Investmentfonds.de
23.01.2019:
Kommentar von Franck Dixmier im Vorfeld der EZB-Sitzung am 24. Januar 2019
Köln, den 23.01.2019 (Investmentfonds.de) -
Franck Dixmier, Global Head of Fixed Income bei AllianzGI
Konjunkturabschwächung erschwert die geplante Normalisierung der EZB-Geldpolitik
Die allmähliche Normalisierung der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank
(EZB) wird sich voraussichtlich fortsetzen, die Konjunkturabschwächung in der
Eurozone dürfte aber Zinserhöhungsschritte hinauszögern. Das Zeitfenster hierfür
schließt sich.
Das Wichtigste in Kürze:
- Während ihrer Sitzung am 24. Januar dürfte die EZB die Konjunkturabschwächung
in den vier größten Volkswirtschaften der Eurozone zu Jahresende 2018 zur
Kenntnis nehmen
- Um eine starke Verschlechterung der finanziellen Bedingungen zu vermeiden,
sollte die EZB offiziell auf die Möglichkeit gezielter Liquiditätsmaßnahmen
für die Banken verweisen
- Vor dem Hintergrund der Konjunkturabschwächung und einer möglichen Pause bei
den Zinserhöhungen der Fed wird die Normalisierung der EZB-Geldpolitik
schwieriger.
Die jüngsten wirtschaftlichen Entwicklungen in der Eurozone erschweren es der
EZB, die schrittweise Normalisierung ihrer Geldpolitik fortzusetzen. Aus den
vier größten Volkswirtschaften der Region - Deutschland, Frankreich, Italien und
Spanien - kommen Anzeichen einer konjunkturellen Verlangsamung. Zwar hat jedes
Land mit eigenen Schwierigkeiten zu kämpfen, alle vier verzeichnen jedoch einen
synchronen Rückgang wichtiger Wirtschaftsindikatoren, einschließlich der
Einkaufsmanagerindizes (PMI). Hinzu kommt, dass die Kerninflation - ein für die
geldpolitischen Entscheidungen der EZB wichtiger Indikator - bei rund 1 Prozent
stagniert. Dies liegt deutlich unter dem Ziel der Zentralbank einer Teuerungsrate
von knapp unter 2 Prozent.
Die EZB wird diese Entwicklungen zur Kenntnis nehmen. Zwar steht für die Sitzung
am 24. Januar keine Aktualisierung der Konjunkturprognosen auf der Agenda - dies
ist erst für März geplant. Dennoch dürfte EZB-Präsident Mario Draghi in der
Pressekonferenz darauf verweisen, dass die im Dezember noch als vorübergehend
angesehene Wachstumsabschwächung in der Eurozone wahrscheinlich länger andauern
wird als erwartet. Gleichwohl wird er sich vermutlich weiter zuversichtlich
äußern, dass eine Rezession vermieden werden kann. Diese Ansicht hatte er
unlängst in seiner Rede vor dem Europäischen Parlament bekräftigt.
Ohne Zweifel würde die EZB handeln, um eine stärkere Verschlechterung der
finanziellen Bedingungen zu vermeiden. So könnte die Zentralbank die Möglichkeit
neuer Liquiditätsprogramme für 2020 in den Raum stellen, also über den Ende 2018
angekündigten Horizont der Reinvestitionen und über den Zeitpunkt einer ersten
Zinserhöhung hinaus. Damit würden die Befürchtungen vor einem Austrocknen der
Märkte gemindert, insbesondere im Hinblick auf die angestrebten Rückzahlungen
von langfristigen Refinanzierungsgeschäften (TLTROs). Durch die Aufrechterhaltung
ihrer sehr großen Bilanz (42 Prozent der Wirtschaftsleistung der Eurozone) bleibt
die EZB trotz der Einstellung ihre Anleihekäufe in der Lage, eine akkommodierende
Politik zu verfolgen.
Aber wird die EZB in naher Zukunft in der Lage sein, die Zinsen zu erhöhen? Die
Finanzmärkte sehen dies skeptisch und erwarten eine erste Leitzinserhöhung erst
in der zweiten Jahreshälfte 2020. Das Zeitfenster schließt sich somit: Auf der
einen Seite dürfte es der Bank schwerfallen, die Zinszügel während einer
wirtschaftlichen Verlangsamung anzuziehen. Auf der könnte aber auch ein zu
langes Warten zu Gegenwind führen. Die Fed könnte nämlich unter Umständen ihre
Zinsen im Jahr 2020 wieder senken, was die Märkte seit kurzem einpreisen.
Letztlich erwarten wir nicht, dass die dieswöchige EZB-Sitzung viel an
Marktbewegungen auslösen wird. Im Wesentlichen sollte die Bank die
Markterwartungen bestätigen.
Quelle: Investmentfonds.de
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