife“ zwischen dem europäischen
Bankensystem und der Realwirtschaft. Der Druck auf die europäischen
Behörden steigt, dem amerikanischen Beispiel zu folgen und die Ergebnisse
umfassender Stresstests des Bankensektors zu veröffentlichen, auch wenn
Beobachter befürchten, dass der Rekapitalisierungsbedarf der Banken
für die europäischen Volkswirtschaften eine enorme Belastung
darstellen könnte. Die mangelnde Transparenz nicht börsennotierter
Banken in Europa hat in Spanien bereits zur Übernahme eines solchen
Institutes, der CajaSur, durch die spanische Zentralbank geführt.
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Ebenfalls in Spanien räumte Francisco Gonzalez, Chef der BBVA und damit
der zweitgrößten Bank des Landes, ein, dass „die internationalen
Kapitalmärkte für die Mehrheit der Unternehmen und der spanischen
Finanzinstitute unzugänglich sind“. Infolgedessen mussten sich
spanische Banken Rekordbeträge aus den relativ kurzfristigen
Notfallfonds der EZB leihen.
Nach Griechenland – dessen Bonität von Moody’s auf Ramschstatus
herabgesetzt wurde – steht mittlerweile Spanien im Mittelpunkt
der Finanzmarktängste. Der Vertrauensverlust in die Banken des Landes
manifestiert sich darin, dass die Spreads spanischer Staatsanleihen
über deutsche Bundesanleihen im Juni Rekordhöhe erreichten. Doch nicht
nur spanische Banken haben Finanzierungssorgen. Der Dreimonats-
Dollar-LIBOR (der Satz, zu dem sich Banken auf dem ganzen
Kontinent untereinander Geld leihen) steigt an. Die Kosten für
Ausfallversicherungen (CDS) für Bankanleihen haben Anfang Juni ebenfalls
wieder angezogen, nachdem sie im Kielwasser der internationalen
Rettungsaktion für Griechenland gesunken waren. Die EZB und andere
Zentralbanken haben Finanzinstituten zwar Kreditfazilitäten eingeräumt,
doch diese Unterstützung hat die Ängste nicht zerstreuen können,
dass europäische Banken das Ausmaß ihrer Verluste aus privatwirtschaftlichen
Vermögenswerte und ihres Engagements in fiskalpolitisch
heiklen Ländern am Rande Europas zu zögerlich offenlegen.
Die Regierungen der maßgeblichen Volkswirtschaften der Eurozone –
Italien, Deutschland, Spanien und Frankreich – haben überdies Sparpakete
angekündigt. Die mit diesen Sparmaßnahmen einhergehenden
politischen Spannungen haben zugenommen – auch in Deutschland,
wo die Sparpolitik mit Blick auf 2011 die Wachstumsaussichten belasten
könnte. Die EZB hat ihre Wachstumsprognosen für 2011 aufgrund
der einschränkenden Effekte der Binnennachfrage bereits (auf rund
1,2%) gesenkt. Ebenso wurden die offiziellen Konjunkturprognosen
in Großbritannien für den Zeitraum von 2011 bis 2015 herabgesetzt.
Gleichzeitig wurden auch die Schätzungen zum britischen Haushaltsdefizit
zurückgenommen, obwohl die neue Regierung angekündigt
hat, die Defizitreduzierung im Haushalt durch höhere Steuern
und Abstriche bei Staatsausgaben deutlich zu erhöhen.
Pessimistisch stimmt in Bezug auf die Aussichten Europas unter anderem
die schwache Kreditvergabe der Banken an Haushalte und Unternehmen.
Der private Sektor baut weiter Fremdkapital ab und die Sparquote
nimmt seit der Finanzkrise zu. Eine Erholung auf den Immobilienmärkten
ist noch nicht in Sicht, die langfristige Arbeitslosigkeit steigt
in einer Reihe von Ländern an und viele der befristeten Anreize,
die die Nachfrage künstlich in die Höhe getrieben haben, fallen weg.
Auf längere Sicht ist Europa demografisch schwach aufgestellt
und die Deindustrialisierung setzt sich fort, da Europas Hersteller
Marktanteile an asiatische Konkurrenten verlieren.
Aus Anlegersicht ist jedoch interessant, dass die Erwartungen für Europa
so niedrig sind, dass sich auf überverkauften Märkten vereinzelt
Chancen auftun könnten, falls Europa weiter vom starken Wachstum
anderer Regionen profitiert und Europas Politiker es endlich schaffen,
die Risiken eines Staatsbankrotts in einzelnen Ländern zu deckeln.
Die Verabschiedung und Kapitalausstattung eines 440 Mrd. Euro
schweren europäischen Finanzstabilisierungsfonds im Mai (dem
Kernstück eines 750 Mrd.-Euro-Rettungsmechanismus für den Euro)
könnten ebenso wie der Aufkauf von Staatsanleihen der Eurozone
durch die EZB dazu beitragen, Europas am stärksten gebeutelten
Volkswirtschaften die Erfüllung ihres Finanzbedarfs zu ermöglichen.
Während Länder wie Spanien, Irland und Griechenland zu drastischen
Einschnitten bei den Staatsausgaben gezwungen sind, fallen die
in anderen, größeren Ländern angekündigten Maßnahmen weniger
dramatisch aus. Sparmaßnahmen können die Inlandsnachfrage zwar
kurzfristig drücken, doch die Formen, die diese Sparsamkeit
in manchen Ländern annimmt – eine Anhebung des Rentenalters,
eine Rückführung der Ansprüche auf Sozialhilfe und der aktuellen
Staatsausgaben (einschließlich Lohnkürzungen oder Abstriche im Staatsdienst)
– sind den europäischen Volkswirtschaften mittelfristig
vielleicht sogar zuträglich.
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Quelle: Investmentfonds.de
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