In unserem letzten Marktkommentar haben wir betont, dass es ein etwa 3-6 monatiges Zeitfenster für die globale Politik gibt, die großen Belastungsfaktoren für das Weltwirtschaftswachstum zu bereinigen. Offensichtlich waren wir zu hoffnungsfroh und haben das Ausmaß närrischen Treibens unterschätzt.Faktisch ist der Februar verstrichen, ohne auch nur ansatzweise Lösungsperspektiven geboten zu haben. ">
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05.03.2019:
Euroswitch Kommentar: "Der Februar war reich an Narren und arm an Tagen"
Köln, den 05.03.2019 (Investmentfonds.de) -
Thomas Böckelmann, leitender Portfoliomanager der Vermögensmanagement Euroswitch GmbH
In unserem letzten Marktkommentar haben wir betont, dass es ein etwa 3-6
monatiges Zeitfenster für die globale Politik gibt, die großen Belastungsfaktoren
für das Weltwirtschaftswachstum zu bereinigen.
Offensichtlich waren wir zu hoffnungsfroh und haben das Ausmaß närrischen
Treibens unterschätzt.
Faktisch ist der Februar verstrichen, ohne auch nur ansatzweise Lösungsperspektiven
geboten zu haben. Vielmehr scheinen sich die Fronten überall zu verhärten und der
gesunde Menschenverstand ist weitestgehend verdrängt. So will ein US-Präsident
Notstandsgesetze verhängen, wenn er seinen Willen nicht durchsetzen kann und
untergräbt damit die Fundamente der Demokratie.
Zumindest kommt Bewegung in den Handelsstreit mit China und Europa, auch wenn
viele der Äußerungen mehr nach Hoffnung als nach solidem Kompromiss klingen.
Offensichtlich werden die USA und China bis Ende März benötigen, um der
Öffentlichkeit einen "Deal" oder eine andere Art der Gesichtswahrung zu
präsentieren. Anderenfalls droht der Weltwirtschaft ein signifikanter Schaden,
dessen Ausmaß aktuell noch nicht abzuschätzen ist. Zu sehr sind die globalen
Produktions- und Lieferketten miteinander verflochten, als dass ein Gewinner vom
Feld marschieren könnte.
Ein Verlierer steht schon heute fest - der deutsche Steuerzahler, Stromkonsument
und Geldanleger. Die Realsatire auf der politischen Bühne Berlins mag nicht enden
und der Vorhang einfach nicht fallen wollen. In Berlin wird ernsthaft die
Enteignung eines deutschen MDAX Unternehmens erwogen, weil eine verirrte Politik
glaubt, sie könne damit den Wohnungsnotstand beenden. Dabei liegen die Ursachen
für steigende Mieten nicht bei Investoren, sondern in verfehlten politischen
Eingriffen in die Märkte wie die verantwortungslose Euro-Rettungspolitik mit
teils negativen Zinsen und eine überbordende Baubürokratie. Statt private
Bauvorhaben zu unterstützen, werden diese allerorts erschwert.
"Wenn wir so weitermachen wie bisher, werden wir scheitern." Dieser Satz, der
Bundeskanzlerin Merkel bei einer internen Debatte zum Bericht der Kohlekommission
zugeordnet wird, ist leider kein Ausdruck der Erkenntnis. Vielmehr deutet sich an,
dass die "dümmste Energiepolitik der Welt" (Wall Street Journal - Kommentar der
Gesamtredaktion am 29.01.19) noch konsequenter verfolgt werden wird. Nicht nur
steigt die Abhängigkeit vom russischen Gas von aktuell 37% auf über 50%, auch
sind starke Strompreiserhöhungen angesichts der verfehlten Planung zur
Energieversorgung vorprogrammiert. Bereits heute liegen deutsche Strompreise 25%
über dem durchschnittlichen Niveau der EU. Die Universität Frankfurt schrieb
jüngst zur deutschen Energiepolitik, dass das politische Berlin ökonomische Logik
systematisch ignoriere.
Aber in der Karnevalszeit muss sich jeder der Narretei verschreiben, selbst das
humorlose Finanzministerium. Nachdem wir Anleger jetzt erleben dürfen, dass die
Banken alle neuen Regulierungen und die Vorgaben des Investmentsteuergesetzes in
ihren Systemen umgesetzt haben, erstmals die Konten mit einer sogenannten
Vorabpauschale auf die zu erwartenden Kapitalerträge 2019 belastet wurden, erwägt
der Bundesfinanzminister tatsächlich eine erneute Änderung noch in dieser
Legislaturperiode. So soll das endlich reibungslos funktionierende Besteuerungs-
verfahren wieder geändert und die Abgeltungssteuer durch den individuellen
Steuersatz ersetzt werden. Ferner drohen Anlegern, die um die eigene Altersvorsorge
bemüht sind, Transaktionssteuern bei Wertpapierkäufen. Ein vorläufiger Höhepunkt
dieser Faschingssaison ist aber die neue Idee Berlins, mit Hilfe einer zu
gründenden Ethikkommission festzulegen, welche Investments für Anleger ethisch
wertvoll und für die Altersvorsorge erlaubt sind und welche nicht.
Wir befürchten, dass das närrische Treiben am Aschermittwoch noch nicht vorbei
sein wird. In Europa drohen im Vorfeld der Europawahlen ein gegenseitiges
Hochschaukeln von Ideologien, unbezahlbare Wahlversprechen und weitere
Umverteilungsorgien. Abgesehen von wenigen Ausnahmen steht die Zukunft nicht auf
der Agenda. Die geplanten Investitionen in Bildung, Innovation, Sicherheit und
Infrastruktur für zukünftige Generationen sind vernachlässigbar gegenüber den
geplanten Umverteilungen bestehenden Vermögens.
Aktuell sind wir nicht wirklich geneigt, im Vorfeld der Europawahlen dem Frohsinn
zu huldigen - obwohl - vielleicht erheitern uns doch noch die Briten mit einem
längeren Verbleib in der EU. Ein Blick in das britische Parlament in diesen Tagen
zeigt den wahren Abgrund überforderter Volksvertreter. Wenige Tage vor dem
offiziellen Austritt Großbritanniens aus der EU weiß faktisch niemand, wie es
weitergehen kann oder soll. Völlig unbeeindruckt von der Realität mit dringend
erforderlichen Antworten für täglich handelnde Unternehmen mit Arbeitnehmern und
Kunden, wird debattiert, als wäre immer noch alles ein Spiel. Wir empfehlen den
britischen Parlamentariern, jahreszeitkonform eine rote Pappnase zu tragen.
Ein seriöser und nüchterner Blick auf Weltwirtschaft und Kapitalmärkte gibt
zumindest kurzfristig Entwarnung. Zwar geben die als Frühindikator geltenden
Einkaufsmanagerindizes weiter spürbar nach und auch das ein oder andere
börsennotierte Unternehmen hat seinen Ausblick nach unten korrigiert, vieles
spricht jedoch lediglich für eine konjunkturelle Delle infolge massiver
Verunsicherung in breiten Teilen der Wirtschaft. Konsumverhalten und
Investitionsgüternachfrage sind immer noch auf absolut hohem Niveau,
zwischenzeitliche Zinserhöhungsängste sind mittlerweile völlig verschwunden, die
Notenbanken nahezu wieder im Rettungsmodus.
Die globalen Aktienmärkte haben uns im Februar mehrheitlich erfreut. Große Teile
der durch Übertreibung in den letzten Wochen des alten Jahres entstandenen
Buchverluste konnten in den ersten beiden Monaten des neuen Jahres ausgeglichen
werden.
Frau Merkel hat jüngst die globalen Herausforderungen wie folgt kommentiert:
"Wir spüren alle gerade, dass sich tektonische Verschiebungen ergeben, die man
am besten multilateral austariert."
In diesem Sinne wünschen wir den Akteuren schnelles und erfolgreiches Handeln.
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