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25.09.2012:
Börsen-Zeitung: Juristische Klärung, Kommentar zur Rechtmäßigkeit von Staatsanleihekäufen der Europäischen Zetralbank (EZB), von Stephan Lorz.
Frankfurt (ots) - Die nächste Runde im Streit um die
Staatsanleihekäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) ist
eingeläutet. Bundesbank und EZB, die beiden maßgeblichen
Kontrahenten, prüften derzeit die rechtlichen Grundlagen für ihre
jeweils entgegengesetzte Argumentation, heißt es. Sie müssen
gewappnet sein, wenn das Bundesverfassungsgericht wie angekündigt die
Rechtmäßigkeit der Anleihekäufe abklopft und hierzu zum Jahresende
noch zu einer mündlichen Verhandlung lädt. Außerdem dürfte auch der
Europäische Gerichtshof (EuGH) über die diesbezügliche Auslegung der
Europaverträge urteilen.
Nach Ansicht von EZB-Chef Mario Draghi ist die Kaufankündigung
nötig gewesen, um die Märkte zu beruhigen, die Gefahr eines Zerfalls
der Eurozone zu bannen und Störungen bei der Übertragung der
Geldpolitik in die Realwirtschaft zu überwinden. Nach Auffassung von
Kritikern wie Bundesbankchef Jens Weidmann geht dieser Schritt indes
weit über das Mandat der EZB hinaus, verletzt das Verbot der
Staatsfinanzierung, schafft selber neue Risiken und untergräbt
letztlich das Vertrauen in die Notenbank.
Tatsächlich wird mit den möglichen Anleihekäufen das Zinsniveau
für die Krisenstaaten gesenkt, was ihnen die Verschuldung erleichtert
und den Druck zur Konsolidierung nimmt. Und ob die von Draghi für die
Anleihekäufe zur Voraussetzung gemachten strengen Auflagen
tatsächlich eingehalten werden und Zuwiderhandlungen zu einem Stopp
der EZB-Käufe führen, ist wegen der dann zu erwartenden massiven
Marktreaktionen eher fraglich. Die EZB begibt sich jedenfalls in die
Hände der Politik - und opfert damit gerade jenes Gut, das sie
vorgibt durch ihre aktuelle Politik zu verteidigen: ihre
Unabhängigkeit.
Befürworter und Kritiker der Staatsanleihekäufe stehen sich wegen
der grundlegenden Bedeutung dieser Frage unversöhnlich gegenüber.
Dass sich die EZB in einer rechtlichen Grauzone bewegt, ist ihr wohl
selbst klar. Die Argumentation von der Störung des geldpolitischen
Kanals ist eine Einschätzungssache - aber auch der Gegenbeweis lässt
sich nicht antreten. Insofern ist es zu begrüßen, wenn zumindest die
juristische Prüfung auf eine klare Entscheidung hinausläuft. Man mag
die Urteile aus Karlsruhe oder Luxemburg dann kritisieren, muss aber
mit ihnen leben. Die Frage über den richtigen Weg aus der Euro-Krise
landet dann wieder dort, wo sie hingehört: im politischen Raum.
Befürworter und Kritiker der Anleihekäufe müssen Mehrheiten für ihre
Positionen finden. So funktioniert Demokratie.
(Börsen-Zeitung, 26.9.2012)
Originaltext: Börsen-Zeitung
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