Investmentfonds.de
21.07.2004:
ADIG: Hängepartie an den intern. Aktienmärkte hält an
Köln, den 21.07.2004 (Investmentfonds.de) - Die Weltaktienmärkte zeigten in der Vorwoche
weiterhin eine lustlose Stimmung, die vor allem das Ergebnis weiter ansteigender Öl-
preise war, heisst es im aktuellen Wochenbericht der ADIG-Experten. Diese erreichten
nahezu die alten Jahreshöchststände vom Mai. Die Gefahr, dass die russische Ölgesell-
schaft Yukos, die sich umfangreichen Steuernachzahlungsforderungen des russischen
Staates ausgesetzt sieht, bis Ende des Monats nicht mehr lebensfähig ist, konnte zwar
offensichtlich abgewendet werden. Dies gab aber lediglich Anlass für eine kurze,
vorübergehende Gegenbewegung der Ölpreise. Auch der vorzeitige Opec-Beschluss, jetzt
schon – ohne Opec-Sitzung am 21. Juli – die Förderquoten mit Wirkung von Anfang August
um weitere 500.000 Fass je Tag zu erhöhen, konnte die Stimmung kaum verbessern. Bei
in den USA teilweise enttäuschenden Konjunkturdaten schürte insbesondere der nach
unten revidierte Ausblick einiger großer US-Technologieunternehmen den latenten An-
legerpessimismus für Aktien. Von Japan abgesehen, wo die Indexentwicklung insgesamt
stagnierte, dominierten in Europa (STOXX –1,3 %) wie in den USA (S&P-Index –1,0%)
insgesamt moderate, negative Kurstendenzen. Während in Euroland in der vorangegangen
Woche Rohstoff-, Konsum-, Industrie- sowie Chemieaktien mit schwachen Indexavancen
die Spitzengruppe bildeten, waren Technologieaktien mit einem Indexrückgang von mehr
als 6% mit Abstand schwächster Sektor.
Die Konjunkturdaten in den USA haben diesmal insgesamt eher enttäuscht. Sowohl das
Einzelhandelsvolumen als auch die Industrieproduktion zeigten kräftige monatliche
Rückgänge, die sogar noch über den ohnehin eher pessimistischen Erwartungen lagen.
Allerdings war der Rückgang der Einzelhandelsumsätze maßgeblich auf das Ausbleiben
von großzügigen Angeboten bei den Autoverkäufen zurückzuführen. Dass es sich bei den
enttäuschenden Zahlen nicht um den Beginn einer neuen konjunkturellen Schwächephase
handeln dürfte, lässt sich u.a. aus der klaren Verbesserung der beiden von zwei lokalen
Reserve Banks (Philadelphia und New York) berechneten Aktivitätsindizes schließen. Auch
die Konsumenten- und Produzentenpreise konnten im Monat Juni dank rückläufiger Energie-
und Nahrungspreise die allseits befürchtete Inflationstendenz in Grenzen halten. Die
Herabstufung des Halbleitersektors durch Merrill Lynch war vor der Bekanntgabe der
Quartalsergebnisse großer US-Unternehmen u.a. aus dem Technologiesektor kein gutes
Omen. Während verschiedene Unternehmen – u.a. Johnson&Johnson und McDonalds – über
den Erwartungen berichteten, sorgte die negative Revision von Umsatzprognosen und/oder
Gewinnmargen bei großen Halbleitergesellschaften für eine Verstimmung am gesamten
Aktienmarkt. Nach unzähligen Gewinnwarnungen kleinerer Technologiewerte übertrafen
Dell und IBM zum Wochenschluss die Erwartungen recht deutlich und konnten somit für
leichte Entlastung sorgen. Dabei müssten Dell mit 10 Mrd. und IBM mit 25 Mrd. Dollar
Umsatz im jeweiligen Quartal wesentlich repräsentativer sein als die Gewinnwarnungen
vorwiegend kleinerer Technologieunternehmen, die vornehmlich auf unternehmensspezi-
fische Ursachen zurückzuführen sind. Insgesamt haben von den 500 großen Unternehmen
bereits 85 ihre Quartalszahlen bekanntgegeben. Davon lagen immerhin 71% über den Er-
wartungen, was jedoch durch die revidierten Geschäftserwartungen teilweise vom
Aktienmarkt nicht ausreichend honoriert worden ist.
In Europa gaben einige Konjunkturdaten, u.a. eine im Mai jetzt auch in Frankreich und
in Italien kräftig erhöhte Industrieproduktion, Anlass, immer noch bestehende Zweifel
an einer allmählich einsetzenden Konjunkturbelebung ad acta zu legen. Nach der zweiten
Schätzung hat sich der Anstieg des BIP bereits im ersten Quartal von +0,4% im Vor-
quartal auf +0,6% beschleunigt, was einer jährlichen Wachstumsrate von 1,3% ( nach
+0,7%) entspricht. Die Verbraucherpreise zeigten u.a. in Deutschland unter dem Einfluss
rückläufiger Energiepreise eine gewisse Entspannung, diese dürfte aber angesichts
erneut hoher Rohölpreise nur vorübergehend sein. In den Niederlanden hat sich mit
wieder negativer Jahresrate der Verbraucherausgaben im Mai der langjährige Trend ab-
nehmenden Wachstums des Privatkonsums weiter fortgesetzt. Auch in anderen kerneuro-
päischen Ländern bleibt nach dem Stand jüngster Indikatoren der Privatkonsum immer
noch sehr verhalten. So ruht die Hoffnung auf eine Konjunkturbelebung in Euroland
primär auf der Auslandsnachfrage sowie den Unternehmensinvestitionen. Beim weltweit
führenden Handyhersteller Nokia zeigt sich, dass das Unternehmen angesichts erneut
enttäuschender Zahlen für das zweite Quartal (Umsatz -4% gg. Vj. und Betriebsgewinn
-5%) den Trend rückläufiger Marktanteile offenbar nicht aufhalten kann. Nachdem das
dritte Übernahmengebot für den britischen Einzelhandelskonzern Marks&Spencer von
Privatinvestor Green überraschend zurückgezogen wurde, ging der Aktienkurs deutlich
zurück.
In Japan fielen die Zahlen für die Industrieproduktion nach vorläufigen Zahlen im Mai
sowie der konjunkturelle Frühindikator deutlich stärker als erwartet aus. Die positive
Konjunkturdynamik ist offenbar voll intakt. Zudem kann die Regierung Koizumi trotz der
Stimmenverluste in den Oberhauswahlen seine Reformpolitik weitere zwei Jahre fort-
setzen. Die Bank von Japan hat in ihrem Wirtschaftsbericht die Konjunkturbeurteilung
von gradueller Erholung auf Erholung umetikettiert. Dabei erwartet sie bei kräftigen
Impulsen von Exporten und Investitionen auch eine günstigere Entwicklung am Arbeits-
markt mit positiven Auswirkungen auf das Konsumklima.
Ausblick auf die Woche vom 19. Juli bis 23. Juli 2004 (KW 30)
In den USA steht diese Woche wieder einmal der FED-Chef Alan Greenspan mit seinen
halbjährlichen Reden vor dem Senat (Dienstag) und dem Kongress (Mittwoch) im Mittelpunkt
des Markt-Interesses. Dabei dürfte das Hauptaugenmerk auf der Einschätzung des Arbeits-
marktes sowie der Inflation gerichtet sein. In den nächsten beiden Wochen berichten
etwa 300 Unternehmen aus dem S&P500: am Mittwoch u.a. Colgate-Palmolive, Eastman Kodak,
General Motors, JP Morgan Chase, Ebay und Qualcomm sowie am Donnerstag AT&T, Coca-Cola,
SBC Communications, Amazon.com, Broadcom und Microsoft.
In der Eurozone steht am Montag die Industrieproduktion für den Monat Mai an. Nach den
positiven Vorgaben ist mit einer deutlichen Beschleunigung gegenüber April zu rechnen.
Für Deutschland sind am Dienstag die Ergebnisse der ZEW-Umfrage zur Einschätzung der
wirtschaftlichen Entwicklung von Interesse. „Angesichts der aufkeimenden Marktsorgen,
dass die US- und Weltwirtschaft ihren Höhepunkt im aktuellen Konjunkturzyklus bereits
überschritten haben, könnte auch die Stimmung in Deutschland gelitten haben“, sagt
ADIG-Fondsmanager Matthias Grimm.
In Europa werden u.a. Unternehmenszahlen von LVMH, Novartis, Infineon, Roche, Ericsson,
Iberdrola, Banco Popular, ST Microelectronics, mmO2, Volvo, Thomson, SAP, Schering,
AstraZeneca und Volkswagen erwartet. „Nachdem die Stimmung bislang weniger von den
Zahlen, sondern eher von den verhaltenen Ausblicken eingetrübt worden ist, müssen sich
diese verbessern, um einen positiven Einfluss auf die Aktienmärkte zu haben“, so Europa-
Experte Grimm. „Ab Wochenmitte bestehen also gute Chancen, dass die Märkte dann
deutlicher nach oben tendieren“, sagt der Fondsmanager.
Quelle: Investmentfonds.de
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