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02.11.2022:
La Française AM Kommentar| COP27 – wir möchten glauben: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“
Marie Lassegnore, CFA, Head of Sustainable Investments, La Française AM
COP27 – wir möchten glauben: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“
Der zum Abschluss der COP26 verabschiedete Klimapakt von Glasgow fordert
die Vertragsparteien auf, „die Ziele für 2030 in ihren nationalen Beiträgen
zu überprüfen und zu verstärken, soweit dies erforderlich ist, um das
Temperaturziel des Pariser Abkommens bis Ende 2022 zu erreichen“. Im Vorfeld
der COP27 könnte die multilaterale Zusammenarbeit in einem sehr angespannten
geopolitischen Kontext, der von Nahrungsmittelknappheit, einer Energiekrise,
ungebremster Inflation und einer steigenden Rezessionswahrscheinlichkeit
geprägt ist, schwierig werden. Wo stehen wir eigentlich und was können wir
von der COP27 erwarten?
Trotz des schwierigen Umfelds 2022 gab es ehrgeizigere Zusagen von Australien
(revidiertes Emissionsreduktionsziel von 27 % auf 43 % bis 2030 gegenüber 2005),
Indien (erhöhtes Emissionsreduktionsziel von 34 % auf 45 % bis 2030 gegenüber
2005 und Netto-Null bis 2070) und den USA mit dem „Inflation Reduction Act“,
der größten Klimaschutz- und Energieinvestition der amerikanischen Geschichte
(Emissionsreduktionsziel von 50 % bis 2030 gegenüber 2005 und Netto-Null
bis 2050).
Einige der auf der COP26 angekündigten sektoralen Dekarbonisierungsinitiativen
haben bereits Fortschritte gemacht:
- Die Industrial Deep Decarbonization Initiative (IDDI), deren Mitglieder
inzwischen 11 % bzw. 5 % des weltweiten Stahl- und Zementverbrauchs ausmachen
- Die globale Methanverpflichtung, die darauf abzielte, die Methanemissionen
bis 2030 um 30 % zu reduzieren, hat sich zum „Global Methane Pledge Energy
Pathway” weiterentwickelt. Dieser kann nun 59 Mio. US-Dollar an zweckgebundenen
Finanzmitteln und Sachleistungen für die Umsetzung der Hauptziele bereitstellen:
Ausschöpfung des maximalen Potenzials für eine kosteneffiziente Methanreduzierung
im Öl- und Gassektor und schnellstmögliche Abschaffung des routinemäßigen Abfackeln
bis spätestens 2030.
Nach der chaotischen Handhabung der Energiekrise in Europa im Jahr 2022 ist die
Machbarkeit und Glaubwürdigkeit des „Global Coal to Clean Power Transition
Statement“, in dem sich die Industrieländer zum Ausstieg aus der Kohleverstromung
bis 2030 und die Entwicklungsländer bis 2040 verpflichtet haben, das beherrschende
Thema.
Was wäre ein positives Ergebnis der COP27? Fortschritte bei der Erreichung des
100-Milliarden-US-Dollar-Ziels für die Klimafinanzierung pro Jahr sind von
größter Bedeutung, ebenso wie die Festlegung eines neuen Ziels für die Zeit
nach 2025. 2020 wurden laut den auf der COP26 bekannt gegebenen Zahlen lediglich
83 Mrd. US-Dollar für die Klimafinanzierung mobilisiert. Dabei stammen 98 % der
Mittel aus dem öffentlichen und nur 2 % aus dem privaten Sektor, sodass noch
reichlich Spielraum für eine Steigerung besteht. Die „Glasgow Financial Alliance
for Net Zero“ (GFANZ) wurde mit genau diesem Ziel gegründet, die Finanzierungslücke
bei der Klimafinanzierung zu schließen. Sie hat mehr als 450 Mitglieder mit einem
verwalteten Vermögen von über 130 Billionen US-Dollar bei ihrer Gründung im Jahr
2021 zusammengebracht. Seitdem gab es zwar viele weitere Zusagen, aber die
ESG-Bashing-Bewegung in den republikanischen US-Bundesstaaten hat in den letzten
Monaten Bedenken über die Positionierung der Banken in Bezug auf den Klimaschutz
geweckt. Marktteilnehmer befürchten, dass die Allianz zerbrechen könnte, sollten
sich die US-Banken zurückziehen, weil die Net-Zero-Verpflichtungen Haftungsrisiken
mit sich bringen, die heute als zu hoch angesehen werden könnten.
Diese große Kluft des Markts treibt Finanzakteure in entgegengesetzte Richtungen
und ist kontraproduktiv für die Mobilisierung der Klimafinanzierung. Tatsächlich
lenkt das die Finanzindustrie ab, obwohl es um eine praktische, eher kurzfristige
Herausforderung geht: Wie können die Ausgaben für ein dringendes langfristiges
Problem erhöht werden bei gleichzeitiger Berücksichtigung der drohenden
wirtschaftlichen Rezession? Diese Frage wird von Unternehmen und Regierungen nicht
auf die gleiche Weise beantwortet werden.
In wirtschaftlich schwierigen Zeiten reagieren die Unternehmen mit einer Kürzung
der Investitionspläne, einem Einstellungsstopp (vielleicht sogar mit Entlassungen),
der Aufrechterhaltung eines reibungslosen Betriebs und der Maximierung der Effizienz.
CEOs haben jedoch ein Mandat, das über den Rezessionszyklus hinausgeht, und müssen
eine Vision von langfristiger, nachhaltiger Rentabilität einbringen, die heute ohne
Berücksichtigung sozialer und ökologischer Gesichtspunkte nicht vorstellbar ist.
Unsere Erfahrung bei der Prüfung von Investitionsmöglichkeiten für unsere
Klimaschutzkonzepte zeigt, dass die Fähigkeit eines Vorstandsteams, über
kurzfristige Turbulenzen hinauszublicken und gleichzeitig in das zu investieren,
was das Unternehmen braucht, wenn die Zeiten wieder besser werden, z. B.
Mitarbeiterbindung, Umstrukturierung des Unternehmens, Umstellung des Produktangebots
usw., Ausdruck großer Führungsstärke und effizienter Unternehmensführung ist.
Andererseits wird von den Regierungen der großen Volkswirtschaften erwartet, dass
sie in schwierigen Zeiten unterstützen: Sie sollen neue Maßnahmen entwickeln und
verabschieden, die eine Krise in eine Chance verwandeln können. Außerdem dürfen die
Regierungen nicht übersehen, was bei einer kurzfristigen Betrachtung unberücksichtigt
bliebe: die soziale Nachhaltigkeit und die Erfüllung der grundlegenden sozialen
Bedürfnisse der Bürger. Angesichts des zunehmenden Drucks auf die Landwirtschaft,
verursacht durch extreme Wetterereignisse, stehen Anpassungsmaßnahmen ganz oben auf
der gesellschaftlichen Agenda und könnten daher zu mehr finanziellen Verpflichtungen
führen. Die Anpassungsfinanzierung sowie Regelungen über Verluste und Schäden (für
besonders gefährdete Länder) stehen ganz oben auf der Prioritätenliste der
diesjährigen COP.
2022 ereignete sich der zweitschwerste und teuerste Wirbelsturm in den USA.
Hurrikan Ian verursachte Schäden in Höhe von schätzungsweise mehr als 100 Milliarden
US-Dollar. Überschwemmungen in Pakistan und Australien, Dürreperioden von bisher
ungekanntem Ausmaß (eine der schlimmsten seit 500 Jahren), Hitzewellen und Waldbrände
in der nördlichen Hemisphäre sind Klimakatastrophen, die künftig 15 bis 30 Mal
häufiger auftreten dürften. Die unmittelbaren Auswirkungen betreffen nicht nur das
Bauwesen, sondern auch die Ernährungssicherheit, d. h. Rückgang der Ernteerträge
(30 % weniger Reisernte in Norditalien im letzten Sommer) und folglich der Rohstoffe.
Längerfristig sind auch Auswirkungen auf die biologische Vielfalt und die Ökosysteme
zu erwarten, die sich noch stärker bemerkbar machen werden.
Die COP27 wird vor einem sehr düsteren wirtschaftlichen und geopolitischen
Hintergrund tagen. Auch wenn die Erwartungen niedrig sind, sollten positive
Überraschungen nicht ausgeschlossen werden. Wir können nur hoffen und uns dafür
einsetzen, dass unsere Politiker über die drohende Rezession und die geopolitischen
Spannungen mit Russland hinausblicken und ehrgeizigere Klimapläne zum Schutz unserer
Welt fördern.
Die Aussagen einer bestimmten Person geben deren
persönliche Einschätzung wieder (La Française AM).
Die zur Verfügung gestellten Informationen erheben
keinen Anspruch auf Vollständigkeit und stellen
keine Beratung dar (La Française AM).
Quelle: Investmentfonds.de
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