Investmentfonds.de
08.08.2011:
AXA Investment Managers: Haushaltskompromiss nur ein Zeitgewinn
Eric CHANEY
Köln, den 08.08.2011 (Investmentfonds.de) - Ein Kompromiss nach dem Geschmack
der Republikaner
Präsident und Kongress haben sich darauf verständigt, die Schuldengrenze um min-
destens 2,1 Bio. US-Dollar anzuheben. Das Thema muss also erst nach den Präsident-
schaftswahlen im November 2012 wieder auf die Tagesordnung. Neben der Anhebung
der Schuldengrenze sieht der Kompromiss Einsparungen von 917 Mrd. US-Dollar vor,
und zwar schrittweise über die nächsten zehn Jahre. Außerdem soll eine über-
parteiliche Kommission des Kongresses bis zum Jahresende ein zusätzliches
Konsolidierungspotential von 1,5 Bio. US-Dollar ausfindig machen – durch weitere
Kürzungen oder durch Steuererhöhungen.
Ein solcher Versuch ist aber schon einmal gescheitert. Weil die Ausschussmitglieder
keinen Kompromiss fanden, lehnte der Kongress die Beratungsergebnisse ab. Wenn
sich der Ausschuss auch diesmal nicht einigt oder der Kongress seine Empfehlungen
ablehnt, sollen sowohl bei den Lieblingsprogrammen der Demokraten als auch bei
denen der Republikaner zusätzliche 1,2 Bio. US-Dollar eingespart werden. Diese
Drohung soll die Chancen auf eine Einigung erhöhen.
Der Haushaltskompromiss enthält auch eine Menge Symbolpolitik. Zukünftige Anhe-
bungen der Schuldengrenze können zwar vom Kongress missbilligt werden, aber der
Präsident kann ihn mit seinem Veto überstimmen. Außerdem soll noch vor dem Jahres-
ende über einen Verfassungsnachtrag abgestimmt werden, der einen ausgeglichenen
Haushalt fordert. Verabschiedet werden kann er aber nur mit einer Zweidrittel-
mehrheit im Kongress, zu der es nicht kommen wird. All dies hat keinerlei
ökonomische Relevanz. Die konservativen Fiskalpolitiker können aber dennoch
behaupten, alles für eine Begrenzung der Staatsausgaben getan zu haben.
Das Verhandlungsergebnis kommt den ursprünglichen Forderungen der Republikaner
sehr nahe, denn anders als von Obama gefordert verzichtet es auf Steuererhöhungen.
Das Beharrungsvermögen der Tea Party hat sich offensichtlich ausgezahlt. Wahr-
scheinlich wird sie auch in Zukunft ähnlich taktieren – etwa wenn demnächst über
die Zukunft der staatlichen Agencys zu entscheiden ist.
Nur wenig gesamtwirtschaftliche Auswirkungen
Die Anhebung der Schuldengrenze verhindert, dass die US-Regierung ihren
Zahlungsverpflichtungen auf kurze Sicht nur noch eingeschränkt nachkommen kann.
Extremrisiken verschwinden, was zunächst einmal gut ist. Die gesamtwirtschaftlichen
Auswirkungen der über 2 Bio. US-Dollar Kürzungen sind hingegen weniger klar. Viel
hängt vom Tempo der Konsolidierung ab, aber auch davon, welche Haushaltstitel
betroffen sind. Die Empfehlungen der Kommission werden für mehr Klarheit sorgen.
Allerdings wissen wir noch nicht einmal, wo die ersten 917 Mrd. Dollar eingespart
werden. Abbildung 1 zeigt zumindest den zeitlichen Verlauf.
Unter der sehr allgemeinen Annahme, dass die Haushaltskommission zusätzliche
Kürzungen des Staatsverbrauchs empfiehlt, könnte das Spargesetz das US-Wachstum
in den kommenden zehn Jahren um etwa 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte jährlich verringern.
Hinzu kommt, dass in den kommenden 18 Monaten die Konjunkturprogramme von 2009
und die Senkung der Lohnsummensteuer (seit diesem Jahr) auslaufen. Außerdem geben
sowohl die Regierungen der Einzelstaaten als auch die Städte weniger Geld aus.
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Weitere Konsolidierung nötig
Der Haushaltskompromiss wird die amerikanische Gesamtverschuldung in den nächsten
zehn Jahren um maximal 2,4 Bio. US-Dollar senken. Nötig ist aber eine weitere
Konsolidierung. Im April prognostizierte das Congressional Budget Office jährliche
Haushaltsdefizite von fast 5% des BIP, die sich in den kommenden zehn Jahren auf
9,5 Bio. US-Dollar addieren. Dadurch würde die Schuldenstandsquote (nur Bundes-
regierung) von 70% im Jahr 2011 auf fast 90% zu Beginn des nächsten Jahrzehnts
steigen. Die gesamtstaatliche Schuldenstandsquote (einschließlich Bundesstaaten
und Kommunen) würde dann mehr als 100% betragen. Und in den Jahren danach würde
die alternde Bevölkerung die Gesundheitskosten in einer Weise steigen lassen,
die ohne Reform vollkommen unhaltbar wäre.
Es wird nicht leicht sein, den für eine langfristige Stabilisierung der amerika-
nischen Staatsfinanzen nötigen Kompromiss zu finden. Die USA müssen entweder die
Steuern drastisch erhöhen oder die Gesundheits- und Sozialversicherungsausgaben
substanziell senken. Sie machen zusammen etwa 40% der Ausgaben der Bundesregierung
aus. Die Republikaner lehnen Steuererhöhungen vehement ab, und die Demokraten
sind massive Anhänger der Sozialprogramme.
Eine Herabstufung bleibt möglich, aber die Agenturen dürften zwei Mal nachdenken
Kurzfristig dürfte der Kompromiss eine Herabstufung des US-Länderratings ver-
hindern. Wegen des Risikos eines politischen Patts in den nächsten Jahren und der
strukturellen Haushaltsprobleme könnten die Marktteilnehmer am Ende aber doch mit
einer Herabstufung rechnen. Wir bleiben allerdings skeptisch: Nach wie vor sind
amerikanische Staatsanleihen die sichersten und liquidesten Anlagen für Großin-
vestoren wie US-Pensionsfonds, ausländische Notenbanken und große Staatsfonds.
Da amerikanische Treasurys einfach alternativlos sind, wäre die logische Konse-
quenz einer Herabstufung des US-Länderratings eine Kettenreaktion. Dann gerieten
auch andere Länder- und Unternehmensratings unter Druck. Die ursprüngliche
Herabstufung der USA würde dann belanglos. Daher glauben wir, dass die Rating-
agenturen zwei Mal nachdenken. Sollte es dennoch zu einer Herabstufung kommen,
würde das die Finanzmärkte kurzfristig wohl verunsichern. Die langfristigen
Auswirkungen hielten sich aber in Grenzen.
Mark ALLAN und Eric CHANEY
Quelle: Investmentfonds.de
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