Investmentfonds.de
20.07.2010:
Global View der Bank Sarasin: Auslaufende Fiskalimpulse lösen Wachstumsverlangsamung aus
Köln, den 20.07.2010 (Investmentfonds.de) - Die fiskal- und geldpolitischen
Impulse, die über die letzten Quartale für einen außerordentlichen Wirtschafts-
aufschwung sorgten, laufen in der zweiten Jahreshälfte 2010 aus. Damit wird
eine Wachstumsverlangsamung ausgelöst. Da die Exzesse der Kreditblase noch
immer nicht verdaut sind, geht die Bank Sarasin in ihrem aktuellen Research-
Ausblick "Global View" für das dritte Quartal 2010 zudem davon aus, dass es
erst im Verlauf der ersten Hälfte 2011 zu einer erneuten Beschleunigung
kommen wird. Aufgrund der einsetzenden Wirtschaftsverlangsamung sowie der
Euro-Schuldenkrise werden die Zentralbanken bei ihrer Nullzinspolitik bleiben.
Zusammen mit einer gedämpften Inflationsentwicklung dürfte dies langfristig
für tiefe Zinsen sprechen. Staatsanleihen sind in Folge der Schuldenkrise
hoch bewertet und ein Rückschlag ist kurzfristig nicht auszuschließen. Das
Potenzial für Unternehmensanleihen erachtet die Bank Sarasin jedoch als nach
wie vor intakt. Die im zweiten Quartal erfolgte Aktienmarktkorrektur hat sehr
viele negative Nachrichten vorweggenommen und erscheint auf kurze Sicht
übertrieben. Positive Unternehmensergebnisse sollten eine Sommerrallye auslösen.
Günstig bewertet sind Schwellenländer-Aktien, welche die Bank Sarasin in ihrer
aktuellen Asset Allocation auf neutral hochstuft. In Europa setzt die Bank
Sarasin auf Aktien aus Kernländern, inklusive der Schweiz und Großbritannien.
Aktien aus europäischen Peripherieländern werden gemieden. Der erwartete
Rückgang der Risikoaversion der Investoren im dritten Quartal spricht für
einen Aufbau zyklischer Sektoren zu Lasten defensiver Sektoren.
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Das zweite Quartal 2010 stand an den Finanzmärkten unter dem Eindruck der Eurokrise
und einer zunehmenden Nervosität. Heiß diskutiert wird vor diesem Hintergrund
die Frage, ob die Weltwirtschaft bereits genügend Widerstandskraft hat, die hohe
Staatsverschuldung in Europa und die jetzt eingeleiteten Einschnitte in der
Fiskalpolitik zu verkraften. Die Sorgen über ein Auseinanderbrechen des Euros
und ein Schuldenmoratorium scheinen zwar übertrieben. Gleichwohl zeigt ihr
Aufkommen die Grenzen einer expansiven Fiskalpolitik auf. In der Tat haben die
vereinten Kräfte von Geld- und Fiskalpolitik der Investitionstätigkeit seit
Mitte 2009 zu einem außerordentlichen Aufschwung verholfen. Mit der Erholung
des Arbeitsmarktes seit Beginn des Jahres wurde eine erste wichtige Bedingung
erfüllt, damit der Aufschwung sich nachhaltig entwickeln kann.
Dr. Jan Amrit Poser, Leiter Research und Chefökonom der Bank Sarasin
"Wir gehen davon aus, dass die Sorgen die Euro-Schuldenkrise betreffend allmählich
in den Hintergrund treten und die Unternehmen mit positiven Ergebnissen überraschen
werden. Wir rechnen entsprechend im dritten Quartal 2010 mit einer begrenzten
Gelegenheit für eine Aktienerholung. Spätestens im Herbst ist aber davon auszugehen,
dass sich die Zeichen einer globalen Wachstumsabschwächung verdichten. Die
Aktienmärkte dürften nach einer vorübergehenden Rallye dann bis Ende des Jahres
einen Abwärtstrend zeigen."
Philipp E. Bärtschi, Chefstratege der Bank Sarasin
"Aufgrund der unmittelbaren Aussichten auf positive Unternehmensergebnisse haben
wir die Aktienquote wieder auf neutral erhöht. Die Gewichtung von Sektoren im
höheren Risikoprofil bauen wir zu Lasten von defensiven Sektoren aus. Aufgrund
einer abnehmenden Risikoprämie, die zu einer höheren Risikobereitschaft führten
dürfte, weisen zyklische Sektoren im dritten Quartal 2010 ein höheres Kurspotenzial
auf. Im Hinblick auf das vierte Quartal respektive den Beginn 2011 bleiben
wir jedoch vorsichtig. Anleihen haben bei rekordtiefen Zinsen kaum mehr Potenzial.
Wir haben deshalb Anleihen abgestoßen, um Risikoanlagen zu finanzieren. Innerhalb
der Alternativen Anlagen konnten wir dank hoher Volatilität im Juni Anlagen mit
attraktiver Rendite kaufen. Immobilienanlagen haben wir von untergewichtet auf
neutral heraufgestuft. Rohstoffe bleiben übergewichtet: Hier rechnen wir im
dritten Quartal ebenfalls mit einer Erholung."
Auslaufende Wachstumsimpulse führen zu Wachstumsabschwächung
Im zweiten Quartal 2010 haben die vorausschauenden Indikatoren definitiv ihren
Zenit erreicht. Sie befinden sich mehrheitlich unter ihrem Höchststand. Damit kündigt
sich zwar ein rekordverdächtiges Wirtschaftswachstum für das zweite Quartal 2010
an. Das Auslaufen der fiskal- und geldpolitischen Stimuli sowie die Drosselung der
Produktion aufgrund übertriebener Lagerbestände wird das Wirtschaftswachstum im
Jahr 2011 aber abbremsen. Die Arbeitsmarkterholung wird ins Stocken geraten und
den Aufwärtsdruck in der Preisbildung im Keim ersticken. Die bevorstehende
Wirtschaftsverlangsamung wird zudem Deflationsängste nähren. Die stärkste Bremse
für das Preis- und Wirtschaftswachstum bleibt jedoch der Prozess des Deleveraging.
Hinzu kommt, dass sich der Immobilienmarkt in den meisten Ländern noch nicht erholt
hat. Indem die Banken die Vergabe neuer Kredite zurückfahren, fehlt eine wichtige
Stütze des Wirtschaftswachstums. Es wird noch einige Zeit dauern, bis die Exzesse
der Kreditblase verdaut sind. Die Bank Sarasin rechnet deshalb damit, dass diese
Bremse für das Wirtschaftswachstum frühestens in der ersten Jahreshälfte 2011
wegfallen wird. Die fiskalpolitische Konsolidierung wird uns jedoch noch die
nächsten Jahre lang beschäftigen.
Schwellenländer mit Konsumpotenzial
Das Deleveraging, welches das Wirtschaftswachstum bremst, ist ein globales
Phänomen. Einzige Ausnahme bilden die Schwellenländer. Deren Finanzsysteme waren
nicht ausreichend sophistiziert, um an den verhängnisvollen Verbriefungen teil-
zunehmen. Dies stellt für die Weltwirtschaft eine Chance dar. Während die
Kreditvergabe in den entwickelten Ländern zurückgeht, kann sie in den Schwellen-
ländern noch zulegen. Gleichzeitig deutet die hohe Sparquote auf noch brach
liegendes Konsumpotenzial hin. Es ist davon auszugehen, dass die Schwellenländer
auch in der bevorstehenden Abkühlung wieder einen nennenswerten Beitrag zum globalen
Wachstum leisten werden. Dadurch werden sie helfen können, die Weltwirtschaft zu
stabilisieren und den Aufschwung nachhaltig werden zu lassen.
Schuldenkrise treibt Obligationen
Während die Schuldenkrise in Europa und die damit verbundene Panik dazu führte,
dass einige Peripherie-Märkte zum Erliegen kamen, profitierten die Staatsanleihen
in den Kernländern Europas. Die deutschen Staatsanleihen notierten zwischenzeitlich
bei einem Zinssatz von 2,5%. Ebenso verzeichnete die Schweiz als klassisches
Tiefzinsland einen neuen Rekord. Die Hoffnung einiger Zentralbanken auf den
allmählichen Ausstieg aus der Nullzinspolitik hat sich zerschlagen. Aufgrund der
Schuldenkrise und des anbahnenden Wirtschaftsabschwung werden die Zentralbanken
in den nächsten zwölf Monaten bei dieser Politik bleiben, was zusammen mit einer
gedämpften Inflationsentwicklung für tiefe Zinsen bis ins Jahr 2011 sorgen wird.
Anleihen dürften in den nächsten zwölf Monaten durch die weiterhin expansive
Geldpolitik und eine Abkühlung der Konjunktur nach unten geschützt sein. Kurzfristig
gibt es jedoch Gefahrenpotenzial. Nicht zuletzt die Triple-A-Staatsanleihen sind
hoch bewertet, so dass ein Rückschlag nicht auszuschlißsen ist. Unter der durch
die Schuldenkrise entfachten Risikoaversion haben auch die Unternehmensanleihen
gelitten. In der mittleren Frist sieht die Bank Sarasin nach dem Anstieg der
Risikoprämie im zweiten Quartal 2010 und der Verbesserung der Fundamentaldaten
wieder mehr Potenzial für Unternehmensanleihen.
Aktien: Sommerrallye wahrscheinlich
Sowohl Aktienmärkte wie Rohstoffe korrigierten im zweiten Quartal deutlich. Der
Optimismus, der die Anleger im ersten Quartal noch trieb, wich Anfang des zweiten
Quartals aufgrund der Euro-Schuldenkrise Wachstumsängsten. Doch schon bevor sich
die Krise verschärfte, war klar, dass der Konjunkturzyklus nahe am Zenit stand.
Der Rückgang der Frühindikatoren bedeutet historisch eine unterdurchschnittliche
Performance für die Aktienmärkte. Der gegenwärtige Abwärtstrend dürfte dann erst
in der ersten Jahreshälfte 2011, zusammen mit einer Stabilisierung der globalen
Frühindikatoren, ein Ende finden. Doch die Bank Sarasin sieht gleichzeitig gute
Gründe für eine Gegenbewegung im dritten Quartal 2010: Zum einen dürften die Unternehmensgewinne positiv überraschen, der Fokus der Anleger dürfte sich zudem
von negativen auf positive Nachrichten verschieben und die Marktstimmungsindikatoren
sind auf neutralem Niveau und damit nicht mehr so optimistisch wie zu Beginn des
zweiten Quartals 2010.
Schwellenländeraktien attraktiv – Aufbau zyklischer Sektoren favorisiert
Die Bank Sarasin hat die Gewichtung der Schwellenländeraktien – nach dem Rückschlag
im zweiten Quartal – wieder auf neutral heraufgestuft. In den letzten Wochen konnten
sich die Schwellenländer sehr gut behaupten und schnitten besser ab als die entwickel-
ten Märkte. Manches deutet darauf hin, dass globale Anleger ihre Gewichtung von
Schwellenländeraktien stetig aufbauen und bereits kleine Rückschläge für einen
Einstieg nutzen. Schwellenländeraktien sind günstig bewertet und dürften von einem
Rückgang der Risikoaversion am meisten profitieren. Zudem sind die Gewinnrisiken im
Vergleich mit US-Aktien geringer. Innerhalb von Europa setzt die Bank Sarasin auf
Unternehmen aus den Kernländern, inklusive Schweiz und Großbritannien. Die Aktien-
märkte in der Peripherie leiden dagegen unter der steigenden Risikoaversion und
dem mittelfristig schwachen Euro. Aktien der Euroland-Peripherie sind deshalb zu
meiden. Eine steigende Risikobereitschaft der Investoren im dritten Quartal 2010
und attraktive Standortbewertungen sprechen für einen Aufbau zyklischer Sektoren
zu Lasten defensiver Sektoren. Eine genaue Analyse der einzelnen Geschäftsmodelle
bleibt dabei jedoch entscheidend.
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Quelle: Investmentfonds.de
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