Investmentfonds.de
02.08.2010:
Robeco: Lohnerhöhungen in China steigern den Konsum
Köln, den 02.08.2010 (Investmentfonds.de) - Victoria Mio, Fondsmanagerin des Robeco
Chinese Equities, nennt als wichtigste Anlagethemen für den Rest des Jahres 2010 in
China Einkommensumverteilung, Technologie und alternative Energien.
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Die Anlagebedingungen in China verändern sich schnell. Einerseits sind die Anfang
des Jahres 2010 geäußerten Befürchtungen zu einer Überhitzung der Wirtschaft
verschwunden, doch bereits sorgen sich die Anleger über verzögertes Wachstum, was
eine harte Landung für die chinesische Wirtschaft bewirken könnte.
Angesichts des BIP-Wachstums von 11,9 % im ersten Quartal ergriff die Regierung
strikte Maßnahmen zur Drosselung der Wirtschaft. Dies scheint zu funktionieren.
Im zweiten Quartal lag das Wachstum bei „nur“ 10,3 %, das Wachstum in der Industrie-
produktion fiel im Jahresvergleich im Juni auf 13,7 % von zuvor 16,5 % im Mai.
"Die Ära der Billiglöhne in China scheint vorüber zu sein"
Behörden arbeiten auf eine weiche Landung für die chinesische Volkswirtschaft hin
Fondsmanagerin Victoria Mio rechnet mit einer weichen Landung: „Kurzfristig erwarten
wir, dass das Wachstum der Wirtschaft weiter abnimmt, bis ein gesunderes, nach-
haltiges Niveau erreicht wird.“ Sie bekräftigt, „Wir halten unsere Prognose für
das BIP von 9 bis 10 % in diesem Jahr aufrecht und bleiben bei unserer positiven
Gesamteinschätzung für die mittel- und langfristigen Perspektiven.”
Doch die Drosselung einer übersprudelnden Wirtschaft ist nur eines der aktuellen
Ziele der chinesischen Behörden. Sie versuchen außerdem, das bisher exportorientierte
Wachstumsmodell zunehmend auf die Inlandsnachfrage abzustützen.
Die Streichung der Exportsteuernachlässe weist auf das Ende der Fördermaßnahmen hin
Ein Schritt in diese Richtung war die kürzliche Streichung einiger Steuerermäßigungen
für Exporte. Dies verdeutlicht auch, dass die Behörden langsam die lockere Geld-
politik und staatlichen Fördermaßnahmen beenden wollen, welche in der Krise
eingeführt wurden.
Angesichts dieser Veränderungen zieht sich Victoria Mio allmählich und selektiv aus
den Sektoren zurück, die am meisten vom staatlichen Stimulierungspaket und der
Geldschwemme profitiert haben. Dazu gehören die Teile der Autoindustrie, die
Immobilienbranche, der Infrastrukturbereich sowie die Metall- und Bergbauindustrie.
Lohnsteigerungen könnten die Ära der Billiglöhne in China beenden
Gleichzeitig leitet Victoria Mio neue Anlagethemen ab, die sich aus den jüngsten
makroökonomischen Entwicklungen ergeben. Das erste Anlagethema ist die Umverteilung
der Einkünfte aufgrund von erheblich höheren Löhnen für chinesische Arbeiter.
Diese überfällige Verbesserung folgt der Einsicht, dass die Mitarbeiter ihre
aktuellen Arbeitsbedingungen nicht länger tolerieren würden. Die Hon Hai Group,
der taiwanesische Hersteller von Apple’s iPod und iPad, erhöhte die Gehälter
seiner Mitarbeiter in Shenzhen deutlich, nachdem es unter den Mitarbeitern
zu einer Reihe von offensichtlichen Selbstmorden gekommen war.
Auch der japanische Autohersteller Honda sah sich gezwungen, die Bezüge seiner
Mitarbeiter um 33 bis 66 % zu erhöhen, nachdem durch Streiks seine Montagebänder
im sonst so emsigen China zum Stillstand kamen. Dies sind nur zwei Beispiele
eines allgemeinen Trends. Ähnliche Lohnerhöhungen erfolgen landesweit.
Ein Wendepunkt für die Arbeitskosten
„Die Ära der Billiglöhne in China könnte vorüber sein”, so Victoria Mio. Nach
ihrer Ansicht dürften die Gehälter über mehrere Jahre erheblich steigen. Sie sieht
drei Faktoren, die eine „Wende für die Arbeitskosten“ bedeuten.
Einmal gibt es ein Ungleichgewicht zwischen dem Angebot und der Nachfrage nach
Arbeitskräften. Während der Krise wurde eine große Zahl von Wanderarbeitern
entlassen. Daraufhin sorgte die Regierung für Anreize, um die Beschäftigung
in den zentralen und westlichen ländlichen Gebieten zu erhöhen, in welche die
Wanderarbeiter zurückkehrten. Eine unerwartete Konsequenz dieser Maßnahmen war
jedoch, dass nach Ende der Krise viele Wanderarbeiter nicht mehr nach den
arbeitsintensiven Fertigungszentren zurückkehrten, was dort einen Mangel an
Arbeitskräften bewirkte.
Die Umstellung auf den Binnenkonsum erfordert höhere Löhne
Der zweite Faktor ist die Absicht der Regierung, die Wirtschaft vom Exportfokus
auf eine am Binnenkonsum orientierte Wirtschaft umzustellen. Eine exportorientierte
Wirtschaft ist nur mit Billiglöhnen möglich, eine am Binnenkonsum orientierte
Wirtschaft verlangt nach höheren Einkommen. Die Regierung unterstützt daher
stillschweigend diese Veränderungen am Arbeitsmarkt.
Drittens stellt Victoria Mio fest, dass die Lohnerhöhungen nicht mit dem
BIP-Wachstum und den Produktivitätszuwächsen Schritt gehalten haben und die
Gewinne auf Kosten der privaten Einkommen gestiegen sind. „Die Lücke zwischen
den Lohnzugewinnen und den Produktivitätssteigerungen wird geringer werden
und somit die Kaufkraft der Konsumenten verbessern.”
Lohnanstieg hat positive Konsequenzen für den Konsum
Insgesamt ist Victoria Mio der Ansicht, dass die Erhöhung der Arbeitskosten
für die Wirtschaft mehr positive als negative Effekte haben wird. „Die jüngsten
Lohnerhöhungen festigen unsere Überzeugung, den Konsumsektor überzugewichten
und die exportorientierten Segmente unterzugewichten.”
Durch steigende Gehälter für die Niedrigverdiener dürften Verbraucherprodukte
und Dienstleistungen für mittlere und niedrige Einkommensschichten die Haupt-
profiteure der kommenden Jahre sein, darunter auch die Produzenten von
Konsumgütern in den ländlichen Gebieten sowie in den mittleren und kleineren
Städten.
Insbesondere die Hersteller von alltäglichen Gebrauchsgütern, elektronischen
Haushaltsgeräten, Kleinwagen und Pkws der Mittelklasse, preisgünstige Hotels,
Fluglinien und Betreiber von mautpflichtigen Straßen dürften eine steigende
Nachfrage verzeichnen.
Victoria Mio hat den Fonds Robeco Chinese Equities durch verschiedene Ergänzungen
im Portfolio auf dieses Thema ausgerichtet, neuere Positionen sind etwa der
Haushaltsgerätehersteller Haier Electronics, Daphne, ein Schuhproduzent und
-händler, sowie der Kleiderhersteller Bosideng.
Teurere Arbeitskosten werden sich hingegen negativ auf den Exportsektor auswirken.
Die Herstellung von extrem billigen Produkten wird sich wahrscheinlich nach
anderen asiatischen Länder verlagern, auch wenn es logistisch gesehen für
dortige Konkurrenten schwierig sein wird, China schon kurzfristig zu ersetzen.
Zur Senkung der Kosten sind Technologie und Innovationen entscheidend
Ein zweiter Effekt höherer Lohnkosten in China ist, dass dadurch eine Moder-
nisierung der Industrie gefördert wird. „Die Unternehmen werden einsehen, dass
sie sich in Zukunft nicht mehr auf billige Arbeitskräfte verlassen können”, so
Victoria Mio. Doch der teurere Faktor Arbeit ist nur Teil einer allgemeinen
Kostensteigerung für die Unternehmen in China. Ein anderes Problem sind die
höheren Rohstoffpreise.
Daher müssen die Unternehmen nach Möglichkeiten zur Kostensenkung und zur
Effizienzsteigerung suchen. Fabriken müssen modernisiert und technische Inno-
vationen beschleunigt werden. Die Technologie ist das zweite Anlagethema für
Victoria Mio.
Angesichts dieser Situation ist sie überzeugt, dass insbesondere Firmen, die
IT-Dienstleistungen, Hard- und Software anbieten, mit einer starken Nachfrage
rechnen können. Das beste Beispiel dafür ist die Kingdee International Software
Group, ein führender chinesischer Software-Anbieter für Unternehmensführung.
Alternative Energie: ein Hauptanlagethema für die nächste Dekade
Das dritte Anlagethema für Victoria Mio sind alternative Energien. In China
existiert eine gewaltige Nachfrage nach Energie. Die eigenen Energiequellen
sind unzureichend. In nicht allzu ferner Zukunft dürfte Energiemangel das
Wirtschaftswachstum Chinas behindern.
Victoria Mio befasst sich daher eingehend mit Chinas 12. Fünfjahrplan für Energie
und dessen Konsequenzen für die strukturelle Entwicklung ab 2012. „Die Versorgungs-
sicherheit der Energie wird eines der Hauptziele des Planes sein.”
China hat die Energiestrategie priorisiert: 1. Erdgas, 2. Atomkraft, 3. Windenergie
und 4. Wasserkraftwerke. Auf absehbare Zeit bleibt Kohle jedoch weiterhin die
Hauptenergiequelle. Es ist offensichtlich, dass die Entwicklung alternativer
Energien ein Hauptanlagethema für die kommenden 5 bis 10 Jahre sein wird.
Eine Kernanlage von Victoria Mio zu diesem Thema ist Kunlun Energy., Dieses
Unternehmen orientiert sich um, von der Suche und Förderung von Öl und Gas hin
zum Verkauf von Erdgas und der Entwicklung alternativer Energien. Ein weiterer
Favorit ist China High Speed, der größte Hersteller von Getrieben für Windkraft-
anlagen in China.
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Quelle: Investmentfonds.de
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