Investmentfonds.de
28.09.2010:
ING IM Marktausblick: Sorgenkind US-Konjunktur
Köln, den 28.09.2010 (Investmentfonds.de) -
Zentrale Punkte
* US-Konjunktur noch nicht aus dem Schneider
* Märkte volatil, bewegen sich aber insgesamt seitwärts
* Interesse an Dividendentiteln wächst
* Renditen zehnjähriger Anleihen bleiben niedrig
Märkte brauchen frische Impulse
Der August war von den Anlegerängsten vor einem Double Dip in den
USA geprägt, also einem Einbruch des Wirtschaftswachstums nach der
Rezession von 2008/2009. Gleichzeitig befürchtete man eine harte
Landung der chinesischen Konjunktur. Tatsächlich deuteten diverse
Indikatoren auf eine konjunkturelle Abkühlung in beiden Ländern hin
und führten zu Nervosität an den Märkten. Entsprechend suchte die
Anlegerschaft ihr Heil in sogenannten sicheren Häfen wie Gold und
Staatsanleihen. In der Folge fielen die Renditen zehnjähriger
Staatsanleihen in Deutschland, den USA und Japan knapp unter bzw.
über ihre historischen Tiefststände.
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Im September hob sich die Stimmung, nachdem die USA und China mit
Positivmeldungen aufwarteten. So verzeichnete der angeschlagene
US-Arbeitsmarkt eine unerwartet hohe Zunahme an Arbeitsplätzen,
wenn auch die Erholung noch viel zu schwach ist. In China deuten
die Konjunkturindikatoren auf eine Verlangsamung des Wachstums auf
hohem Niveau hin. Die Marktreaktion war insgesamt positiv. So
legten die Aktienmärkte im September um knapp 5 % (auf Euro-Basis)
zu, während die Renditen zehnjähriger Bonds leicht anzogen.
Ausblick: Suche nach Wachstum und Erträgen
Trotz der allgemein positiven Anzeichen in den letzten Wochen betrachten
wir die risikoreicheren Anlageformen weiterhin mit Skepsis. Aktien sind
zwar attraktiv bewertet, es besteht aber keine Aussicht auf einen
deutlichen Kursanstieg in absehbarer Zeit.
Die Wachstumsschwäche in den Industrieländern dürfte vorerst anhalten.
Wir ziehen daher die Emerging Markets vor, eine Region mit hohem
strukturellem Wirtschaftswachstum. Auch Aktien mit nachhaltig hohen
Dividendenrenditen sollten im anhaltenden Niedrigzinsumfeld positiv
abschneiden.
Konjunktur: Die USA brauchen stärkere Impulse
Sorgenkind US-Konjunktur
Die Angst vor einem Double Dip in den USA hat in den letzten Wochen
nachgelassen. Unerwartet positive Meldungen vom Arbeitsmarkt und aus
der Industrie haben die Marktstimmung belebt. Grundsätzlich bleibt die
US-Konjunktur indes schwach. Der ISM-Index der Industrieproduktion ist
zwar um einen Punkt auf 56,5 gestiegen und deutet somit auf kräftiges
Wachstum hin (Werte über 50 indizieren Wachstum). Doch die dem Index
zugrunde liegenden Faktoren signalisieren einen Rückgang des Index auf
einen Stand von etwa 50 in den kommenden Monaten. Außerdem ist der
ISM Non-Manufacturing Index, der die Wirtschaftstätigkeit des weitaus
größeren Dienstleistungssektors misst, von 54,3 auf 51,5 Punkte gefallen.
Ferner gibt der Index keinerlei Hinweise auf die Schaffung neuer
Arbeitsplätze in diesem wichtigen Sektor. Die Zahl der Arbeitsplätze ist
bisher praktisch nur im industriellen Bereich gestiegen.
Im August stieg die Zahl der Arbeitsplätze im Privatsektor (Produktion
und Dienstleistungen) um 67.000 und damit nicht genug, um der strukturell
bedingten Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken. Nach Berechnungen der
Federal Reserve Bank of San Francisco müssten in den nächsten zwei
Jahren jeden Monat 200.000 bis 300.000 neue Stellen geschaffen werden,
um die Arbeitslosigkeit auf 8 % zu drücken. Das sind immer noch zwei
Prozentpunkte über dem langfristigen Gleichgewichtsniveau der Arbeits-
losigkeit, bei dem es zu keinem Druck auf die Veränderungsrate des
Preisniveaus kommt .
Weitere Impulse erforderlich – schwierige Entscheidung
Die Federal Reserve weiß, dass die US-Konjunktur schwächelt. Ein
struktureller Rückgang der Arbeitslosigkeit ist ohne weitere wirtschafts-
und geldpolitische Anreize wohl nicht möglich. Doch die Trickkiste von
Fed-Präsident Bernanke ist jetzt so gut wie leer. Der Leitzins kann nicht
weiter gesenkt werden und die Ungewissheit, ob eine weitere quantitative
Lockerung (Aufkauf von Staatsanleihen, um die Kapitalmarktsätze zu senken)
den gewünschten Erfolg hätte, hält an.
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US-Präsident Obama hat unlängst Infrastrukturinvestitionen in Höhe von
50 Mrd. US-Dollar angekündigt. Gemessen am amerikanischen Bruttoinlands-
produkt ist das allerdings eher Kleingeld. Außerdem steht die Billigung
durch den Kongress noch aus. Da im November Kongresswahlen anstehen und
die Demokraten Umfragen zufolge in der Wählergunst gefallen sind, ist
das also keine ausgemachte Sache.
Der Ruf nach einer Erhöhung der Geldmenge zur Reduzierung des US-
Haushaltsdefizits nimmt zu. Dies könnte die Nachfrage zwar kurzfristig
ankurbeln, aber langfristig zu einem deutlichen Anstieg der Inflation
führen, sofern staatliche und private Bilanzen gesund sind und die
Überkapazitäten in der Industrie und auf dem Arbeitsmarkt abgebaut wurden.
Überdies hängt die Inflationsrate vom geldpolitischen Kurs der Zentralbank
ab. In jedem Fall handelt es sich bei der Vermehrung der Geldmenge um
eine äußerst unorthodoxe Maßnahme, die zweifelsohne zu heftigen Debatten
führen wird.
Inflationsrate weiter rückläufig, aber keine Deflation
Im Gegensatz zu manchen Marktbeobachtern erwarten wir einen weiteren
Rückgang der Inflation in den Industrieländern. Nicht nur drückt die
riesige Produktionslücke (Überkapazitäten in der Industrie und auf dem
Arbeitsmarkt) die Inflationsrate nach unten, auch die Inflationsprognosen
sind rückläufig. Wir rechnen allerdings nicht mit einem Abrutschen in die
Deflation. Inflationsprognosen stützen sich häufig auf wahrnehmbare
Preisveränderungen. Solange eine ausreichende Zahl von Produkten und
Leistungen sich verteuert, sind gegenteilige Vorhersagen unwahrscheinlich.
Insofern könnten die erwarteten strukturellen Preisanstiege bei Rohstoffen
inflationstreibend wirken. Ein weiterer wichtiger Faktor sind die Löhne.
So kann ein Rückgang der Nominallöhne in die Deflation führen. Zwar besteht
derzeit kaum Potenzial für Lohnzuwächse, aber ein Rückgang der Nominallöhne
ist äußerst unwahrscheinlich.
Deutschland Motor der Eurozone
In der EWU-Peripherie könnte es durchaus zur Deflation kommen. Hier werden
zurzeit drastische Haushaltsmaßnahmen umgesetzt. Gleichzeitig können diese
Länder ihre Wechselkurse nicht entsprechend anpassen. Daher müssen diese
Länder zu Lohn- und Preissenkungen greifen, um die Auslandsnachfrage nach
ihren Gütern und Leistungen zu befeuern.
Nach unserer Einschätzung ist das Deflationsrisiko in der Eurozone
insgesamt gering, da die EWU-Randstaaten nur einen relativ kleinen Teil
der Eurozone ausmachen (ca. 18 % des Gesamt-BIP). Die bedenkliche Situation
der Länder an der Euro-Peripherie wird von den Kernstaaten mehr als ausge-
glichen. Die weitere Entwicklung wird zum großen Teil davon abhängen,
inwieweit die deutsche Binnennachfrage den voraussichtlichen Einbruch beim
Exportwachstum wettmachen kann. Wir sind hier optimistisch, denn einiges
deutet darauf hin, dass sich der exportgetriebene Aufschwung in Deutschland
auch auf die Binnenwirtschaft ausweitet. Im Juli sank die Arbeitslosigkeit
in Deutschland im 14. Monat in Folge und liegt jetzt wieder auf Vorkrisen-
niveau. Auch die Zahl der freien Stellen sowie die Arbeitsstunden steigen.
Da deutsche Haushalte zudem nicht hochverschuldet sind, besteht Spielraum
für einen Anstieg der Konsumausgaben.
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Quelle: Investmentfonds.de
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