Investmentfonds.de
14.04.2004:
FranklinTempleton: Markt-Überhitzung in China? Teil 1
Köln, den 14.04.2004 (Investmentfonds.de) - China ist heute das größte Land
der Emerging Markets und wird nach seinem Beitritt zur Welthandelsorgani-
sation (WTO) auch eine unübersehbare Größe im Welthandel darstellen. Der
chinesische Binnenmarkt mit 1,3 Milliarden Menschen ist von hohen Konsum-
und pro-Kopf-Ausgaben sowie von hohem Einzelhandelswachstum gekennzeichnet.
Deren Auswirkungen werden die Konjunkturerholung des Landes weiter voran-
treiben. China übertraf die anfänglichen Wachstumsschätzungen. Die Wirtschaft
wuchs 2003 um 9,1%, da Kapital- und Immobilienin-vestments das BIP-Wachstum
allein im vierten Quartal auf 9,9% (annualisiert) trieben. Allerdings lassen
die Überhitzung in einigen Branchen und Inflationsan-zeichen (obwohl diese
im Vergleich zu den 27,7% vom Oktober 1994 und 27,9% vom Dezember 1988 noch
niedrig sind) die Besorgnis aufkommen, ob diese Entwicklung auch 2004
nachhaltig sein kann.
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Es gibt Anzeichen von einem Übermaß an Investitionen in den Branchen Stahl,
Immobilien, Zement und Aluminium und die Unausgewogenheit des Wachstums ist
offensichtlich. Allerdings glauben wir, dass die Regierung einfach mehr
mikroökonomische und branchenorientierte Maßnahmen ergreifen wird, um das
Wachstum von einzelnen Branchen zu bremsen und es in anderen Branchen zu
beschleunigen. Bisher erfolgten Maßnahmen zur Eindämmung des Wachstums nur
behutsam und auf die Korrektur von strukturellen Wachstums-Ungleichgewichten
konzentriert; es ging nicht darum, das Wachstum in allen Branchen zu kappen.
Schließlich beruht die aktuelle schwerwiegende Energieknappheit weitgehend
auf den falschen Regierungsprognosen über das Wachstum der Nachfrage. Hier
zeigt sich, dass staatliche Interventionen nicht immer in die richtige
Richtung gehen.
Der Export ist ein Schlüsselfaktor für das Wachstum in China. China konnte
seine niedrigen Lohnkosten in einen Wettbewerbsvorteil umwandeln. Dies wurde
vorwiegend durch Aufgeschlossenheit für Investitionen aus dem Ausland und
durch politische Stabilität erreicht. Chinesische Produkte gewannen während
der Asienkrise (1997 - 1998) und in der globalen Rezession der letzten Jahre
weltweit Marktanteile. Wir glauben, dass dieses Wachstum anhalten wird. Durch
seinen WTO-Beitritt motiviert wird China auch künftig Reformen umsetzen, die
weitere Direktinvestitionen aus dem Ausland anziehen sollten. Zudem dürfte
die Binnennachfrage, die derzeit noch einen vergleichsweise geringen Anteil
am BIP hat, mit zunehmendem Wohlstand des Landes schneller wachsen. Im Jahr
2003 verzeichnete China bei den Direktinvestitionen aus dem Ausland (FDI)
einen Rekord von USD 53,5 Milliarden. Gegenüber dem Vorjahr ergibt dies einen
Zuwachs von 1,4%, da die Wirtschaft nach wie vor ausländische Anleger anzog.
Das Wachstum lag allerdings wegen des SARS-Ausbruchs und des Basiseffekts
unter dem Anstieg von 12,5% im Jahr 2002. Auch der Außenhandel legte erneut
kräftig zu. Die Exporte stiegen 2003 um 34,6% und die Importe um 39,9%. Der
daraus resultierende Handelsbilanzüberschuss betrug USD 25,6 Milliarden.
Kreditwachstum
Nach der SARS-Epidemie Anfang 2003 förderte die Regierung einen Kredit-Boom
zur Unterstützung des Wachstums. Dies führte bei den vorstehend genannten
Branchen zu einem gewissen Übermaß an Investitionen. Das starke Wachstum bei
Investitionsgütern führte zu steigenden Materialkosten. Darunter leidet dann
die Rentabilität von Unternehmen, die am unteren Ende des produzierenden
Gewerbes angesiedelt sind. Die Besorgnis über das Übermaß an Investitionen
führte bei der Regierung im letzten Jahr zu einer restriktiveren Geldpolitik.
Obwohl das Kreditwachstum generell seit Ende 2003 nachlässt, blieb das
Wachstum im Bereich der Investitionsgüter in den ersten beiden Monaten
2004 hoch. Wir sind nicht sicher, ob diese Entkupplung aufgrund von vorge-
zogenen Investitionen angesichts der bevorstehenden Verschärfung der Geld-
politik erfolgte, oder ob die Investitionen nun ein Stadium erreicht haben,
in dem sie mehr von den Unternehmensgewinnen getrieben werden. Wir erwarten
weitere restriktive Maßnahmen auf makro- und mikroökonomischer Ebene gegen
Jahresende, falls die Investitionen in bestimmten Branchen auf hohem Niveau
bleiben.
Um die Kreditvergabe der Banken (und somit die Finanzierungsmöglichkeiten
für manche Unternehmen) einzuschränken, gab die People's Bank of China im
April weitere Restriktionen im Kreditbereich bekannt. Mit Wirkung vom 25.
April 2004 erhöht die Zentralbank ihre Mindestreserveanforderungen für be-
stimmte Handelsbanken (vorwiegend für Banken mit geringer Eigenkapitalquote
(CAR) und einem großen Volumen an notleidenden Krediten (NPL)) von 7% auf
7,5%.
Bankenstandards
Gemessen an westlichen Kriterien erscheint das chinesische Bankensystem
wenig stabil. Nach jüngsten Berichten könnten die notleidenden Kredite des
Bankensektors bis zu 40% des gesamten Kreditvolumens ausmachen. Für eine
Bereinigung des Systems könnten insgesamt USD 373 Mrd. - bzw. 30% des BIP
2002 - erforderlich sein. Allerdings hat die Regierung einige ermutigende
Schritte eingeleitet, u.a. eine Reihe von Anlagenverkäufen, Entflechtungen
und Teil-Rekapitalisierungen, sowie strengere Kreditverfahren eingeführt,
um zu vermeiden, dass sich eine Krise im System entwickelt. Die Regierung
griff 1998 und erneut 2003 ein, um die vier größten Staatsbanken zu unter-
stützen. Dank der staatlichen Intervention konnte die China Construction
Bank ihre Quote von notleidenden Krediten bis Ende 2003 auf etwa 9% senken
und liegt damit weit unter den 20%, die insgesamt für die vier größten
chinesischen Staatsbanken gemeldet wurden.
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Quelle: Investmentfonds.de
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