Investmentfonds.de
23.09.2004:
Threadneedle: Haben die US-Präsidentschaftswahlen einen wesentlichen Einfluss auf die US-Wirtschaft?
Köln, den 23.09.2004 (Investmentfonds.de) - Nachdem nun beide Präsidentschaftskandi-
daten ihren Parteikonvent abgehalten haben, beginnen die Anleger darüber nachzudenken,
welchen Einfluss das Wahlergebnis auf die US-Wirtschaft und auf den US-Markt haben
wird. Gegenwärtig rechnet der Aktienmarkt mit einem Gewinn von Bush. Das ist bereits
in den Kursen eingepreist. Von einem Sieg für John Kerry geht der Markt nicht aus,
so dass eine solche Wendung die Stimmung durchaus beeinflussen könnte.
„Man sollte sich vergegenwärtigen“, erklärt Cormac Weldon, Head of US Equities bei
Threadneedle Investments, „dass ein besonders wichtiger Teil der Wirtschaftsführung
unberührt vom Wahlausgang im November bleibt – die US-Notenbank und ihr Chef Alan
Greenspan werden in ihren bisherigen Positionen bleiben, was auch geschieht, und das
verringert ein wenig die Unsicherheit, die möglicherweise aufkommen kann.“
Bei der Betrachtung der möglichen Szenarien sollte man sich vor Augen halten, wie das
politische System in den USA funktioniert. „Zuallererst müssen wir berücksichtigen,
dass es im November insgesamt drei Wahlen gibt“, fügt Cormac Weldon hinzu. „Anders als
zum Beispiel in Großbritannien, wo der Vorsitzende jener Partei, die eine Mehrheit im
Parlament erreicht, Premierminister wird, sind in den USA die Wahlen zum Senat,
Repräsentantenhaus und die Präsidentschaftswahlen separate Wahlen. Damit ein Präsident
sein Amt wirkungsvoll ausüben kann, benötigt er die Kooperation mit Senat und
Repräsentantenhaus. Wenn das Amt des Präsidenten und die beiden Abgeordnetenhäuser
nicht von der gleichen Partei kontrolliert werden, sind Kompromisse durch den Präsi-
denten nötig, was zu einer Verwässerung der Politik führt. Aber selbst wenn alle drei
Institutionen von derselben Partei kontrolliert werden, brauchen strittige Gesetze,
damit sie den Senat passieren, eine Mehrheit von 60 Prozent.
Daher konzentrieren sich die Märkte vor allem auf die Ungewissheit, die einträte,
würden die Demokraten die Präsidentschaftswahlen, den Senat und/oder das Repräsentanten-
haus gewinnen. Obwohl es noch viel zu früh ist, um Vorhersagen zu treffen, würde es
doch eines noch nie erlebten Gegentrends für die Republikaner bedürfen, damit diese
ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus verlören. Bleibt dieser Rückschlag aus, wären ein
Präsident John Kerry und ein demokratischer Senat zu Kompromissen gezwungen, um Gesetze
im Repräsentantenhaus durchzusetzen.
Aber es gibt keinen Zweifel daran, dass – trotz Zwangs zu Kompromissen – einige Markt-
segmente davon beeinflusst würden, falls die Wahrscheinlichkeit steigt, dass John
Kerry die Wahl gewinnt. Am meisten würde sich das sicherlich auf das Gesundheitswesen
auswirken, denn die Ankündigungen von Senator John Kerry wären, sofern sie umgesetzt
werden, von Nachteil für diese Unternehmen. Man sollte allerdings berücksichtigen,
dass der Druck auf die Gesundheitsbranche nicht ausschließlich von Senator John Kerry
ausgeht. Die USA sieht sich mit den gleichen Problemen konfrontiert wie die anderen
etablierten Volkswirtschaften: die Bevölkerung altert, die Gesundheitskosten steigen
und die Zahl der Beschäftigten, die das Gesundheitswesen finanzieren, geht zurück.
Verschärft wird die Situation durch den derzeitigen Mangel an neuen so genannten
Blockbuster-Medikamenten, die der Branche große Umsätze sichern. Diese Faktoren wirken
unabhängig vom Ausgang der Wahlen im November. Ein Gebiet, das noch mehr beeinflusst
wird, wenn Senator John Kerry die Präsidentschaftswahlen gewinnen sollte, wird die
Außenpolitik sein. Betrachtet man die Hinterlassenschaft, die er erbt, und die ge-
stiegene globale Terrorgefahr, wird es – wenn überhaupt – einige Zeit dauern, bevor
wir eine Friedensdividende unter einem Präsidenten John Kerry erleben.
Obwohl die Märkte keine Unwägbarkeiten mögen und durch die Reden der Kandidaten bis
zur Wahl beeinflusst werden könnten, so steht eines doch fest: die meisten möglichen
Resultate der Wahlen im November werden nicht zu dramatischen Veränderungen führen.“
Quelle: Investmentfonds.de
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