Investmentfonds.de
11.12.2020:
BNY Mellon IM: UK-US-Handelsabkommen
Köln, den 11.12.2020 (Investmentfonds.de) -
Shamik Dhar, Chefvolkswirt von BNY Mellon
Investment Management
UK-US-Handelsabkommen - mehr Symbolik
als wirtschaftlicher Nutzen
Der neu gewählte US-Präsident Joe Biden hält nichts
von einem Brexit, sondern stuft ihn sogar als
Spiegelbild des Populismus à la Trump ein.
Ob Boris Johnson dadurch zu einem Kurswechsel
gezwungen sein wird und ob ein Handelsabkommen
zwischen Großbritannien und den USA zustande kommt,
analysiert Shamik Dhar, Chefvolkswirt von BNY Mellon
Investment Management:
"Viel hängt davon ab, ob sich die neue
US-Administration für einen konfrontativen oder
kooperativen Ansatz entscheidet. Die Briten wollen
unbedingt eine De-facto-Grenze in der Irischen See
vermeiden. Sie werden in den Verhandlungen versuchen,
die Gemeinsamkeiten mit den USA und der neuen Regierung
zu betonen. Dazu zählt allen voran die Bekämpfung des
Klimawandels - die COP26 im November 2021 wird hier eine
wichtige Rolle spielen -, aber natürlich auch die
historische Nähe der beiden Länder, insbesondere in
militärischer und sicherheitspolitischer Hinsicht.
Vermutlich wird Großbritannien auch hervorheben, dass
Frieden und Sicherheit auf der irischen Insel
aufrechterhalten werden müssen, dass man sich an die
Bedingungen des Rückzugsabkommens halten wird und es
eine Verpflichtung gibt, keine Grenzinfrastruktur in
Nordirland zu errichten. Wir erwarten, dass es
letztendlich möglich sein wird, eine harte Grenze in
Irland zu vermeiden, während man sich erneut zum
Karfreitagsabkommen bekennt.
Auch ein Handelsabkommen mit den USA hat für
Großbritannien einen hohen Wert - jedenfalls symbolisch,
denn sein wirtschaftlicher Nutzen dürfte eher gering
ausfallen. Deshalb wird wohl auch keine der beiden Seiten
größere prinzipielle Zugeständnisse machen, um ein
Handelsabkommen zu erreichen.
Der Grund hierfür: Der bilaterale Handel zwischen den USA
und den Briten beläuft sich aktuell auf etwa 110 Milliarden
Euro - das ist viel weniger als die fast 700 Milliarden Euro
des bilateralen Handels zwischen Großbritannien und der EU,
aber doch mehr als der bilaterale Handel mit einzelnen
EU-Ländern - allen voran Deutschland. Das Handelsvolumen
zwischen den USA und UK entspricht etwa 5% des britischen
Bruttoinlandsprodukts (BIP). Eine Steigerung des bilateralen
Handels mit den USA um etwa 10% wäre somit etwa ein halbes
Prozent des BIP "wert". Britische Verbraucher würden zwar
von mehr Produktauswahl und niedrigeren Kosten profitieren,
doch die direkte Wirkung auf das BIP wäre gering, da sowohl
Importe als auch Exporte steigen würden.
Insgesamt würde ein direktes Handelsabkommen mit den USA
also keinen enormen Nutzen bringen - und umgekehrt ein
Verzicht darauf zumindest kurzfristig keine großen Kosten
verursachen. Das gilt übrigens für den Handel mit den
europäischen Nachbarn: Nach der gleichen Logik werden die
wirtschaftlichen Folgen eines geringeren Handels mit der
EU häufig überschätzt."
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Quelle: Investmentfonds.de
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