Investmentfonds.de
06.09.2021:
Carmignac: Droht eine Stagflation 2.0?
Köln, den 06.09.2021 (Investmentfonds.de) -
Didier Saint-Georges, Mitglied des Strategic
Investment Committee bei Carmignac
Droht eine Stagflation 2.0?
Die Zinssätze sinken weiter - doch diesmal
reagieren die Aktienmärkte nicht, wie zuvor,
mit einer Hausse. Die Wirtschaftsdaten aus
der USA bestätigen den skeptischen Ausblick
der Anleihemärkte, und angesichts neuer
Virusvarianten und enttäuschender
US-Verbraucherdaten wurden die Wachstums-
aussichten fast einhellig nach unten korrigiert.
Andererseits normalisiert sich die Beschäftigungs-
lage in den USA weiter, und auf den Preisanstieg
bei Konsumgütern könnte eine länger anhaltende
Inflation aufgrund eines Lohnzuwachses folgen -
ein mögliches Signal für Fed-Chef Jerome Powell,
mit der Normalisierung seiner Geldpolitik zu
beginnen, möglicherweise noch vor Jahresende.
Was läuft besser ETFs oder aktiv verwaltete Fonds?
"Aktienfonds/ETFs USA"
mit der Wertentwicklung
der letzten 3 Jahre hier vergleichen
Wenn den Märkten jedoch gleichzeitig allmählich
der Verdacht aufkommt, dass das künftige
Wirtschaftswachstum überschätzt wurde, könnte
genau dann der Höhenflug der Aktienmärkte zum
Erliegen kommen. Das Hauptrisiko für die Märkte
besteht zurzeit jedoch weniger in einer Straffung
der Geldpolitik. Vielmehr droht eine "Stagflation
2.0", wenn sich das Wachstum abschwächt und
gleichzeitig inflationäre Spannungen aufkommen -
und dafür gibt es keine ideale Geldpolitik.
> Aktien Fonds aktiv gemanagt und passive ETFs
Auswahl "Aktienfonds China"
mit der Wertentwicklung
der letzten 3 Jahre hier vergleichen
Wie es um die Märkte, die Inflation und China steht,
lesen Sie im nachstehenden Ausblick von Didier
Saint-Georges, Mitglied des Strategic Investment
Committee bei Carmignac:
"Die Märkte sind in einer sehr heiklen Phase"
Häufig offenbaren sich die Botschaften der Anleihen-
und Aktienmärkte Beobachtern über seltsame Umwege
und sind mitunter schwer zu entziffern. Direkt im
Anschluss an das letzte Quartal des zurückliegenden
Jahres war die Botschaft eindeutig: Dank der
Entwicklung von Impfstoffen mit vielversprechender
Wirksamkeit sowie der Konjunkturpakete - vor allem
in den USA - würde das globale Wirtschaftswachstum
wieder auf die Beine kommen. Der Zinsanstieg und
die Hausse an den Aktienmärkten im Zuge der
Outperformance der zyklischen Sektoren spiegelten
diese Erwartungshaltung wider.
Was läuft besser ETFs oder aktiv verwaltete Fonds?
"Aktienfonds/ETFs Emerging Markets"
mit der Wertentwicklung
der letzten 3 Jahre hier vergleichen
Dann wurde die Lage ab dem zweiten Quartal dieses
Jahres in den USA und einen Monat später in Europa
etwas komplizierter. Ökonomen begannen die
Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass sich die
Erholung rasch abschwächen könnte, woraufhin die
Zinssätze wieder eine sinkende Tendenz aufwiesen.
Die Aktienmärkte tobten sich dagegen weiter aus
angesichts des Paradoxes, das sie seit 2009 so
gut stützt: Enttäuschende Konjunkturdaten
gewährleisteten die kontinuierliche Unterstützung
durch die Zentralbanken.
In diesem August wurde jedoch erneut eine völlig
andere Botschaft gesendet. Während die Zinssätze
nach einer kurzen Kehrtwende Anfang des Monats
insgesamt bei ihrer sinkenden Tendenz zu bleiben
scheinen, zeigen sich die Aktienmärkte dieses Mal
um einiges zögerlicher. Mit dieser neuen Phase
beginnt eine neue Interpretation der Märkte.
> Auswahl "Rentenfonds Welt"
mit der Wertentwicklung
der letzten 3 Jahre hier vergleichen
Zunächst einmal wurde der skeptische Ausblick der
Anleihenmärkte in den letzten Wochen durch mehrere
in den USA veröffentlichte Wirtschaftsstatistiken
bestätigt: Die Kauflust US-amerikanischer
Verbraucher erweist sich trotz haufenweise
zusätzlicher Ersparnisse als enttäuschend. Eine
plausible Erklärung für dieses Phänomen besteht
darin, dass die Verbraucher einen deutlichen
Anstieg der Konsumgüterpreise aufgrund der
Spannungen in den Lieferketten feststellen, und
zwar genau in dem Moment, in dem die ersten während
des Höhepunkts der Krise eingeführten Sozialhilfen
allmählich zurückgefahren werden. Im Übrigen trägt
die beschleunigte Ausbreitung einer neuen, noch
ansteckenderen Variante sicherlich nicht dazu bei,
dass sich die Stimmung der Verbraucher hebt, denn
sie stellt den ursprünglich vorgesehenen Zeitplan
für eine Rückkehr des Dienstleistungssektors zum
Normalbetrieb überall infrage. Für die kommenden
Monate wurden die Wachstumsaussichten deshalb fast
einhellig nach unten korrigiert.
Gleichzeitig hat sich die Beschäftigungslage in den
USA jedoch weiter normalisiert. Bei vielen
ausgeschriebenen Stellen ist sogar eine echte
Spannung zwischen Angebot und Nachfrage zu beobachten.
Somit könnte auf den Preisanstieg bei Konsumgütern,
der durch den vorübergehenden Anstieg der Material-
preise bedingt ist, eine länger anhaltende Inflation
aufgrund eines Lohnzuwachses folgen, auch wenn die
Verbraucher daran noch nicht zu glauben scheinen.
Folglich nähert sich für Jerome Powell, den
Vorsitzenden der US-Notenbank, der Augenblick des
"Casus Belli". Dieser tritt ein, wenn ihm seine
Kennzahlenübersicht, aus der sich das als angemessen
erachtete Leitzinsniveau ableitet, das Signal dafür
gibt, dass er mit der Normalisierung seiner
Geldpolitik beginnen sollte. Bevor die Zinssätze
angehoben werden, werden im Zuge dieser Normalisierung
zunächst die monatlichen Käufe von Staatsanleihen
schrittweise zurückgefahren. Nun könnte diese Drosselung
aber noch vor Jahresende beginnen.
Und genau dann könnte der Höhenflug der Aktienmärkte zum
Erliegen kommen. Denn auch wenn diese Verschärfung der
Geldpolitik in sehr kleinen Schritten erfolgt, stellt
sie doch bereits an sich einen eher ungünstigen und neu
einzuberechnenden Faktor dar und könnte sich überdies
genau in dem Moment ereignen, in dem an den Märkten
allmählich der Verdacht aufkommt, dass das künftige
Wirtschaftswachstum überschätzt wurde. Sollte dieser
Fall eintreten, dann wird vielfach von einem
geldpolitischen Fehler die Rede sein. Gerechter wäre es
vermutlich, anzuerkennen, dass das Hauptrisiko für die
Märkte zurzeit vielmehr in einer Abschwächung des
Wachstums in Kombination mit inflationären Spannungen
besteht - also in einer Art "Stagflation 2.0" –, und
dass für ein solches Szenario kaum eine ideale
Geldpolitik existiert.
In diesem Zusammenhang sei noch erwähnt, dass China den
USA und in noch größerem Maße Europa in seinem
Konjunkturzyklus weit voraus ist und diese für die
Aktienmärkte äußerst heikle Etappe bereits auf seine
Weise durchlaufen hat. Die Entwicklung des chinesischen
Marktes hat durchaus unter den Folgen dieser Phase
gelitten, die im Falle dieses Landes durch eine
spektakuläre Verschärfung der regulatorischen
Bestimmungen verschlimmert wurden. Es wäre nicht
auszuschließen, dass sich seine relative Wertentwicklung
im Vergleich zu den westlichen Märkten zumindest eine
Zeit lang umkehrt. Dies gilt vor allem für seine oft
erstklassigen Growth-Aktien.
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Quelle: Investmentfonds.de
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