Investmentfonds.de
09.11.2010:
Carmignac: Wirtschaftsaussichten / Anlagestrategie
Köln, den 09.11.2010 (Investmentfonds.de) -
In Ihrer aktuellen Analyse der Wirtschaftsaussichten kommen die Experten
von Carmignac zu folgenden Aussagen:
Die US-Notenbank zeigt sich fest entschlossen, das Deflationsrisiko zu bekämpfen
Die USA sehen sich mit einer Arbeitslosigkeit in Höhe von gleichbleibend
rund 10 % konfrontiert, die einen ausreichenden Konsum unmöglich macht
(im modernen Zeitalter ein nur kurz während der Rezession 1980-82 erreichter
Wert). Gleichzeitig konnte sich die Stimmung der Betriebsinhaber von KMU,
traditionell die größten Arbeitgeber, seit der Krise im Jahr 2008 nicht
wieder erholen. Die daraus resultierende Schwäche der Haushaltseinkommen
nährt die Krise bei den Wohnimmobilien, deren Finanzierung indes zu 95 %
von der Regierung abhängt. In diesem vom Schuldenabbau angeheizten
deflationären Umfeld bewegt sich die Kerninflation auf einer Höhe von 1 %.
Auftrag der amerikanischen Notenbank ist es aber, die Preise stabil zu
halten, sodass diese mit einem vertretbaren Wachstum vereinbar sind. In
diesem Zusammenhang scheint die Notenbank entschlossen, ein zweites,
erwartetermaßen sehr dynamisches Programm der unkonventionellen Geld-
politik einzuführen, bei dem Staats- und Hypothekenanleihen im Markt
aufgekauft werden sollen. Ziel dieser Schöpfung von US-Dollar "aus dem
Nichts" ist es, den Greenback abzuwerten, die Inflation auf importierte
Güter wieder anzukurbeln und die Exporte zu stützen, wobei die
Aufwertung aller Aktiva stabilisiert wird und der daraus entstehende
Wohlstandseffekt die amerikanischen Haushalte zu mehr Konsum ermutigen
soll.
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Die Dollarschwäche führt zu einem "Währungskrieg" in der restlichen Welt
Wie in den Vereinigten Staaten wird auch in Japan wieder die Waffe der
Wechselkurse eingesetzt, unterstützt durch die Rückkehr zu einer Nullzins-
politik und zu Maßnahmen, um der Verschuldung der Privathaushalte beizukommen.
Dieses implizite Bündnis zwischen Japan und Amerika ist teilweise gegen China
gerichtet. Dort stellt die als zu langsam angesehene Aufwertung der Währung
den Beginn eines neuen "Weltkriegs der Währungen" dar, dem aus Sorge vor den
Auswirkungen der Aufwertung ihrer Währung, die durch beträchtliche Liquiditäts-
spritzen amerikanischer und japanischer Investoren ausgelöst wurde, bereits
Korea, Brasilien und Australien beigetreten sind. Angesichts der Dollarschwäche
hat der Rest der Welt daher die Möglichkeit, entweder die Aufwertung ihres
Wechselkurses zu akzeptieren - die europäische Wahl - oder die im Umlauf
befindlichen Zahlungsmittel selbst zu erhöhen und so - wohl oder übel - ihr
Geschäftsklima und den Inflationsdruck im Inland anzukurbeln.
Die Währungen der Schwellenländer werden insgesamt gut abschneiden
Das Anziehen der Zinsschraube in China, Indien und Brasilien zur Bekämpfung des
Überhitzungsrisikos, dem ihre Volkswirtschaften ausgesetzt waren, hat im
Wesentlichen ihr Ziel erreicht, sodass die Preise sich bei diesen drei Lokomotiven
der aufstrebenden Länder beruhigt haben. Würden sie eine restriktive Geldpolitik
verfolgen wollen, hätten die Zentralbanken der Schwellenländer angesichts der
Dollarschwäche ihre liebe Mühe. Vor diesem Hintergrund werden die Schwellenländer-
Währungen gut abschneiden, da der Kapitalaufbau auf der Suche nach Renditen ihre
Attraktivität steigert. Dies ist ein wichtiger positiver Faktor, der für die
aufstrebenden Länder ein Anreiz sein kann, ihren Binnenkonsum zu verstärken und
die globale wirtschaftliche Neuausrichtung zu erleichtern.
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Solange die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands nicht infrage gestellt wird,
kann der zunehmende Druck auf den Euro weiter andauern
Im aktuellen Kontext dürfte der zunehmende Druck auf den Euro anhalten, zumindest
solange die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands nicht infrage gestellt wird; es sei
denn, es kommt zu einem sehr unwahrscheinlichen Umschwung seitens der amerikanischen
Notenbank oder zu einem radikalen Kurswechsel der Politik der europäischen
Zentralbank. Sofern unsere Erwartung, dass die Bonität der schwächsten Länder
der Eurozone weiter herabgesetzt wird, sich als richtig herausgestellt habt, wurde
sie von der Veröffentlichung des offiziellen Berichts über die wirtschaftliche
Verfassung Deutschlands, der auf eine Beschleunigung ihres Wachstums (im 3. Quartal
3,5 % erwartet und die höchste Beschäftigung seit 20 Jahren) hinweist, sowie von
der Bestätigung, dass eine wichtige Finanzspritze ("quantitative Lockerung")
sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Japan kurz bevorsteht, vollkommen
in den Schatten gestellt. In einem Umfeld, in dem die Aussichten auf einen
spürbaren Anstieg der globalen Liquidität die Anleger im Hinblick auf die
Kreditqualität weniger anspruchsvoll machen und den Zugang der Peripherieländer
zum Markt für die Refinanzierung ihrer Schulden erleichtern, werden die
deflationären Spannungen in Europa scheinbar in den Hintergrund gedrängt.
Die Eurozone ist nach wie vor in einer prekären Lage
Die Eurozone bleibt aufgrund der Phasenverschiebung der Konjunkturzyklen der
verschiedenen zur Eurozone gehörenden Länder hin- und hergerissen zwischen
einem Deutschland, das umfassend von der Erholung der Weltwirtschaft profitiert,
und den südlichen Ländern, die eine geldpolitische Unterstützung "nach dem
Vorbild Amerikas" benötigen. Vor diesem Hintergrund hat die europäische
Zentralbank scheinbar ihr Lager gewählt: das von Deutschland und der Tugend
der Haushalts- und Geldpolitik. In diesem Sinne hält sich die EZB strikt an
ihren Auftrag, sich ausschließlich auf die Bekämpfung der Inflation zu
konzentrieren. Diese Situation könnte den Deflationsdruck in der Eurozone
verstärken und die Situation der Exportländer, die am wenigsten in der Lage
sind, die Teuerung des Euro aufgrund von Produktivitätsgewinnen auszugleichen,
noch schwieriger machen. Frankreich, Italien und Spanien, die bisher von den
Märkten verschont wurden, könnten in die Gruppe der risikoreichen Länder
abgleiten, wo die Umsetzung mutiger Sparmaßnahmen nur mit Mühe die staatlichen
Haushaltsdefizite abzubauen vermag: Härte und Deflationsdruck vertragen sich
nicht. So besteht für Portugal und Irland das Risiko, auf den IWF zurückgreifen
zu müssen, wie vor ihnen bereits Griechenland.
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Die Wachstumsdivergenz zwischen den USA, Europa und den Schwellenländern
zeigt sich bestätigt
Angesichts dieses "Währungskrieges" ist es für uns besonders wichtig, dass die
unbändige Lust Amerikas in Bezug auf den Monetarismus unsere Strategie nicht in
Frage stellt, ganz im Gegenteil. Sie gleicht die Wachstumsdivergenzen zwischen
unseren drei wichtigsten Anlageuniversen aus: die Aktivitäten in Europa, die
zeitweilig von der auffallenden deutschen Stabilität getragen wurden, werden
unter dem Gewicht eines nachgebenden Wechselkurses an Schwung verlieren; die
Aktivitäten in Amerika, die durch die Last des Schuldenabbaus geschwächt wurden,
werden wieder zulegen, während im Anlageuniversum der Schwellenländer, das nicht
stimuliert werden musste, die Aktivitäten nur durch die Grenzen ihrer verfüg-
baren Kapazitäten eingeschränkt sehen.
Quelle: Investmentfonds.de
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