Investmentfonds.de
08.11.2021:
Janus Henderson Investors Kommentar: China: Corona, Konsum, Kredit
Köln, den 08.11.2021 (Investmentfonds.de) -
Jennifer James, Emerging Market Credit Portfoliomanagerin
China: Corona, Konsum, Kredit
Jennifer James, geht der Frage nach, wie die von der
chinesischen Regierung ergriffenen Maßnahmen bei
Corona, Konsum und Kredit die kurzfristige Entwicklung
Chinas beeinflussen werden.
- Die derzeitige Corona-Politik Chinas trägt zu
Problemen bei den Lieferketten bei.
- Das Konsumwachstum in China erweist sich als
schwächer als erwartet. Möglicherweise liegt dies
an den wirtschaftlichen Corona-Auswirkungen auf
Geringverdiener und an der veränderten politischen
Einstellung zur Schuldenbremse.
- Angesichts des engen Zusammenhangs zwischen
dem Schuldenanstieg und dem Wirtschaftswachstum in
China dürfte das harte Durchgreifen gegen die
Verschuldung der chinesischen Wirtschaft sowohl
nationale als auch globale Auswirkungen haben.
Die von der Regierung ergriffenen Maßnahmen zur Bewältigung
der drei großen Problembereiche - Corona, Konsum und Kredit
- erklären die derzeitige Situation Chinas und werden
wahrscheinlich den kurzfristigen Kurs des Landes bestimmen.
Längerfristig versucht China, seine Wirtschaft durch
Innovationen voranzutreiben und den Spagat zwischen Gewinn
und dem Schutz des Wohlergehens seiner Bevölkerung zu
bewältigen. Der Umfang und die Herausforderung, die mit der
Entwicklung einer so großen Volkswirtschaft einhergehen,
sind gewaltig. Kein anderes Land hat die Fähigkeit oder
den Ehrgeiz, das zu tun, was China tut. Diese Anstrengungen
können jedoch unbeabsichtigte Folgen nach sich ziehen.
In der Tat haben die zeitgleichen politischen Schocks in
verschiedenen Sektoren, wahrscheinlich zu einer
Beschleunigung einer ansonsten natürlichen
Konjunkturabschwächung geführt, das Konsumklima
verschlechtert und zur jüngsten Marktinstabilität beigetragen.
Corona
China verfolgt gegenüber Corona eine Null-Toleranz-Strategie.
Nach dem Auftreten von Fällen wurden ganze Großstadtgebiete
abgeriegelt. Es wurde erklärt, dass eine Impfquote von
80-85 %(1) erreicht werden muss, bevor diese Strategie
überdacht würde. Auch das verarbeitende Gewerbe blieb von
diesem Vorgehen nicht verschont, und dem Industriezentrum
Guangdong wurden strenge Auflagen gemacht. Eine solche
Vorgehensweise, der die Wirtschaftstätigkeit sofort abwürgen
kann, um sie dann wie einen Lichtschalter wieder
einzuschalten, sobald die Fallzahlen zurückgehen, ist
disruptiv. Denn es ist oft einfacher, die Wirtschaftstätigkeit
einzustellen, als sie wieder in Gang zu bringen. Die weltweit
steigenden Frachtkosten sind ein Indiz für die Überlastung,
die durch Chinas Corona-Intoleranz verursacht wurde, zu der
auch die Schließung von Ningbo-Zhoushan, des drittgrößten
Hafens der Welt, wegen eines positiven Falls gehört.
Abbildung 1: Chinas Impfrate übertrifft die von Großbritannien
und den USA, erreicht aber nicht die Voraussetzung von 80-85%
für die Wiedereröffnung
Quelle: Bloomberg, NCOVCNPV Index (China), NCOVGBPV
Index (UK), NCOVUSPV Index (US), NCOVFRPV Index
(Frankreich), 8. August 2021 bis 27. Oktober 2021
Abbildung 2: Steigende Frachtkosten für Container
Quelle: Bloomberg, WCI (World Container Index) Composite
Container Freight Benchmark Rate (WCIDCOMP),
21. Oktober 2020 bis 21. Oktober 2021
Konsum
Der chinesische Einzelhandelskonsum bleibt schwach.
Er ist weit hinter den Erwartungen, dass er sich mit
der Aufhebung der Restriktionen verbessern würde,
zurückgeblieben. Es gibt kaum Anzeichen für eine Erholung,
und das Wachstum der Einzelhandelsumsätze in China nach
Corona bleibt deutlich unter der Wachstumsrate von 8 %(2)
vor der Pandemie, die im Dezember 2019 verzeichnet wurde.
Der schwache Konsum könnte darauf zurückzuführen sein,
dass die größte Belastung durch die wirtschaftlichen
Auswirkungen von Corona von denjenigen getragen wird,
die am anfälligsten dafür sind. Geringverdiener machen
40 %(2) der Bevölkerung aus, und die Arbeitsmarktdaten
deuten darauf hin, dass ihr Einkommen nicht im gleichen
Maße gestiegen ist wie das der einträglicheren Berufe
wie Technologie und Finanzdienstleistungen.
Abbildung 3: Die Einkommensunterschiede haben sich
verschärft, da einkommensschwache Bevölkerungsgruppen
die Hauptlast von Corona zu tragen hatten
Quelle: Barclays Research, Sonderthema: China,
Politische Entwicklung, September 2021
Gleichzeitig stiegen die Sparquoten der privaten Haushalte
infolge der Lockdowns. Sie wurden aber von den Sparern nicht
genutzt, um einen konsumorientierten Aufschwung
herbeizuführen, als die Wirtschaft wieder ansprang. Dies
könnte die Störung und Unsicherheit widerspiegeln, die sich
aus dem Null-Corona-Ansatz ergeben, bei dem plötzliche
Beschränkungen die Planung von Freizeitausgaben erschweren.
Außerdem könnte es darauf hindeuten, dass die Verbraucher
hinsichtlich ihrer künftigen Beschäftigungsperspektiven
vorsichtig sind.
Abbildung 4: Schneller Anstieg der Spareinlagen
Quelle: Barclays Research, Sonderthema:
China, Politische Entwicklung, September 2021
Kredit
Ein weiterer Faktor, der die Kauflust der Verbraucher
beeinträchtigen könnte, ist das harte Durchgreifen der
Regierung im Immobiliensektor. Die Regierung hat
erklärt, dass sie nicht möchte, dass der Wohnungsmarkt
zu einem Spekulationsmarkt wird. Immobilien sind in
China von gesellschaftlicher Bedeutung und machen
23,3 % des BIP aus3. Die Maßnahmen zur Stabilisierung
des Wohnungsmarktes beginnen zu greifen. Allerdings
scheinen sie über das Ziel hinausgeschossen zu sein
und diesen Wachstumsmotor zu bremsen.
Abbildung 5: Jahreswachstum bei den Wohnungsverkäufen
und deren Aufschlüsselung nach Stadtteilen
Quelle: Nomura Global Research, China: Immobilienbezogene
Indikatoren haben sich im September, Oktober 2021
weitgehend verschlechtert. Der Rang einer Stadt errechnet
sich aus dem Durchschnitt ihrer politischen Stellung,
ihrer Bevölkerung und ihres BIP. Stufe 1 spiegelt die
größten Städte wider.
Ein Teil des Risikos, das sich aus einer Abschwächung
des Immobiliensektors in Verbindung mit einer strengeren
Schuldenpolitik der Regierung ergibt, hat sich bereits
in den Schwierigkeiten von Evergrande, dem großen
chinesischen Immobilienentwickler, gezeigt.
Das Systemrisiko, das von der Evergrande-Saga ausgeht,
dürfte gering sein, da die Banken nur ein begrenztes
direktes Exposure in immobilienbezogenen Krediten haben
und China die Folgen einer übermäßigen Belastung
wahrscheinlich in Grenzen halten wird. Dennoch dürfte
die Unterstützung eher auf Hauskäufer als auf die
Rettung von Unternehmen an sich abzielen, sodass die
Aktien- und Credit-Märkte möglicherweise einige
Verluste auffangen müssen. Die Reaktion ist auf den
Credit-Märkten zu beobachten: Die Credit-Spreads in
China weiten sich aus. Bislang ist die Ausbreitung
und ihre Ausweitung über China hinaus begrenzt, da
sich die Spreads für Hochzins- und Investment-Grade-Anleihen
der Schwellenländer kaum verändert haben.
Abbildung 6: Geringe Reaktion der Credit-Märkte
außerhalb Chinas
Quelle: Bloomberg, JPMorgan CEMBI = JPMorgan Corporate
Emerging Market Bond Index, JBCDCBZW Index (Broad
Diversified); JBCDIGZW Index (High Grade oder
Investment Grade); JBCDHYZW Index (High Yield);
JBCDCNZW Index (China). 1. Oktober 2020 bis 21.
Oktober 2021
Die Bemühungen, die hohe Verschuldung im Immobiliensektor
in den Griff zu bekommen, sind Teil der allgemeinen
Maßnahmen zur Begrenzung des Kreditwachstums. Zur
Unterstützung der Strategie der Kreditverknappung
wurden wichtige politische Maßnahmen ergriffen, darunter(2):
- Die People's Bank of China (PBoC) schränkt die Vergabe
von Immobilienkrediten ein (einschließlich Treuhand- und
Anleihefinanzierung für Bauträger und Hypotheken für
Verbraucher).
- Das Finanzministerium (MoF) verschärft die Auflagen
für lokale staatliche Finanzierungsgesellschaften (LGFV)
und die Emission von Anleihen. Der Staatsrat duldete
auch den Ausfall von LGFVs.
- Die chinesische Aufsichtsbehörde für das Bank- und
Versicherungswesen (CBIRC) verschärft den Umgang mit
Treuhand- und Schattenfinanzierungen und strebt für
2021 eine Reduzierung um 1 Billion CNY an.
China hat jahrzehntelang ein beachtliches
schuldenfinanziertes Wachstum erlebt. Die steigende
Verschuldung in Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP)
steht in einem positiven Verhältnis zum chinesischen
Pro-Kopf-BIP. Das Risiko für die Welt besteht darin,
dass Chinas Absicht, die Verschuldung abzubauen, zu
einem langsameren Binnenwachstum führt, was wiederum
Auswirkungen auf das globale Wachstum hat.
Abbildung 7: Chinas schuldenfinanziertes Wachstum
Quelle: Bloomberg, CHBGDTOP Index (R1), GDCCPCHN Index
(L1), 31. Dezember 2004 bis 31. Dezember 2020
1 Quelle: Deutsche Bank, Exit Strategy Policy Tracker,
Oktober 2021
2 Quelle: Barclays Research, Spezialthema: China,
Politische Entwicklung, September 2021
3 Quelle: Goldman Sachs Economics Research, China
Data Insights: Wie groß ist Chinas Immobiliensektor,
Oktober 2021
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