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29.03.2023:
La Française AM | Credit Suisse und europäische Banken – welche Folgen hat das für den Markt?
François Rimeu, Senior Strategist, La Française AM
WAS SIND DIE MAKROÖKONOMISCHEN FOLGEN DER JÜNGSTEN EREIGNISSE?
Der derzeitige Stress im Bankensektor, der sowohl in den USA als auch in Europa zu beobachten ist, ruft
Erinnerungen an vergangene Finanzkrisen und insbesondere an die Krise von 2008 wach. Aus vielen Gründen ist
die heutige Situation jedoch ganz anders: Die Banken sind viel besser kapitalisiert und die riskantesten
Geschäftsbereiche sind fast aus ihren Bilanzen verschwunden. Wir haben einen Beitrag zu diesem Thema
veröffentlicht, in dem wir die Gründe für das Scheitern der US-Regionalbanken und der Credit Suisse (auch wenn
letztere offiziell nicht als gescheitert gilt) sowie die Besonderheiten dieser Kreditfälle erläutern.
Zwar stehen die Einbrüche dieser Banken nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den von den Zentralbanken
in den letzten Monaten vorgenommenen Zinserhöhungen, doch sind diese Institute die ersten Opfer der sehr
angespannten Kreditbedingungen, die wir derzeit beobachten.
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Die zunehmende Verschärfung der Kreditbedingungen wird durch den Senior Loan Officer Survey der Fed wie
folgt veranschaulicht und zeigt die sehr starke Korrelation zwischen diesem Indikator und der Rezessionsgefahr in
den USA.
Das Gleiche gilt für Europa, wobei der Bank Lending Survey der EZB ähnliche Ergebnisse für europäische
Unternehmen zeigt, insbesondere im Immobiliensektor.
Es ist äußerst schwierig, die genauen Folgen dieser Insolvenzen für das Wirtschaftswachstum abzuschätzen.
Zumal die Zukunft mehrerer US-Regionalbanken, deren Aktienkurse in den letzten Tagen eingebrochen sind, nach
wie vor sehr unklar ist.
Wir glauben, dass sich durch die Unruhen die Kreditbedingungen schneller verschärfen werden, da sich die
Banken auf den Aufbau starker Bilanzen konzentrieren werden, selbst wenn dies auf Kosten ihres Kreditvolumens
geht. Darüber hinaus haben die Fed und die EZB auf ihren jüngsten Sitzungen signalisiert, dass diese Ereignisse zu
einer Verschärfung der finanziellen Bedingungen beitragen und dass dies ihre Entscheidung beeinflussen könnte,
die Zinssätze nicht so stark anzuheben, wie sie es zuvor geplant hatten.
Nichtsdestotrotz sind die Finanzbedingungen jetzt restriktiv, sowohl in den USA als auch in Europa (siehe Grafik),
und die Wahrscheinlichkeit ähnlicher Krisen, wie wir sie gerade erlebt haben, wird mit der Zeit immer größer. Die
ersten „Opfer“ waren die schwächsten Glieder des finanziellen Ökosystems. In Anbetracht der vergangenen
Straffungszyklen werden weitere Opfer folgen – und die müssen nicht zwingend aus der Bankenwelt stammen.
Die „verdächtigsten“ Branchen dürften solche sein, die jahrelang von extrem niedrigen Zinsen profitiert haben,
die kaum reguliert sind und deren Vermögenswerte illiquide und/oder künstlich bewertet sind (Private
Equity/Private Lending/Shadow Banking).
Die Zentralbanken haben unlängst eingeräumt, dass sich ihre Maßnahmen allmählich auf die schwächeren
Akteure auswirken, was sie jedoch nicht zu einer radikalen Änderung ihres Vorgehens veranlassen dürfte. Sollte
sich die Situation nicht verschlimmern und es ihnen gelingen, die aktuellen Probleme in den Griff zu bekommen,
dürften die Auswirkungen auf Wachstum und Inflation nicht ausreichen, um ihren Straffungszyklus zu beenden.
Tatsächlich haben die jüngsten Inflationszahlen in den meisten Industrieländern insgesamt positiv überrascht.
Dies war der Fall in den USA, der Eurozone und Großbritannien. Dies ändert nichts an unserer mittelfristigen
Einschätzung eines allmählich abnehmenden Inflationsrisikos, die von allen Umfragen zu den
Inflationserwartungen (EZB, Michigan und New York Fed) bestätigt wird. Kurzfristig dürfte dies die Zentralbanker
jedoch nicht beruhigen. Auch der Arbeitsmarkt ist mit seinen weiterhin sehr niedrigen Arbeitslosenquoten nach
wie vor sehr robust. Auch dies wird die Zentralbanken nicht dazu veranlassen, ihre Geldpolitik zu ändern, sofern
alles andere gleich bleibt.
Über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Bankenkrise lässt sich streiten. Ziemlich sicher ist jedoch, dass sie
sich negativ auf die Bankgewinne auswirken wird, da die Zinserträge voraussichtlich sinken werden. Ebenso
dürfte sich der anhaltende Rückgang der Rohstoffpreise negativ auf die Unternehmensgewinne auswirken,
insbesondere im Energiesektor. Gleichzeitig sehen wir seit einigen Monaten eher enttäuschende Gewinn- und
Umsatzmeldungen im US-Technologiesektor, insbesondere bei den größten Konzernen. In Anbetracht der
Tatsache, dass 50 % der Aktienrückkäufe in den USA aus dem Energiesektor, von Banken und den fünf größten
Technologieunternehmen stammen, ist es wahrscheinlich, dass eine der wichtigsten Stützen für die Indizes
(insbesondere in den USA) in den kommenden Monaten schwinden wird.
UNSERE POSITIONIERUNG
Die derzeitige Situation scheint gefährlich und mahnt zur Vorsicht. Die aktuelle Bankenkrise ist ein
schwerwiegendes Kreditereignis. Grundsätzlich dürfte sie jedoch die Inflations- und Wachstumsprognosen nicht
so stark verändern, dass die Zentralbanken ihren Zinserhöhungszyklus beenden müssten. Auch das, was im
Oktober letzten Jahres mit den Pensionsfonds in Großbritannien geschah, hatte keine größeren Folgen. Die
Zentralbanken sind wachsam und setzen die entsprechenden Instrumente ein, aber sie werden auch nicht einfach
aufhören.
Das Problem ist, dass mit der Zeit ein solches Ereignis immer wahrscheinlicher wird, wobei die Volatilität dann
sehr stark zunimmt. Insofern ist ein drastischer Anstieg der impliziten Volatilität an den Anleihemärkten eher
selten, ohne dass dies erhebliche Auswirkungen auf die Volatilität anderer Anlageklassen oder auf die
Risikoprämien im Allgemeinen hat. Genau das haben wir zwar in den letzten beiden Wochen erlebt, es ist aber
keineswegs sicher, dass dies auch beim nächsten Mal der Fall sein wird.
Duration
▪ Wir bleiben bei unserer positiven Einschätzung der nominalen und realen Zinssätze (insbesondere für die
USA), mit einer Präferenz für die realen Zinssätze aufgrund der unserer Meinung nach sehr positiven
Asymmetrie.
▪ Die Breakeven-Inflationsraten scheinen in dieser Stressphase zu stark korrigiert worden zu sein (-80
Basispunkte für die Breakeven-Inflationsraten auf 2-Jahres-Basis in den USA) angesichts des immer noch
bestehenden Inflationsrisikos am Markt.
Credit
▪ Subordinated Debt: Vorsicht im LT2-Marktsegment, insbesondere bei Short-Calls, da der Markt für 2023 ein
sehr geringes Non-Call-Risiko einpreist. Bei AT1-Anleihen sind viele Non-Calls zu erwarten (wie kürzlich bei der
Deutschen Bank), wobei die Preise dieses Risiko bereits widerspiegeln.
▪ Investment Grade: Bankanleihen wurden selten so stark diskontiert wie ihre Pendants in anderen Branchen. In
der Eurozone sind wir mittelfristig positiv, während wir in den USA vorsichtiger sind. Der übrige Markt
wurde nur geringfügig diskontiert, profitiert aber von seiner hohen Duration ohne diese Stressphasen.
▪ High Yield: Spezifische Risiken werden weiterhin auftauchen, ebenso wie Ausfallraten, wobei die Bewertungen
noch nicht die ganz großen Risiken widerspiegeln. Obwohl die Fundamentaldaten der Unternehmen weiterhin
stark sind, reduzieren wir unsere Allokationen, insbesondere im B-Segment.
Equities
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