Investmentfonds.de
08.10.2012:
Sarasin: Wann kommt die Konjunkturwende?
Köln, den 08.10.2012 (Investmentfonds.de) -
Die Entscheide der europäischen und amerikanischen Notenbanken haben die
Märkte stabilisiert, dennoch bleiben viele Unsicherheiten hinsichtlich des
Konjunkturverlaufs. Der neuste Global View aus der Research-Abteilung der
Bank Sarasin erwartet für das vierte Quartal 2012 weitere, weitreichende
politische Maßnahmen. Nach der Spätsommer-Rally zeigen Aktien nur noch
limitiertes Potenzial und es ist mit einer Korrektur zu rechnen. Die Renditen
von Staatsanleihen dürften seitwärts tendieren und erst mit einem globalen
Aufschwung im 1Q13 merklich steigen. Die zusätzliche Dollar-Liquidität sollte
den Greenback im vierten Quartal abschwächen. Unternehmensanleihen bleiben
weiter attraktiv.
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Die Ankündigungen der Zentralbanken haben die Wirtschaftsstimmung auf tiefem
Niveau stabilisieren können. Um jedoch einen Aufschwung einzuleiten, bedarf
es weitreichender politischer Maßnahmen, die womöglich durch erneute Finanz-
marktturbulenzen im vierten Quartal 2012 erzwungen werden müssen. Die
Unsicherheit über den weiteren Konjunkturverlauf dürfte aus diesen Gründen
mindestens bis Ende Jahr anhalten. Längerfristig sollten sich Anleger statt
auf eine Hyperinflation oder einen globalen Schuldenschnitt auf die
"Finanzielle Repression" einstellen. Diese zielt darauf ab, den Schuldenstand
über die Zeit zu reduzieren, indem die Zinsen unter dem Nominalwachstum
gehalten werden. Der Nebeneffekt ist jedoch, dass ein schleichender Transfer
von Gläubigern zu Schuldnern, von Sparern zu Hypothekarnehmern und von
zukünftigen zu heutigen Pensionären erfolgt.
Dr. Jan Amrit Poser, Leiter Research und Chefökonom der Bank Sarasin
"Makroökonomisch und politisch betrachtet steht kein einfaches Quartal bevor.
Wir denken, dass die Entscheidungsträger in den großen Wirtschaftsmächten zu
weitreichenden Maßnahmen gezwungen sein werden, um einen neuen Aufschwung
einzuleiten. Der Schuldenabbau und die Notwendigkeit zu sparen, lassen kaum
starke Wachstumsphantasien zu."
Philipp E. Bärtschi, Chefstratege der Bank Sarasin
"Wir erwarten, dass die Gewinnschätzungen für 2013 auch im vierten Quartal
weiter nach unten revidiert werden. Viele Firmen müssen wohl ihre Prognosen
mit dem nächsten Quartalsbericht zurücknehmen, da die globale Konjunktur
nicht so schnell an Fahrt gewinnen wird, wie von den Zentralbanken erhofft."
Konjunktur im Banne der Zentralbanken
Das dritte Quartal 2012 war geprägt durch die Beschlüsse der EZB und des
US-Fed. Während in Euroland die Zugeständnisse der EZB dank des neuen
Anleihenkaufprogramms die Furcht vor einem Auseinanderbrechen der Währungs-
union etwas eingedämmt haben, waren beim Fed-Entscheid die hohen Arbeits-
losenquoten der Auslöser für ein weiteres Quantitative Easing (QE) Paket.
Obwohl die US-Notenbank den Wirtschaftsausblick nicht schlechter beurteilte
als noch im Juni, lancierte sie ein drittes QE. Im Gegensatz zu früheren
QE-Paketen gilt für QE3 nun keine Obergrenze, wie viele Anleihen gesamthaft
gekauft werden. Trotzdem sieht es in den USA wenig rosig aus. Wenn nämlich
an der gegenwärtigen Politik nichts geändert wird, kommt es im nächsten
Fiskaljahr automatisch zu Steuererhöhungen und Ausgabensenkungen in Höhe
von USD 607 Milliarden. Dieses "fiskalische Kliff" würde einen Wachstums-
dämpfer von -5% vom BIP auslösen. Die globale Wachstumsabschwächung macht
auch vor dem "Reich der Mitte" nicht halt. Die offiziellen BIP-Daten wiesen
zwar im zweiten Quartal 2012 eine weiche Landung oberhalb des Wachstumsziels
der Regierung von 7.5% aus. Doch die Elektrizitätsproduktion deutet eher
auf ein BIP-Wachstum von knapp 5% hin.
Aufwärtspotenzial für Aktien ausgeschöpft
Das beherzte Eingreifen der Zentralbanken hat eine Rallye an den Aktienmärkten
ausgelöst. Doch der jüngste Anstieg hat bereits einiges an guten Nachrichten
vorweggenommen. Unter der Annahme, dass es aus Bewertungssicht kaum mehr Auf-
wärtspotenzial gibt, hängt die weitere Entwicklung der Aktienmärkte stark von
den Unternehmensgewinnen ab. Es ist zu erwarten, dass die Gewinnschätzungen
für 2013 auch im vierten Quartal weiter nach unten revidiert werden, da die
globale Konjunktur nicht so schnell, wie von den Zentralbanken erhofft, an
Fahrt gewinnen wird. Somit ist auch in Bezug auf die Regionen eine defensive
Positionierung angezeigt. Bei den Schwellenländern ist Vorsicht geboten und
es sind eher die defensiven Märkte in Europa zu bevorzugen. Für US-Aktien
spricht die hohe Nachfrage, jedoch beinhalten die Unternehmensgewinne in den
USA das größte negative Überraschungspotenzial. Mittelfristig sind Sektoren
mit hoher Verschuldung, starken Cashflows und stabilen Dividendenrenditen zu
favorisieren. Dabei zählen die Sektoren Immobilien, Verbrauchsgüter und
Gesundheit wohl zu den größten Gewinnern. Bis zum Ende des Jahres ist jedoch
mit tieferen Aktienkursen zu rechnen. Erst mit dem Aufschwung im 2013 wird
das Umfeld wieder freundlicher werden.
Positive Zeichen für Anleihen
Die Ankündigung der EZB wurde vom Kapitalmarkt euphorisch aufgenommen und
hat zu einem starken Rückgang der spanischen und italienischen Renditen
geführt. Trotz der Bereitschaft der EZB zu intervenieren, rechnen wir nicht
mit einem Ausverkauf der "sicheren Häfen" Europas. Die Renditen von Schweizer
und deutschen Staatsanleihen werden im 4Q12 nicht weiter ansteigen, sondern
mehrheitlich seitwärts tendieren. Erst ab dem Jahr 2013, wenn zu der geld-
politischen Lockerung des Fed auch noch eine Aufhellung der globalen Konjunktur
hinzukommt, ist ein deutlicher Aufwärtstrend in den Renditen zu erwarten.
Ein Anstieg der Renditen im Jahr 2013 wird aber nicht den Beginn eines
Bärenmarktes für Staatsanleihen markieren. Denn Zentralbanken und Regierungen
werden in den nächsten Jahren versuchen, die Renditen künstlich tief zu halten,
um den Schuldenabbau zu erleichtern. Dagegen bleiben Unternehmensanleihen
auch im vierten Quartal attraktiv. In Euroland liegt der Fokus auf den
Kernländern. Für die Peripherie ist mit Rückschlägen zu rechnen, da die
Zentralbank-getriebene Rallye bald auslaufen dürfte.
Dollar im Abwind
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Das US-Fed hat mit einer dritten Runde der quantitativen Lockerung (QE3)
begonnen und stellt damit die Weichen für die zukünftige Dollarentwicklung.
Die zusätzliche Dollarliquidität wird den Greenback dämpfen. Am meisten von
der expansiven Geldpolitik in den USA dürften hochverzinsliche Währungen wie
zum Beispiel die schwedische Krone und der australische Dollar profitieren.
Aber nicht nur QE3 hat dem EUR-USD-Wechselkurs Aufwind verliehen. Mit der
Ankündigung der EZB hat sich die Gefahr eines Staatsbankrotts von Spanien
oder Italien drastisch reduziert. Dank den Maßnahmen des US-Fed und der EZB
kann die SNB vorerst aufatmen. Nachdem sie in den Vormonaten jeweils bis zu
60 Milliarden Devisen pro Monat kaufen musste, um die Euro-Untergrenze von
1.20 zu verteidigen, stieg der Euro-Franken-Wechselkurs im September ohne
Zutun der Nationalbank über die Untergrenze. Doch noch immer ist die
Schweizer Valuta stark überbewertet. Gemäß bankinternen Berechnungen liegt
der faire, aufgrund der Kaufkraftparität berechnete Wert des Euro-Franken-
Wechselkurses bei 1.32 gegenüber dem Euro. Bis Jahresende wird sich der
Euro-Franken-Kurs kaum von der Untergrenze der SNB lösen können.
Quelle: Investmentfonds.de
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