Investmentfonds.de
20.10.2021:
Lombard Odier IM: Die Energieinflation ist temporär
Köln, den 20.10.2021 (Investmentfonds.de) -
Philipp Burckhardt, Fixed Income Portfolio Manager
und Stratege, Lombard Odier Investment Managers
Die Energieinflation ist temporär,
die Wohnkosten sind dies weit weniger
Der US-Inflationsbericht zeigt eine zweigeteilte
Entwicklung: Der Energiesektor spielt eine wichtige
Rolle, ist aber nicht mehr der einzige Faktor.
Wohnkosten sind ein eher "makroökonomischer" Treiber
der Inflation und steigen. Dies könnte mittelfristig
den Inflationsdruck erhöhen, da die Immobilienpreise
schnell steigen und sich erst mit einer gewissen
Verzögerung auf eben diese auswirken. Die Fed und die
Anleger sollten diesem Faktor in den kommenden Monaten
erhöhte Aufmerksamkeit schenken.
Viel wurde über den "vorübergehenden" Charakter der
Inflation diskutiert, und zwar sowohl auf Seiten der
Finanzmärkte als auch der Zentralbanken. Die am
häufigsten diskutierten Faktoren sind Energiepreise,
Engpässe in den Lieferketten und Arbeitskräftemangel
(vor allem in den USA). Die Auswirkungen dieser
Faktoren sind meist verzögert, von unterschiedlicher
Größenordnung und Dauer und können gemeinsam zu einer
vorübergehend hohen Inflation führen und dabei die
Zentralbanken aus ihrer Komfortzone drängen. Der
monatliche Inflationsbericht der USA dieser Woche
bildet keine Ausnahme und bestätigt einmal mehr die
Bedeutung des Themas Inflation für die Märkte. Die
wichtigste Erkenntnis dieses Berichtes ist, dass
steigende Energiepreise uns nicht so sehr überraschen
sollten wie die Inflation im Dienstleistungsbereich.
Letzteres führt tendenziell zu einer langsamen, aber
stetigen Inflation, die jedoch stark an gute
wirtschaftliche Bedingungen geknüpft ist, wie es
heute der Fall ist.
Gemäß des US-Inflationsberichtes, erreichte die
Gesamtinflation 5,4 % und die Kerninflation 4 %.
Drei Faktoren sind für diese Entwicklung verantwortlich:
- Den größten Beitrag zu den Inflationszahlen leisten
nach wie vor die Energiepreise, dies mit 1,5 %
Veränderung gegenüber dem Vorjahr. Überraschend ist
dies nicht: Die Ölpreise sind in den letzten 12 Monaten
um rund 100 % gestiegen. Basiseffekte tragen weiterhin
erhebliche dazu bei: In den nächsten 12 Monaten müssten
die Ölpreise jedoch auf 160 $ pro Barrel steigen, um
dieses Niveau zu halten.
- Die Inflation von Lebensmitteln und Gütern trägt
etwa 2 % zur Inflation bei. Langfristig liegt die eine
bei etwa 2 % (Nahrungsmittel) und die andere bei etwa
0 %. Auch dies ist ein vorübergehender Treiber der
Gesamtinflation.
- Dann gibt es zu guter Letzt noch die Inflation der
Dienstleistungen. Diese hat etwa 1,7 % beigetragen,
wovon zwei Drittel auf eine spezifische Dienstleistung
zurückzuführen sind, die eigentlich keine Dienstleistung
per se ist: Wohnkosten. Diese steigen aktuell (+3,2 %
gegenüber dem Vorjahr) und machen 30 % des
Inflationskorbs aus.
Ein bestimmtes Element hat innerhalb dieser
-Komponente ein erhebliches Eigengewicht: die
Owner's Equivalent Rent (OER). Das Gewicht eben dieser
im Gesamtindex beträgt 23,6 %, in der Kerninflation
29,9 %; im Warenkorb für die persönlichen Konsumausgaben
(PCE) beträgt ihr Gewicht 11,4 % für den Gesamtindex und
12,9 % für die Kerninflation. Diese Komponente nimmt
daher erheblich Einfluss auf die Preisentwicklung und
die Geldpolitik: Man sollte sie genau im Auge behalten,
wenn man Inflationsentwicklungen vorhersagen möchte.
Daraus ergibt sich mittelfristig ein Inflationsbeitrag
von 1,3 % zur Kerninflation und 0,5 % zu den
PCE-Aggregaten. Zwei weitere Variablen, die intuitiv,
direkt oder indirekt, auch die OER beeinflussen sollten,
sind die finanziellen Bedingungen und die Löhne. Die
finanziellen Bedingungen dürften für die Rendite-
erwartungen ausschlaggebend sein, während die Löhne
als Maßstab für die Erschwinglichkeit von Wohnraum
eine größere Rolle spielen sollten. Diese beiden
Variablen könnten ebenfalls dazu führen, dass der
Anstieg der OER gar längerfristiger Natur sein könnte.
Wenn die Fed ihr mittelfristiges Inflationsziel
erreichen will, sollte sie diese Aussichten wohlwollend
betrachten. Der schnelle Anstieg der Immobilienpreise
aber könnte auch Inflationsrisiken bergen, die entgegen
aktuellen Erwartungen eine schnellere Anpassung der
Geldpolitik erforderlich machen könnten. Dies ist das
Risiko heute, nicht die steigenden Rohstoffpreise.
Einfach ausgedrückt: Die Inflation wird wahrscheinlich
noch einige Zeit erhöht bleiben, und zwar nicht wegen der
Rohstoffpreise, sondern eher wegen der wahrgenommenen
Wohnkosten. Dies könnte Auswirkungen auf die
längerfristigen Zinssätze und die Politik der Fed haben:
ein Indikator, den man im Auge behalten sollte.
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Quelle: Investmentfonds.de
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