Investmentfonds.de
26.07.2010:
Bafin: Deutsche Banken erweisen sich als robust und widerstandsfähig
Köln, den 26.07.2010 (Investmentfonds.de) -
* Durchschnittliche Kernkapitalquote des deutschen Bankensystems in
den vergangenen drei Jahren um knapp 2 %-Punkte gestiegen
* Auch bei scharfem Wachstumseinbruch und Verschiebungen der Zinsstruktur
Solvenz bei guten 8,9 % Kernkapitalquote gegeben
* Zusätzlich simulierter Staatsanleihen-Kursverfall bei Risikoprämienan-
stieg sehr gut verkraftet, Kernkapitalquote in diesem Szenario 8,5 %
* HRE bleibt als einzige deutsche Bank im strengsten Stressszenario unter
6 % Kernkapitalquote
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Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben am 17. Juni
2010 beschlossen, Ergebnisse der vom Europäischen Ausschuss der Bankenauf-
sichtsbehörden (CEBS) in Zusammenarbeit mit den nationalen Aufsehern und der
EZB durchgeführten EU-weiten Stresstests zu veröffentlichen. Auf diese Weise
soll Transparenz über die Widerstandsfähigkeit des europäischen Bankensystems
für den Fall eines konjunkturellen Abschwungs und einer negativen Entwicklung
der Finanzmärkte (insbesondere eines Wertverlusts europäischer Staatsanleihen)
geschaffen werden.
Zugleich wurde der Kreis der teilnehmenden Länder und Banken gegenüber dem
im vergangenen Jahr erstmals durchgeführten Stresstest auf CEBS-Ebene merklich
erweitert. Insgesamt nahmen an diesem EU-weiten Stresstest 91 Kreditinstitute
aus 20 Mitgliedstaaten teil, die damit gemessen an der Bilanzsumme 65 % des
EU-Bankensystems repräsentieren (CEBS-Pressemitteilung vom 7. Juli 2010). Mit
den 14 teilnehmenden Banken aus Deutschland sind mehr als 60 % der Bilanzsumme
des deutschen Bankensystems – inklusive der UniCredit Bank AG, die in den
konsolidierten Stresstest der italienischen Mutter eingeht – abgedeckt.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass Stresstests lediglich hypothetische Analysen
(„was wäre wenn“) negativer Entwicklungen darstellen und nicht mit Prognosen
für künftigen Kapitalbedarf verwechselt werden dürfen. Auch die Erwartung der
Märkte, dass die Banken – differenziert nach ihrer Geschäftsstruktur – höhere
Kernkapitalquoten ausweisen als regulatorisch gefordert, bezieht sich auf die
tatsächlich gegebene Kernkapitalausstattung und nicht auf rechnerische Kapital-
quoten nach den Stresstests.
Szenarien
Bei der Durchführung des EU-Stresstests wird zwischen einem Benchmark-Szenario
und zwei Stress-Szenarien unterschieden.
Das makroökonomische Benchmark-Szenario beruht auf den – aus heutiger Sicht
pessimistischen – Frühjahrs-Prognosen der EU-Kommission für die wirtschaftliche
Entwicklung (u. a. Bruttoinlandsprodukt, Arbeitslosigkeit, Immobilienpreise)
in den Jahren 2010 und 2011. Demgegenüber schätzen die aktuellen Projektionen
von Bundesbank und EZB bereits die konjunkturelle Entwicklung 2010 deutlich
besser ein als das in den EU-Stresstests verwendete Benchmark-Szenario.
In den EU-Stress-Szenarien wird unter anderem für die Jahre 2010 und 2011 eine
Abkühlung der Konjunktur für die Eurozone um insgesamt 3,0 Prozentpunkte und
für Deutschland sogar um 3,3 Prozentpunkte unterstellt (gemessen als Abweichung
zum Benchmark-Szenario). Diese restriktive Annahme der EU-Stresstests wird
ferner dadurch unterstrichen, dass die Stress-Szenarien für die Eurozone
insgesamt in beiden Jahren und für Deutschland im Jahr 2011 negative Wachstums-
raten und damit den aus heutiger Sicht sehr unwahrscheinlichen Fall eines
„double dip“ unterstellen.
Im ersten Stress-Szenario wird darüber hinaus ein merklicher Anstieg der
Zinsstrukturkurve bei gleichzeitiger Verflachung angenommen. Für Verbriefungen
wurde eine deutliche Verschlechterung von vier Kreditqualitätsstufen, kumuliert
über zwei Jahre, simuliert.
In einem ergänzenden Stress-Szenario wird zusätzlich ein Anstieg der Risiko-
prämien für europäische Staatsanleihen unterstellt. Die simulierten Spread-
Ausweitungen gehen noch über die Anfang Mai 2010 beobachteten, bereits erheblichen
Anstiege hinaus.
Für weitere Detailinformationen zu den Szenarien und Parametern vergleiche
CEBS-Webseite /EZB-Webseite.
Die Annahmen für den makroökonomischen Schock in den EU-Stress-Szenarien sind
insgesamt schärfer als bei den im ersten Halbjahr 2009 in den USA durchgeführten
Stresstests. Dort lag die aggregierte Abweichung der Wachstumsraten vom erwar-
teten konjunkturellen Basispfad für die Jahre 2009 und 2010 bei insgesamt 2,9
Prozentpunkten. Darüber hinaus mussten bei den EU-Stresstests alle teilnehmenden
Banken sowohl die Auswirkungen von Verwerfungen an den Finanzmärkten auf ihr
Handelsbuch als auch die Folgen eines Anstiegs der Risikoprämien bei europä-
ischen Staatsanleihen berücksichtigen, während beim US-Stresstest nur bei
fünf besonders handelsaktiven Banken zusätzlich Handelsbuchverluste einbezogen
wurden.
Ergebnisse
Der Test gilt als bestanden, wenn die Kernkapitalquote eines Instituts auch
im strengsten Stress-Szenario nicht unter 6 % fällt. Gemessen daran hat sich
das deutsche Bankensystem als robust erwiesen und seine Widerstandsfähigkeit
auch unter sehr pessimistischen Annahmen unter Beweis gestellt: 13 der 14
Banken weisen auch in diesem Extremszenario eine Kernkapitalquote von über
6 % aus; neun der am Stresstest beteiligten Banken weisen in diesem besonders
strengen Stress-Szenario eine Kernkapitalquote von über 8 % auf und liegen
damit mehr als doppelt so hoch wie das regulatorische Minimum.
Die durchschnittliche Kernkapitalquote der 14 teilnehmenden Banken beläuft
sich nach dem ersten Stress-Szenario zum Jahresende 2011 auf 8,9 %, unter
zusätzlicher Einbeziehung des Risikoprämienanstiegs bei europäischen Staats-
anleihen auf 8,5 %. Gegenüber der Ausgangssituation Ende 2009 beträgt der
Rückgang 1,6 bzw. 2,0 Prozentpunkte (Einzelergebnisse siehe Anlage).
Eine wesentliche Ursache für das robuste Abschneiden ist die bereits erfolgte
Stärkung der Kernkapitalausstattung: Die deutschen Banken haben in den
vergangenen beiden Jahren erhebliche Maßnahmen zur Bilanzbereinigung ergriffen
und Kapitalzuführungen durch Eigentümer und Träger sowie durch staatliche
Stellen auf Basis des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes erhalten. Die
Kernkapitalquote des gesamten deutschen Bankensystems stieg seit Anfang
2008 von 9,0 % auf aktuell 10,8 %.
In absoluten Beträgen weisen die 14 am Stresstest beteiligten deutschen Banken
in den Stress-Szenarien Ende 2011 ein aggregiertes Kernkapital von 146 bzw.
139 Mrd. Euro aus – gegenüber 150 Mrd. Euro zum Ausgangszeitpunkt Ende 2009.
Die Veränderung des Kernkapitals beruht im Wesentlichen auf den durch die
unterstellten Schocks induzierten Verlusten bei den Bankbuch-Finanzaktiva
in Höhe von insgesamt 36,7 Mrd. Euro, auf den geschätzten Handelsbuchverlusten
in Höhe von insgesamt 5,8 Mrd. Euro sowie – im ergänzenden Stress-Szenario –
zusätzlichen Verlusten aus dem Renditeanstieg bei europäischen Staatsanleihen
in Höhe von 8,9 Mrd. Euro. Dem stehen – vorsichtig geschätzte – erwartete
operative Erträge in Höhe von insgesamt 43,6 Mrd. Euro aus dem Bankgeschäft
sowie sonstige Reserven der Banken gegenüber. Die risikogewichteten Aktiva
der am Stresstest beteiligten Banken erhöhten sich von insgesamt 1.428 Mrd.
Euro auf 1.637 Mrd. Euro, wofür in erster Linie die pessimistischen Annahmen
über Rating-Migrationen von Verbriefungspositionen sowie die szenariobedingten
Anstiege der Ausfallwahrscheinlichkeiten und Verlustquoten der Bankbuchexposures
verantwortlich sind.
Lediglich eine Bank, die Hypo Real Estate Holding AG, weist im ergänzenden
Stress-Szenario in einem von zwei betrachteten Jahren eine Kernkapitalquote
von unter 6 % aus. Auch hier gilt, dass ein unmittelbarer Kapitalbedarf nur
dann entstünde, wenn sich das hypothetische Stress-Szenario materialisieren
würde; die regulatorische Mindestkernkapitalquote wird auch im schärfsten
Stressszenario eingehalten. Die Hypo Real Estate Holding AG befindet sich
in einem tief greifenden Umstrukturierungsprozess, der von ihrem Alleineigen-
tümer, dem Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin), eng begleitet
wird. Mit der bereits erfolgten Errichtung einer Abwicklungsanstalt nach
§ 8a Finanzmarktstabilisierungsgesetz, die im Rahmen der Stresstestanalyse
noch nicht berücksichtigt werden konnte und auf die in Kürze Risikopositionen
in Höhe von rund 210 Mrd. Euro übertragen werden sollen, wird ein wesentlicher
Schritt zu einer zukunftsfähigen Bank unternommen.
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Quelle: Investmentfonds.de
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