Investmentfonds.de
11.12.2020:
Lazard AM: Brexit - Weiterhin Konsens
Köln, den 11.12.2020 (Investmentfonds.de) -
Daniel Herdt, Senior Vice President und Portfoliomanager
im European Fixed Income-Team bei Lazard Asset Management
Brexit: Weiterhin Konsens über "Last Minute"
-Deal am kontinentaleuropäischen Kapitalmarkt
Daniel Herdt, Senior Vice President und
Portfoliomanager/Analyst im European Fixed
Income-Team bei Lazard Asset Management,
erläutert, vor welchen Herausforderungen
Großbritannien im Endspurt der Austritts-
verhandlungen mit der Europäischen Union (EU)
steht und wie sich der Brexit auf die Märkte
auswirken könnte.
Welche Auswirkungen könnte die Wahl Joe Bidens
zum nächsten US-Präsidenten auf die Verhandlungen
zwischen Großbritannien und Europa haben?
Daniel Herdt: Unser Basisszenario ist immer noch
eine kurzfristige Einigung über ein Handelsabkommen.
Höchstwahrscheinlich würde ein entsprechendes
Übereinkommen die Details zu den wichtigsten
Streitpunkten wie den Fischereirechten und
gerechten Wettbewerbsbedingungen jedoch weiter
zur Disposition stellen. Wenn die Wahl Joe Bidens
überhaupt Auswirkungen auf die Verhandlungen hat,
dann in der Form, dass Großbritannien stärker unter
Druck gesetzt wird. Denn: Die besondere Beziehung
zwischen Donald Trump und Boris Johnson erhöhte
bislang die Wahrscheinlichkeit eines schnellen
Handelsabkommens zwischen den USA und Großbritannien.
Welche Auswirkungen wird ein Brexit mit
Austrittsabkommen auf beide Regionen haben?
Daniel Herdt: Ein geordneter Brexit mit niedrigen
oder keinen Zöllen und einem reibungslosen Handel
wäre für beide Seiten von Vorteil. Wirtschaftlich
gesehen werden die Auswirkungen des Austritts
Großbritanniens aus der EU zwar immer noch
beträchtlich, aber aufgrund des langwierigen
Prozesses für beide Seiten viel besser handhabbar
sein. Wie genau sich ein solcher Ausstieg auf das
britische Bruttoinlandsprodukt (BIP) auswirken würde,
lässt sich jedoch nur schwer beziffern.
Nichtsdestotrotz hat die Bank of England Anfang
November für das erste Quartal 2021 einen einprozentigen
Rückgang des britischen BIP aufgrund von Störungen
der Handelsströme vorgemerkt, selbst wenn ein
Handelsabkommen in Kraft treten sollte.
Wie wird sich dies auf die Assetklassen auswirken?
Daniel Herdt: Unseres Erachtens nach preisen die
kontinentaleuropäischen Kapitalmärkte derzeit einen
"Last Minute"-Deal zwischen Großbritannien und der EU ein.
Wenn unser Basisszenario eintritt, erwarten wir daher eine
kleine Risikorallye mit einem gedämpften Aufwärtsdruck auf
die Renditekurven risikofreier Anlagen. Andere Faktoren,
wie Corona-bedingte fiskal- und geldpolitische Anreize,
Neuigkeiten zu Impfstoffen oder die US-Politik, dürften
sich jedoch deutlich stärker auf die Bewertungen und
Marktbewegung auswirken. Auf der anderen Seite könnte ein
unerwarteter, harter Brexit zu einer deutlicheren Abkehr
von Risiko-Anlagen führen.
Da jedoch immer noch eine "Brexit-Prämie" für alle
britischen Vermögenswerte eingepreist ist, dürfte die
Volatilität in diesen Marktsegmenten am höchsten sein.
Insbesondere das britische Pfund steht hier im Fokus.
Da die Nettopositionen für das Pfund aktuell zum Verkauf
tendieren, könnte es im Falle eines Deals sprunghaft
aufwerten. Abgesehen davon würde ein harter Brexit die
Bewertung des Pfunds unserer Ansicht nach deutlich weiter
nach unten drücken. Dies spiegelt sich auch in den
angestiegenen, impliziten Volatilitäten für
Dollar-Pfund-Währungsoptionen wider.
Mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen in Schottland
im nächsten Jahr: Halten Sie es für möglich, dass der
bereits beschlossene und eingeleitete Brexit doch noch
abgewendet werden kann?
Daniel Herdt: Wir erwarten nicht, dass die schottischen
Wahlen einen nennenswerten Einfluss auf die Brexit-
Verhandlungen haben. Ein schottisches Referendum dürfte
zwar weiterhin einiges Interesse in der Presse hervorrufen,
zumal dessen Ausgang den jüngsten Umfragen zufolge schwer
vorherzusagen wäre. Jedoch ist es nicht sehr wahrscheinlich,
dass Schottland Großbritannien in absehbarer Zeit verlassen
wird. Die Scottish National Party wird die britische
Regierung eher dazu zwingen, mehr Befugnisse an Edinburgh
zu übertragen. Um auf den Kern der Frage zurückzukommen:
Wir sehen derzeit nahezu keine Chance, dass der Brexit von
der britischen Regierung abgesagt bzw. rückabgewickelt wird.
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Quelle: Investmentfonds.de
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