Investmentfonds.de
25.02.2022:
Brandywine Global IM | China und USA gehen Wachstumsstabilisierung an
Köln, den 25.02.2022 (Investmentfonds.de) -
Tracy Chen, Portfoliomanagerin bei Brandywine Global
Investment Management, Teil von Franklin Templeton
China und USA gehen Wachstumsstabilisierung an - allerdings
mit unterschiedlichen Mitteln
"Zumindest das erste Quartal des Jahres 2022 wird noch immer im
Schatten der Pandemie und des bislang anhaltenden Inflationsdrucks
stehen. Zahlreiche Maßnahmen werden sowohl im Kampf gegen die
Ausbreitung der Omikron-Variante als auch zur Eindämmung der
Inflation nötig sein. Vor allem letzteres dürfte für eine wachsende
wirtschaftliche sowie politische Divergenz zwischen den beiden
größten Volkswirtschaften China und USA sorgen, die sich in ihrer
Geldpolitik bereits in gegensätzliche Richtungen bewegen. Das
angestrebte Ziel für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2022
wird auf dem Nationalen Volkskongress im März bekannt gegeben und
dürfte zwischen 5 % und 6 % liegen.
Während die USA die Inflation nicht nur mit der Beendigung der
Anleihekaufprogramme, sondern auch durch bereits angekündigte Zinserhöhungen
bekämpfen will, legte China auf der Zentralen Wirtschaftskonferenz (CEWC) fest,
sich in der bevorstehenden Zeit ausschließlich auf das Wachstum und dessen
Stabilisierung zu konzentrieren und dabei keine Investitionen zu scheuen.
Die Konsequenzen der strikten Corona-Politik Chinas, die sich anhand der
Nachfragerückgänge, Angebotsschocks sowie des sich bereits abzeichnenden
Abwärtstrends am Immobilienmarkt äußern, dürften dabei eine Herausforderung
darstellen, die es vorrangig zu überwinden gilt.
Im Immobiliensektor sieht es nach einer leichten Lockerung hinsichtlich der
Eigentumsverhältnisse aus. Der CEWC hielt zwar an dem Grundsatz "Wohnen zum
Leben, nicht zur Spekulation" fest, um eine völlige Umkehrung seiner
Vorschriften für den Immobiliensektor zu vermeiden. Dennoch betonte er die
Notwendigkeit, den Anfragen von Hauskäufern besser gerecht zu werden.
Außerdem fordert die chinesische Regierung eine proaktive Steuerpolitik, die
schnellere Ausgaben für Steuer- und Abgabensenkungen für kleine und mittlere
Unternehmen (KMU) sowie eine grüne Infrastruktur möglich macht. Die
Geldpolitik wird darauf abzielen, reichlich Liquidität zur Verfügung zu
stellen, um KMU, Innovation und umweltfreundliche Entwicklung durch
kurzfristige Kreditvergabe mit niedrigeren Kreditkosten zu unterstützen. Wie
der CEWC bereits signalisierte, strebe China ein moderates Tempo bei der
Dekarbonisierung an, um ein Gleichgewicht zwischen Wirtschaftswachstum und
Klimazielen herzustellen. In diesem Zusammenhang solle das Prinzip
"Investitionen vor Desinvestitionen" gelten, sodass Investitionsförderungen
in erneuerbare Energien durch mehr Anreize erhöht werden, sowie die
traditionellen, auf fossilen Brennstoffen basierende Energie in der
Zwischenzeit als verlässliche Ressource beibehalten wird.
Wachstumsziel liegt bei 5 bis 6 Prozent
Das angestrebte Ziel für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2022 wird
auf dem Nationalen Volkskongress im März bekannt gegeben und dürfte zwischen
5 % und 6 % liegen, wobei davon auszugehen ist, dass das Ziel in einem von
zahlreichen politischen Umwälzungen geprägten Jahr, leicht überschritten werden
kann. Angesichts der Verlagerung des Schwerpunkts auf Wachstum und Lockerung
glauben wir, dass Chinas Kreditimpuls die Talsohle bereits durchschritten hat
und sich Anfang des Jahres wieder erholen dürfte.
Gleichzeitig dürfte Chinas wirtschaftliche Entwicklung nicht vollkommen
unbeeindruckt bleiben von dem bereits angekündigten geldpolitischen Wandel
der USA. Die Fed beschloss bereits Mitte Dezember, das Tempo des Tapering
auf 30 Mrd. USD pro Monat zu verdoppeln und damit das Tapering im März zu
beenden. Außerdem wird die Fed, wie kürzlich angekündigt, schon bald den
Leitzins anheben. Innerhalb der nächsten zwei Jahre sind vier bis fünf
Zinserhöhungen gut vorstellbar.
Das Yin und Yang der Divergenz zwischen der chinesischen und der US-amerikanischen
Geld- und Finanzpolitik könnte erhebliche Auswirkungen auf Investitionen haben.
Anleger sollten sich frühzeitig auf diese möglichen politischen Bewegungen
einstellen.
Schließlich könnte die sich verengende Zinsdifferenz einen Abwärtsdruck auf
den Chinesischen Yuan ausüben. Zwar wird die Währung nach wie vor durch eine
robuste Zahlungsbilanz und Investitionsströme gestützt, dennoch dürfte die
Straffung der US-Geldpolitik den Dollar insgesamt aufwerten. Gleichzeitig
ist es gut möglich, dass die Lockerung der chinesischen Politik zu einer
steileren Renditekurve und zu mehr Unterstützung von Risikoanlagen,
einschließlich Aktien und Hochzinsanleihen , führt. Dabei werden sich
vermutlich grüne Investitionen - Solar- und Windenergie, der Ausbau der
Stromnetze, Stromspeicherung, Effizienzsteigerungen in verschiedenen Branchen
usw. - zu einem neuen Wachstumsmotor entwickeln und sollten 2022 von der
politischen Lockerung profitieren.
Auch wenn sich die USA und China in diesem Jahr in unterschiedliche Richtungen
bewegen werden, so gilt es abzuwarten, welcher dieser beiden Wege sich als der
erfolgreichere erweist. Einige Parameter sind schließlich noch offen: Kann
Chinas Politikwechsel den sich andeutenden Abschwung überhaupt noch aufhalten?
Wie ernst meint es die US-Notenbank mit der Eindämmung der Inflation und wie
hoch kann der Leitzins angesichts des übermäßigen Anstiegs der Verschuldung nach
der COVID-Pandemie überhaupt steigen, ohne dass der fragile Aufschwung entgleist?
Die Anleger werden ihre Investitionen entsprechend anpassen müssen, indem sie
darauf achten, welche politischen Entscheidungsträger ihre Worte besser umsetzen
können.“
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Quelle: Investmentfonds.de
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