Investmentfonds.de
18.03.2019:
Kommentar von Franck Dixmier zur Fed-Sitzung am 20. März 2019
Köln, den 18.03.2019 (Investmentfonds.de) -
Franck Dixmier, Global Head of Fixed Income bei AllianzGI
Inflationserwartungen stützen eine neutrale geldpolitische Ausrichtung - vorerst
Da die Fed ihre Ziele Vollbeschäftigung und Preisniveaustabilität weitgehend
erreicht hat, erwarten wir während der anstehenden Fed-Sitzung keine Leitzins-
änderung. Dies ist gut für die Rentenmärkte. Anleger sollten sich aber nicht in
Sicherheit wiegen. Wenn die Inflation steigt oder die mit Handelskonflikten und
dem Brexit verbundenen Risiken zurückgehen, können die Zinsen gegen Jahresende
noch einmal angehoben werden.
Die Fed-Sitzung vom 20. März dürfte wenig Überraschungen mit sich bringen.
Vielmehr erwarten wir, dass die US-Notenbank ihre neue, vorsichtige geldpolitische
Ausrichtung bestätigen wird. Fed-Chef Jerome Powell hat diesen Ansatz unlängst
während der populären TV-Nachrichtensendung "60 Minutes" eingehend erörtert.
Während des Interviews machte Powell deutlich, dass er die aktuelle Zinspolitik
angesichts des niedrigen US-Inflationsniveaus für angemessen hält und eine
Zinsanpassung nicht für dringlich erachtet.
Tatsächlich hat die US-Notenbank ihre Ziele Vollbeschäftigung und Preisstabilität
weitgehend erreicht:
* der Preisindex für die Konsumausgaben (PCE-Index) liegt aktuell bei 1,94%,
dessen Kernrate (Core PCE, der bevorzugte Indikator der Fed) bei 1,9% und der
Verbraucherpreisindex (CPI) bei 2,2%
* die Inflationserwartungen bleiben moderat, was durch die neu veröffentlichten
dreijährigen Inflationserwartungen der Haushalte bestätigt wird; diese sind von
3,0% auf 2,8% gesunken, der niedrigste Stand seit 18 Monaten
* die Inflationserwartungen, die in zweijährigen inflationsindexierten Anleihen
(Treasury Inflation-Protected Securities, TIPS) eingepreist sind, liegen bei
1,90% und damit unter dem Inflationsziel der Fed.
Insgesamt stützen diese Indikatoren voll und ganz eine Pause im Zinserhöhungskurs
der Fed, auch wenn die Löhne mit einem Plus von 3,4% gegenüber Vorjahr den
stärksten Anstieg seit 2009 aufweisen.
Seit geraumer Zeit bereits diskutiert die Fed jedoch eine neue Herangehensweise
an das Thema Inflation. Dabei könnte sie die Geldpolitik nach einer durchschnitt-
lichen Inflationsrate ausrichten und Zeiten tolerieren, in denen das 2%-Ziel
vorübergehend überschritten wird, um Zeiten zu kompensieren, in denen es
unterschritten wird. Eine derartige Strategieanpassung, die von Powell jedoch
noch nicht bestätigt wurde, würde es der Fed ermöglichen, flexibler und
pragmatischer zu handeln. Und sie würde vermutlich weniger Überraschungen für die
Märkte mit sich bringen. Sie entspräche auch dem Wunsch der Fed, weniger in
Zwänge einer "automatischen" Zinssteuerung zu geraten. Dies wiederum würde es ihr
erleichtern, gegebenenfalls "hinter der Kurve" zu bleiben - sprich: die Zinsen
nicht in einem Tempo anzuheben, das mit der Inflation Schritt hält.
Die bevorstehende Fed-Sitzung wird aber aus anderen Gründen interessant sein:
- die Notenbank wird die Prognosen der Fed-Mitglieder für Wachstum, Inflation
und kurzfristige Zinsen vorlegen
- die sogenannten "Fed Dots" - ein Diagramm der Leitzinserwartungen der
Fed-Mitglieder - werden Aufschluss über die geldpolitische Haltung der Zentralbanker
geben; wir gehen davon aus, dass diese bis 2021 nur ein bis zwei, aber nicht mehr
drei Zinserhöhungen andeuteten werden
- wir erwarten, dass die Fed in ihrer Stellungnahme nach der Sitzung wichtige
Risiken für die US-Wirtschaft hervorheben wird: Handelskonflikte mit China und
Europa sowie politische Risiken wie den Brexit
- der Abbau der Notenbankbilanz von aktuell 4 Billionen US-Dollar dürfte weiter
voranschreiten; dieser Prozess hat 2017 begonnen, nach einem Höchststand von 4,5
Billionen US-Dollar im Jahr 2015.
Bezüglich des letzten Punktes zeigt das Protokoll der Januarsitzung, dass die
Fed-Mitglieder einstimmig eine Aussetzung des sogenannten Quantitative
Tightening - also einer Bilanzverkürzung durch Wertpapierverkäufe - im Jahr 2019
befürworteten, um eine Verschärfung der monetären Bedingungen zu vermeiden.
Fed-Chef Powell hat dies im Februar in einer Rede vor dem Finanzausschuss des
US-Kongresses bestätigt. Hiermit dürfte es der Notenbank einfacher fallen, die
Liquiditätsreserven der Banken zu beeinflussen, um die kurzfristigen Zinsen in
einem vordefinierten Bereich zu halten. Was dies für die Zusammensetzung der
Bilanz bedeutet - insbesondere im Hinblick auf hypothekarisch besicherte
Wertpapiere und Restlaufzeiten - ist jedoch offen.
Anleger können von der Fed erwarten, dass sie die kurzfristigen Zinsen vorerst
auf dem aktuellen, neutralen Niveau hält. Diese stellen unserer Meinung nach einen
starken Anker für die US-Zinsstrukturkurve und die längerfristigen US-Zinsen dar.
Anleger sollten aber auch im Hinterkopf behalten, dass sich die Fed mittelfristig
alle Optionen offen- und die Wirtschaftsdaten weiter genau im Blick behält. Das
Wirtschaftswachstum bleibt nämlich robust und oberhalb der Potenzialrate, auch
wenn die jüngsten Daten aufgrund des "Government Shutdown" teilweise mit
Unsicherheiten behaftet sind. Jüngsten Veröffentlichungen zufolge lag der
Beschäftigungsanstieg im Dreimonatsmittel zuletzt bei 180.000. Diese Zahl mag
zwar einige Marktbeobachter enttäuscht haben, sie deutet aber auf einen
anhaltenden Lohnanstieg hin.
Quelle: Investmentfonds.de
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