Investmentfonds.de
27.09.2017:
SafraSarasin: Durations-Knappheit bleibt weiterhin bestehen
Köln, den 27.09.2017 (Investmentfonds.de) -
Karsten Junius, Chefvolkswirt bei der Bank J. Safra Sarasin AG
Florian Weber, Fixed Income Stratege bei der Bank J. Safra Sarasin AG
Karsten Junius, Chefvolkswirt, und Florian Weber, Fixed Income Stratege,
Bank J. Safra Sarasin AG, analysieren in Ihrer aktuellen Finanzmarktkolumne
die Auswirkungen der derzeitigen Notenbankpolitik:
Letzte Woche hat die US-Fed einen wichtigen ersten Schritt unternommen,
um ihre Bilanz zu reduzieren.
Wir argumentieren, dass die bisherigen und aktuellen QE-Programme der G4-
Zentralbanken ein wichtiger Faktor waren, um die Renditen der Renditen seit
der Finanzkrise zu senken, da sie die Bereitstellung von langfristigen,
sicheren Vermögenswerten, die für Privatanleger zur Verfügung stehen,
reduziert haben. Trotz der Fed-Entscheidung wird das Angebot an diesen
Anleihen bis Ende 2018 knapp bleiben.
Normalerweise steigt die Verfügbarkeit von Staatsanleihen in konjunk-
turellen Abschwüngen, da höhere Finanzdefizite finanziert werden müssen.
Mit der stärkeren Nutzung von quantitativer Lockerung als geldpolitisches
Instrument wird ein grösserer Teil des Anleiheangebots von Zentralbanken
gekauft. A priori ist der Nettoeffekt auf die Verfügbarkeit von Anleihen
nicht klar. Daher haben wir die Summe der G4-Staatsanleihen (USA,
Grossbritannien, EWU, Japan) und die kumulierten G4-Zentralbankanleihe-
käufe zusammengefasst. Um 2009 gab es eine starke Zunahme der Brutto-
Anleihe-Emissionen, als die Haushaltsdefizite besonders hoch waren. Die
Anleihen, die von Zentralbanken gehalten wurden, stiegen allmählich an.
Insgesamt haben G4-Zentralbanken Staatsanleihen in Höhe von USD 6'500 Mia.
gekauft, während die Staaten einen zusätzlichen Nettobetrag von
USD 11'000 Mia. ausgegeben haben. Damit erhöhte sich das gesamte
Nettoangebot.
Man könnte sogar argumentieren, dass die QE-Programme der Zentralbanken
lediglich einen sicheren Vermögenswert (Staatsanleihen) gegen einen anderen
(Zentralbankreserveguthaben) ausgetauscht haben, sodass die Gesamtversorgung
der sicheren Vermögenswerte, in die der Privatsektor investieren kann, sich
überhaupt nicht geändert hat. Dies ist nur z.T. korrekt: Die Duration der
Reserve-Salden ist viel niedriger als die der Staatsanleihen. Für Anleger
wie Lebensversicherungsgesellschaften beispielsweise, die die Laufzeit ihrer
Vermögenswerte und ihrer Verbindlichkeiten ähnlich lang halten wollen, sind
Reservesalden kein äquivalenter Ersatz. Deshalb haben wir die dem Markt zur
Verfügung stehen Duration berechnet. Wir normieren dies auf US-Dollar. Wir
berechnen damit die Duration der ausstehenden Anleihen, von denen wir die
Duration aller QE-Einkäufe subtrahieren. Dies berücksichtigt, dass die auf
dem Markt frei verfügbare Duration auch dann betroffen ist, wenn die Zentral-
banken die Laufzeit ihres Vermögens verändern. Zum Beispiel hat die Fed dies
durch «Operation Twist» in den Jahren 2011/12 getan, wo sie langlaufende
Anleihen erworben und kurzfristige Anleihen verkauft hat, um die Laufzeit-
prämien im Rentenmarkt zu reduzieren. Wir geben die im Markt verfügbare
Duration in Prozent der gesamtausstehenden Anleiheduration an. Die für den
Markt verfügbare Duration ging seit 2008 allmählich, aber stetig zurück.
Derzeit steht Investoren nur 2/3 der Gesamt-Duration zur Verfügung.
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Dies ging weitgehend Hand in Hand mit dem Trend eines sinkenden Durchschnitts
der langfristigen G4-Anleiherenditen einher. Daher schlussfolgern wir, dass
die Zentralbankkäufe zu einer Knappheit der verfügbaren Duration und fallenden
Anleiherenditen führte. Allerdings kann die Durations-Knappheit nur den Trend
zu niedrigeren Anleiherenditen erklären, nicht aber ihre monatlichen oder
vierteljährlichen Schwankungen. Wir betrachten dies als Hinweis auf die
Bedeutung von Ankündigungs- oder Signaleffekten, wenn Zentralbanken ihre
QE-Programme sowie andere geldpolitische Entscheidungen bekannt geben.
Unsere Erkenntnisse stehen auch nicht im Widerspruch zu der Beobachtung,
dass die Anleiherenditen zuweilen in den USA bei Neuauflage eines QE-Programms
anstiegen. Das steigende Vertrauen in die konjunkturelle Erholung kann leicht
die zunehmenden nationalen Anleiherenditen um diese Daten erklären, wie auch
andere Faktoren, die die Nachfrage nach Anleihen beeinflusst haben (beachten
Sie, dass wir die Nachfragefaktoren in diesem Beitrag vollständig ignorieren.)
Wichtiger ist die Beobachtung, dass es einen globalen Trend sowohl in der
verfügbaren Duration als auch bei den durchschnittlichen G4-Anleiherenditen
gab, was auch erklären könnte, warum der Renditeanstieg von US-Staatsanleihen
im Jahr 2013 nicht nachhaltig war.
Die Fed hat kleine Schritte zur Bilanzrückführung angekündigt, während wir
erwarten, dass die EZB ihre zusätzlichen Käufe im nächsten Jahr beenden wird.
Die BoE hat dies bereits getan. Nur bei der BoJ erwarten wir keine Kursänderung.
Die verfügbare Duration dürfte bis Ende 2017 noch leicht sinken und im Jahr
2018 auf diesem Niveau stabil bleiben. Dies spricht nicht unbedingt gegen
höhere Anleiherenditen. Allerdings deutet es darauf hin, dass ein deutlicherer
Anstieg erst dann wahrscheinlich wird, wenn die am Markt frei erhältliche
Duration ebenfalls wieder ansteigt.
Quelle: Investmentfonds.de
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