Investmentfonds.de
19.03.2019:
LFDE Macroscope: Terminverschiebungen
Köln, den 19.03.2019 (Investmentfonds.de) -
Olivier de Berranger, Chief Investment Officer bei LFDE - La Financière de l'Echiquier
Das seit Wochen wahrscheinlichste Szenario, die Verschiebung des Brexits, scheint
nun ausgemachte Sache zu sein. In drei Abstimmungen kurz nacheinander verwarfen
die britischen Abgeordneten nochmals das zwischen Theresa May und der Europäischen
Union ausgehandelte Austrittsabkommen sowie die Option eines ungeregelten Brexits
und stimmten schließlich für einen späteren Austritt des Vereinigten Königreichs
aus der EU (und verwarfen zugleich die Option eines zweiten Referendums).
Genauer gesagt beschlossen die Parlamentarier eine Verschiebung bis zum 30. Juni
für den Fall der Billigung des Austrittsabkommens bis zum 20. März und eine
weitere Verschiebung vermutlich bis Jahresende im Falle einer neuerlichen
Ablehnung des Abkommens.
Selbstverständlich müssen die 27 EU-Mitgliedstaaten diesen Antrag auf Verlängerung
der Frist von Artikel 50 noch einstimmig annehmen. Die europäischen Amtsträger,
die bei einer Ablehnung des britischen Antrags kaum etwas gewinnen können, äußerten
sich jedoch wohlwollend zu diesem Szenario. Die Europäer werden bei einer
deutlichen Verschiebung aber ganz gewiss Bedingungen stellen. Dies würde den
Verhandlungsspielraum des Vereinigten Königreichs bei künftigen Gesprächen weiter
einengen.
Auch der Termin für ein Handelsabkommen zwischen den USA und China wurde
verschoben. Zwar gab sich der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer zu Beginn
der vergangenen Woche mit der Einschätzung, dass "der Abschluss der Verhandlungen
nur noch eine Frage von Wochen" sei, eher optimistisch, doch US-Präsident Donald
Trump und sein Finanzminister Steven Mnuchin zeigten sich weniger zuversichtlich.
Sie bekräftigten zwar, dass die Verhandlungen gute Fortschritte machten, konnten
jedoch kein Datum für ihren Abschluss nennen. Steven Mnuchin bestätigte zudem,
dass es im März kein neues Treffen zwischen Donald Trump und Xi Jinping geben wird.
Diese Verschiebung, im Gegensatz zu jener des Brexit-Termins, ist für die Anleger
nicht sehr positiv, da sie die Ungewissheit befeuert. Dennoch berichtete die
Presseagentur Neues China am Freitag, dass Steven Mnuchin und Robert Lighthizer
in einem Telefonat mit Liu He, dem chinesischen Vize-Premierminister,
"substanzielle Fortschritte" erzielt hätten. Dies konnte die Märkte beruhigen.
Aktien profitierten von diesen Nachrichten und erzielten abermals ein deutliches
Wochen-Plus. Allerdings waren die Konjunkturdaten insbesondere in den USA und
China durchwachsen. In den USA lagen die Einzelhandelsumsätze und die
Auftragszahlen für langlebige Wirtschaftsgüter im Januar über den Erwartungen,
aber der Empire Manufacturing (ein Frühindikator für das Geschäftsklima in der
Industrie im Staat New York), die Industrieproduktion und die Inflationszahlen
enttäuschten. So viele Gründe, die in den Augen der Anleger für die Beibehaltung
eines akkommodierenden Kurses durch die Fed sprechen. In China entsprachen die
Monatsindikatoren für Februar den Erwartungen, die Industrieproduktion hinkte
jedoch hinterher. Premierminister Li Keqiang beruhigte unterdessen die Anleger
mit dem Versprechen umfangreicher wachstumsfördernder Maßnahmen.
Die besten Nachrichten kamen vermutlich aus Europa, wo insbesondere die Industrie-
produktion die Erwartungen übertraf. Obwohl die Lage nach wie vor instabil ist,
herrscht das Gefühl vor, dass das Reservoir an bösen Überraschungen auf dem alten
Kontinent aufgebraucht ist und jede Verbesserung der Gesamtwirtschaft den Märkten
neuen Schub verleihen könnte. Dies gilt umso mehr, wenn der Brexit auf das
Jahresende verschoben wird.
Quelle: Investmentfonds.de
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