Investmentfonds.de
09.08.2010:
Blackrock: Konjunkturelle Gegenwinde
Köln, den 09.08.2010 (Investmentfonds.de) - Die letzten Wochen und Monate
glichen einer wahren Achterbahnfahrt. Vulkanasche beeinträchtigte den
Flugreiseverkehr in ganz Europa. Streiks sorgten an den Flughäfen für
zusätzliches Chaos. Der Bergbausektor wiederum hat mit eigenen Problemen
zu kämpfen. In den letzten 18 Monaten profitierten die Minengesellschaften
von staatlichen Konjunkturprogrammen. Dies und die Tatsache, dass fällige
Verbindlichkeiten dadurch wieder refinanziert werden konnten, führte zu
einer beschleunigten Erholung der Bewertungen, die sich noch Ende 2008 auf
einem äußerst niedrigen Niveau bewegt hatten. Doch mittlerweile hat sich die
Stimmung gedreht. Denn trotz der hohen Metallpreise und robusten Gewinnmargen
sind die Bewertungen der Minengesellschaften aus unterschiedlichen Gründen
scharfen Gegenwinden ausgesetzt. Nachteilig wirken sich vor allem die Unsicher-
heiten rund um den Euro aus, die sich aus den Herabstufungen der Ratings einiger
europäischer Länder ergaben. Weitere Negativfaktoren sind die geplante Bergbau-
Sondersteuer in Australien und der geldpolitische Straffungskurs der letzten
Monate in China. Die nachfolgende Grafik verdeutlicht die Auswirkungen dieser
Entwicklungen auf den Bergbausektor und zeigt, inwieweit die Bewertungen unter
den Turbulenzen gelitten haben.
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Australische Bergbau-Sondersteuer
Im Jahr 2008 gab die australische Regierung den Startschuss für eine groß angelegte
Steuerreform. Unter der Leitung von Finanzminister Ken Henry wurde das bestehende
Steuersystem überprüft. Es gab vielfältige Spekulationen über angedachte Gesetzes-
änderungen, über die neuen Steuersätze und die praktischen Konsequenzen der
Reform. Doch bislang sorgt vor allem das Vorhaben einer Sondersteuer für den
Bergbau (Resource Super Profits Tax, kurz: RSPT) für Aufregung. Kritisiert wurde
insbesondere, dass diese Sondersteuer zusätzlich zu den bereits geltenden Förder-
gebühren und anderen Unternehmenssteuern erhoben werden soll. Berichten zufolge
wird die Supersteuer bereits ab einer Gewinnschwelle fällig, die unter den Kapi-
talkosten der meisten Minengesellschaften liegt. Zudem müssten die Unternehmen
diese Sondersteuer zu einem Zeitpunkt entrichten, an dem sie ihre Investitionen
noch nicht wieder erwirtschaftet haben. Kurzum: Die geplante Sondersteuer bestraft
effiziente Unternehmen, die bereits den ursprünglichen Kapitaleinsatz zurückgezahlt
haben, und installiert die Regierung als nicht-beitragenden, stillen Partner an
bestehenden Vermögenswerten und neuen Projekten. Wird die geplante Sondersteuer
tatsächlich eingeführt, würde Australien aus Sicht der Bergbaukonzerne zu einem
Land, das künftig kaum mehr Anreize für eine Geschäftstätigkeit oder neue Inves-
titionen bietet. Die Ironie dabei: Australiens Rohstoffvorkommen gehören zu den
größten weltweit.!
Auf lange Sicht würden die Brancheninvestitionen zurückgehen, und auch die gesamte
Supportindustrie müsste kräftige Einbußen hinnehmen. Kleinere und mittlere Minen-
gesellschaften stünden zudem vor der Herausforderung, wie sie in Zukunft ihre
Projekte finanzieren sollen, wenn sie zugleich über weniger Cashflow verfügen.
Also müsste mehr frisches Kapital aufgenommen werden. Aber wie soll das gehen,
wenn die Kapitalrenditen sinken? Werden sich dann überhaupt noch Investoren finden?
Es droht ein Teufelskreis, der in der Branche aufgrund der neuen Steuerbelastungen
einen empfindlichen Schrumpfungsprozess auslösen könnte. Doch nicht nur die Mitar-
beiter der Bergbaukonzerne, die lokalen Kommunen und Städte sowie die Aktionäre
würden die Auswirkungen der Sondersteuer zu spüren bekommen. Zuletzt müssten
auch die Kunden die neue Steuer mittragen, da auf sie wahrscheinlich höhere Preise
zukommen, die die Unternehmen mit der Notwendigkeit neuer Investitionen rechtfertigen
könnten.
Wir sind zuversichtlich, dass sich am Ende der gesunde Menschenverstand durchsetzen
und die Regierung mit allen von dem geplanten Steuervorhaben betroffenen Interessen-
gruppen in Klausur gehen wird. Allerdings ist die offizielle Rhetorik der amtierenden
Regierung bislang alles andere als ermutigend. Hinzu kommt, dass Neuwahlen vor der
Tür stehen und sich die Bergbau-Sondersteuer erwartungsgemäß zu einem zentralen
Wahlkampfthema entwickelt hat.
Der Euro
Vor noch nicht allzu langer Zeit schien die Vorstellung, dass eine der wichtigsten
globalen Leitwährungen durch verschlechterte Ratings für Staatsanleihen unter
Druck geraten könnte, nahezu undenkbar. Infolge ihrer massiven Staatsverschuldung
und in Erwartung sinkender Einnahmen sehen sich einige europäische Länder aber
genau damit konfrontiert – mit fatalen Folgen für die langfristige Zukunft des
Euro als internationale Reservewährung.
Die drei führenden Ratingagenturen Fitch, S&P und Moody’s haben mit ihrer Herab-
stufung der Länderratings von Griechenland und Spanien jene Investoren in Panik
versetzt, die über entsprechende Engagements in Staatsanleihen dieser Länder
verfügen. Die Risikoprämien für Kreditausfallversicherungen (CDS) erreichen mittler-
weile Rekordhochs. Dies wiederum setzt die robusteren Volkswirtschaften im Euroraum
unter Druck, ein Rettungspaket für die schwächeren Mitglieder zu schnüren. Wie
werden die deutschen Steuerzahler auf die Aussicht reagieren, dass ihre Steuern
als Bürgschaft für das spanische und griechische Staatsdefizit dienen sollen? In
Griechenland ist es aufgrund der geplanten Haushaltskürzungen und des angekündigten
Sparkurses der Regierung bereits zu Ausschreitungen gekommen. Es ist deshalb frag-
lich,ob die betroffenen Regierungen die geplanten Kürzungen tatsächlich umsetzen
können. Kein Wunder also, dass Investoren wie Zentralbanken gleichermaßen nach
Alternativen für ihre Reserveportfolios Ausschau halten und dabei Gold ins Visier
nehmen.
Sorgen über China
Nach unserer Meinung hat es in mehr als zehn Jahren keine Volkswirtschaft von der
Größe Chinas gegeben, die besser gesteuert worden wäre als die Chinas. Die Regierung
hat es geschafft, die Arbeitslosenrate stabil und die Inflation unter Kontrolle zu
halten. Gleichzeitig flossen Investitionen in Projekte zur Unterstützung des lang-
fristigen Wachstums. Auch die Devisenreserven des Landes wurden nachhaltig aufge-
stockt. Durch die staatlichen Hilfsprogramme wurde verhindert, dass China während
der globalen Finanzkrise in die Rezession abglitt. Die Grafik oben illustriert
das in den letzten zwanzig Jahren erreichte Wirtschaftswachstum. Heute ist China
die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt.
Mittlerweile wächst aber die Sorge der Regierung über die Auswirkungen der im letzten
Jahr beschlossenen Konjunkturmaßnahmen. Die daraus resultierenden kurzfristigen
Wachstumsraten wurden nicht nur als unerwünscht, sondern auch als gefährlich hoch
eingestuft. Um die Konsensschätzung für das Jahr 2010 von 8-9% des BIP zu erreichen,
hat die Regierung in Peking deshalb erste Straffungsmaßnahmen eingeleitet, die
wiederum die Stimmung gegenüber dem Rohstoffsektor belasten. Anleger befürchten
nun nämlich, dass China, der bislang weltgrößte Rohstoffkonsument, in Zukunft
weniger Rohstoffe benötigen könnte. Dies würde zu einem erheblichen globalen Nach-
fragerückgang und in der Folge zu sinkenden Rohstoffpreisen führen.
Kurz- und langfristiger Ausblick
Auf kurze Sicht könnten sich diese Sorgen als berechtigt erweisen. Der Kupferpreis,
der dieses Jahr bereits auf ein Hoch von 3,61 USD pro Pfund gestiegen war, hat
mittlerweile 21% verloren. Ähnlich erging es dem Preis für Eisen, der nach seinem
Hoch im April bislang 23% einbüßte. Häufig wird dabei jedoch übersehen, dass die
Bergbaukonzerne auf dem aktuellen Preisniveau hochprofitabel sind. Die Grafik
oberhalb zeigt die globale Kostenkurve und den aktuellen Kassapreis für Eisenerz.
Ausgehend vom aktuellen Preisniveau erwarten die Analysten der Bank of America
Merrill Lynch, dass die Eisenerzsparte von Rio Tinto das Jahr 2010 mit einem EBITDA
von 14,7 Mrd. USD und das Jahr 2011 mit 14,5 Mrd. USD abschließt. Damit läge das
EBITDA 2010 nur 500 Mio. USD unter dem Betrag, den Rio Tinto im Vorjahr für seine
Bezugsrechtsemission aufwenden musste!
Neben der aktuell hohen Profitabilität ist die Verschuldung im Gesamtsektor deutlich
niedriger als noch in den Vorjahren. Nach den Prognosen der Citigroup sollte der
Sektor, der 2008 eine Nettoverschuldung in Höhe von 132 Mrd. USD aufwies, im Jahr
2011 eine Netto-Cash-Position ausweisen. Diese Wende geht zurück auf diverse
Kapitalerhöhungen in 2009 sowie auf die über den Erwartungen liegenden Metall-
preise und die höhere Zahl von konservativen Reinvestitionen des erwirtschafteten
Cashflows in neue Projekte. Angesichts dieser starken Bilanzen rechnen wir damit,
dass die Minengesellschaften ihren Aktionären eine verbesserte Kapitalrendite
bescheren werden, und zwar entweder in Form von höheren Dividenden oder Aktien-
rückkäufen. Mit Blick auf die aktuellen Notierungen wäre eine Kombination aus beidem
wünschenswert.
Wir sehen im aktuellen Ausverkauf von Rohstoffaktien eine günstige Gelegenheit für
den Fonds. Wie bereits erwähnt sind wir optimistisch, dass die australische Regierung
nach ihrer Beratung mit den wichtigsten Interessengruppen hinsichtlich der angedachten
Bergbau-Sondersteuer eine bessere Lösung für das gesamte Land und den Rohstoffsektor
finden wird. Außerdem sind wir zuversichtlich, dass die präventiven geldpolitischen
Maßnahmen Chinas die Wirtschaft des Landes mittelfristig noch weiter stärken werden.
Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Aktionäre und
Investoren aufgrund der derzeitigen konjunkturellen Gegenwinde möglichst rasch aus
ihren Rohstoffengagements aussteigen wollen, weist der Sektor unseres Erachtens
erhebliche Wertpotenziale auf. Obwohl dem Sektor vielleicht längerfristig ein
holpriger Weg bevorsteht, bleiben wir gerne weiter an Bord.
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Quelle: Investmentfonds.de
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