Investmentfonds.de
08.04.2020:
Ölmarkt im Zangengriff - Preise sinken und Ölspeicher stoßen an Grenzen!
Köln, den 08.04.2020 (Investmentfonds.de) -
Benjamin Louvet, Fondsmanager des OFI Precious Metals Funds
bei OFI Asset Management
Der Ölmarkt liegt am Boden. Nicht nur, weil der Ölpreis
um fast 60% gegenüber den Höchstständen vor der Krise
eingebrochen ist - die Situation sei noch weitaus ernster,
sagt Benjamin Louvet, Fondsmanager des OFI Precious Metals
Funds bei OFI Asset Management.
"Vor ein paar Tagen notierte Rohöl aus Wisconsin/USA zu
einem negativen Preis. Das bedeutet, der Ölproduzent musste
seine Kunden für die Abnahme des Öls bezahlen. Das mag ein
Extremfall sein, zeigt aber, wie angespannt der Ölmarkt
insgesamt ist. Der Preis für ein Barrel Schieferöl aus dem
Perm-Becken, dem größten Schieferbecken der USA, liegt heute
vier US-Dollar unter dem West-Texas-Intermediate-Referenzpreis
(WTI). Der Spread ist in den vergangenen Tagen auf 10
US-Dollar/Barrel gestiegen. Das heißt, dass ein Schiefer-
produzent sein Rohöl selbst bei einem WTI-Referenzpreis von
20 Dollar/Barrel nur zu zehn Dollar verkaufen könnte - das ist
weniger, als das leere Fass kostet.
Der Ölmarkt wird gleichzeitig von einem Nachfrage- und einem
Angebotsschock getroffen. Seit Beginn der COVID-19-Krise
unterliegt fast die Hälfte der Weltbevölkerung strengen
Ausgangssperren, so dass weder Autos noch Flugzeuge genutzt
werden. Fatih Birol, Exekutivdirektor der Internationalen
Energieagentur (IEA), geht von einem Nachfrageeinbruch um
20 Millionen Barrel pro Tag aus – das entspricht einem Rückgang
um 20 Prozent gegenüber der Vor-Corona-Nachfrage von 100
Millionen Barrel pro Tag.
Gleichzeitig führten der Wirtschaftskrieg zwischen
Saudi-Arabien und Russland zu einem Angebotsschock,
der in den kommenden Wochen zu einem täglichen Nachschub
von drei bis vier Millionen Barrel führen könnte.
Überangebot von 24 Mio. Barrel/Tag
Damit erreicht der Ölmarkt insgesamt ein Überangebot von
fast 24 Millionen Barrel pro Tag - so viel wie noch nie zuvor!
Der Markt kann ein solches Überangebot aktuell noch bewältigen,
da die Lagerkapazitäten noch nicht erschöpft sind. Experten
schätzen die weltweit verfügbare Speicherkapazität auf etwa
eine Milliarde Barrel.
Bei der aktuellen Überproduktion von fast 24 Millionen Barrel
pro Tag sind die weltweiten Speicher voraussichtlich also in
40 bis 50 Tagen voll. Aus verschiedenen Weltregionen wird
bereits heute gemeldet, dass erste Lagerstätten erschöpft sind.
Wenn die Ausgangssperren noch einige Wochen anhalten, dann
finden sich keine Abnehmer mehr für Öl. Die Folge: Entweder
bezahlen die Ölproduzenten dann Abnehmer dafür, ihr Öl zu lagern,
was allerdings die Ölpreise weltweit ins Negative drücken würde,
oder die Ölförderung müsste gedrosselt werden.
Die Situation ist heute schon schlimm. In den kommenden Wochen
könnte sie katastrophal werden."
Quelle: Investmentfonds.de
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