Investmentfonds.de
17.04.2019:
Principal Global Investors: Ende des goldenen Zeitalters für Aktien und Anleihen
Köln, den 17.04.2019 (Investmentfonds.de) -
Bob Baur, Chief Economist bei Principal Global Investors
Während sich momentan Anleger auf kurzfristige Themen wie Zentralbankkommentare,
Handelsgespräche und den Brexit konzentrieren, leiten grundlegende Wirtschaftskräfte
die bedeutendste Veränderung im Investmentumfeld seit zwei Generationen ein. Künftig
wird sich die Realwirtschaft besser entwickeln als Aktien und Anleihen. Nachlassende
Globalisierungseffekte, Populismus und zurückhaltende Zentralbanken befeuern den
Wandel. Dieser Auffassung ist Bob Baur, Chief Economist bei Principal Global Investors.
Die Dämmerung der Globalisierung und Aufstieg des Populismus
Aus Sicht des Ökonom führten die nachlassenden Effekte der Globalisierung zu
wettbewerbsfähigeren Arbeitsmärkten in den Industrieländern. Das Wirtschaftswachstum
variiere zwar stark in den wichtigsten entwickelten Märkten, dennoch gebe es in den
Vereinigten Staaten, im Vereinigten Königreich, der Eurozone und Japan ein
übergreifendes Thema: Angespannte Arbeitsmärkte und immer schnellere Lohnzuwächse.
In den USA liege die Arbeitslosenquote beispielsweise bei 4 Prozent. "Hier steigt vor
allem die Zahl der Arbeitnehmer im Haupterwerbsalter und auch ehemalige Arbeitnehmer
über 65 Jahren drängen zurück auf den Arbeitsmarkt. Darüber hinaus stieg der Lohn für
Arbeitnehmer in der Produktion und in nicht-leitenden Positionen um rund 3,6 Prozent
in den letzten zwölf Monaten bis Januar. Dies ist der stärkste Lohnanstieg seit 2009",
sagt Baur. Ebenso lägen robuste Lohnwachstumsdaten für das Vereinigte Königreich, die
Eurozone und Japan vor, wo die Arbeitslosenquote bei 4,0 Prozent, 7,9 Prozent
(niedrigster Wert seit einem Jahrzehnt) bzw. 2,5 Prozent stehe.
Diese Entwicklung resultiert aus der schwächer werdenden Globalisierung. "Bei der
Globalisierung ist es immer darum gegangen, geringverdienende und unterbeschäftigte
Arbeitskräfte in neu erschlossenen Schwellenländern, wie China und Indien, zu nutzen",
sagt Baur. Als die Handelsbarrieren in den 1990er und 2000er Jahren fielen, nutzten
globale Unternehmen die neu verfügbaren Arbeitskräfte, um günstiger produzieren zu
können. "Das hatte zur Folge, dass die globalen Gewinne in die Höhe schnellten.
Und:Die extrem niedrigen Löhne wurden zu einer starken Konkurrenz für die gut
bezahlten Arbeitnehmer aus der Mittelschicht der Industrieländer, da ihre Arbeitsplätze
ins Ausland verlagert wurden", so der Ökonom. Dementsprechend stagnierten die Löhne der
Mittelklasse in den letzten Jahrzehnten.
Dieser Effekt lasse nun nach. "Niedriglöhne bleiben nicht für immer Niedriglöhne.
In China stiegen sie seit fast zwanzig Jahren mit hohen Raten", gibt Baur zu bedenken.
So sei die Produktion in China nicht annähernd so wettbewerbsfähig wie noch vor einer
Generation. Einige Studien zeigten, dass die Herstellungskosten zwischen den USA und
China sich nicht wesentlich unterschieden, wenn man die hohe Produktivität der USA
berücksichtige. "Mittlerweile bauen chinesische Hersteller Fabriken in den USA und
produzieren dort ihre Waren", unterstreicht Baur.
"Die politischen Kräfte, die in den Jahren der Lohnstagnation und Austerität geboren
wurden, verstärken diesen Effekt", erklärt der Ökonom. Populistische Bewegungen
gewinnen alle mit der gleichen Botschaft an Zulauf: Das Schicksal der einfachen Leute
zu verbessern. Zu diesem Zweck seien die populistischen Mittel der Wahl in den USA
eine Begrenzung der Zuwanderung, Zölle und andere Einfuhrrestriktionen, sowie in der
Eurozone der Auftakt fiskalpolitischer Maßnahmen und Ende der Austerität.
Hinzu komme: "Die Geldpolitik der europäischen Zentralbank und der Bank of Japan wird
weiterhin akkommodierend bleiben. Die Federal Reserve (Fed) pausiert aktuell ihre
geldpolitische Straffung, bis die Inflation wieder einkehrt. Darüber hinaus überdenkt
die Fed ihren gesamten Inflationsansatz und wird vermutlich geduldig bleiben, selbst
wenn die Inflation ihr Ziel für eine Weile überschreitet", meint Baur. Da die Fed die
Wirtschaft heiß laufen lasse, würden sich die Lohnzuwächse weiter beschleunigen.
Die Wall Street hat zu kämpfen
Diese Veränderungen hätten mehrere Konsequenzen für das wirtschaftliche Umfeld.
Eine Deflation bereite keine Sorgen mehr und die Inflation werde die Ziele der
Zentralbank letztendlich erreichen. Während die Main Street prosperiere, habe die
Wall Street zu kämpfen, da sich die Realwirtschaft besser entwickle als die Aktien-
und Rentenmärkte. "Das ist vor allem in den Industrieländern der Fall. Hier fördern
die Ausgaben der privaten Haushalte und nicht Unternehmensinvestitionen das
Wirtschaftswachstum. Es bedeutet außerdem, dass der 35-jährige Bullenmarkt für
Anleihen im Juli 2016 endete", unterstreicht Baur. Somit markiere das das Ende der
jahrzehntelangen, extrem niedrigen Zinssätze und der finanziellen Repression durch
die Zentralbanken.
Auswirkung für Vermögensallokation
Die zehnjährigen US-Staatsanleihen und die deutschen Bundesanleihen weisen mit einer
Rendite von 2,7 Prozent bzw. 0,25 Prozent nur wenig bis gar keine Prämie auf.
Demzufolge müssten langfristige Safe-Haven-Erträge höher ausfallen. Auch Value-Aktien
würden gegenüber Growth-Aktien wieder an Glanz verlieren, was eine große Veränderung
zur enormen Underperfomance des letzten Jahrzehnts wäre. Baur erwartet, dass die
Aktienmärkte in eine lange flache Phase eintreten werden, die durch Rallys und
Korrekturen gekennzeichnet sei, aber keine realen Nettogewinne bedeute.
Darüber hinaus geht Baur davon aus, dass die Begeisterung für passiv verwaltete
Indexfonds nachlasse. Die von der Zentralbank geförderte Kapitalsubventionierung
böte nahezu allen Aktien eine systematische Unterstützung. "Diese systematische
Unterstützung werde jedoch zukünftig nachlassen, sodass sich guten aktiven Manager
bessere Möglichkeiten eröffnen, den Index zu schlagen. In einem Umfeld zunehmenden
Lohnwachstums und einer höheren Inflation könnten Immobilien die beste Wahl sein.
Die gewerblichen Immobilienpreise werden zinsabhängig festgelegt,
aber Immobilienerträge, wie die Mieten, bestimmen sich aus der Realwirtschaft und
könnten weiter steigen, auch wenn die Diskontsätze zulegen", schließt Baur.
Quelle: Investmentfonds.de
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