Investmentfonds.de
24.11.2021:
LOIM: Keine Angst vor einer drohenden Rezession
Köln, den 24.11.2021 (Investmentfonds.de) -
Florian Ielpo, Head of Macro bei
Lombard Odier Investment Managers (LOIM)
Keine Angst vor einer drohenden Rezession
Expansion hält an bei niedrigeren Realzinsen als
beim Wirtschaftswachstum
Die Märkte begannen zu antizipieren, dass der
veränderte Ton der Zentralbanken langfristig eine
Rezession auslösen könnte. Historisch gesehen lösen
lange Rezessionen kurze Expansionen aus - und nicht
umgekehrt. Solange die Realzinsen deutlich unter dem
Wirtschaftswachstum liegen, besteht die Chance, dass
die derzeitige Expansion anhält: Es wären viel höhere
Zinsen nötig, um eine Rezession auszulösen.
In den letzten Wochen hat der Markt begonnen zu glauben,
dass der aktuelle Zyklus früher als erwartet enden könnte.
Zwischen hohen Inflationszahlen, Lohnerhöhungen,
Lieferkettenproblemen und der Rückkehr der restriktiven
Geldpolitik in den Vordergrund zeigten die Anleger
Befürchtungen. Diese Sorgen sollten jedoch übertrieben
sein - vor allem aus zwei Gründen.
Erstens gehen die Märkte von der Annahme aus, dass kurze
Expansionen kurzen Rezessionen vorausgehen. Historisch
gesehen ist diese Beziehung falsch. Im Falle der USA
folgen auf lange Rezessionen in der Regel kürzere
Expansionsphasen. Tatsächlich wird es einer Wirtschaft,
die über einen längeren Zeitraum leidet, schwerer fallen,
sich wieder zu erholen und eine nachhaltige Expansion zu
schaffen. Hohe Arbeitslosigkeit, niedrige Investitionen
und Unterproduktion, die über Jahre hinweg erlitten wurden,
sind nur schwer umzukehren. Im Gegensatz dazu führen kurze
Rezessionen zu unterschiedlich langen Expansionen: Die
heute am Markt zu beobachtende Furcht ist also fehl am
Platz. Im Fall des Covid-19-Schocks wurde die
Arbeitslosigkeit hart getroffen, erholte sich jedoch,
sobald das Virus unter Kontrolle war. Die Rezession blieb
dank massiver fiskalischer und monetärer Anreize kurz.
Kurze Rezessionen haben also eher etwas von einer Klippe,
wenn lange Rezessionen schwieriger zu überwinden sind.
Zweitens können die Zinssätze erheblich steigen, bevor
der Zyklus entgleist. In der Vergangenheit kam es, wenn
Gewinne und Kosten konvergierten, zu einer Rezession.
Anders ausgedrückt: Wenn die Kosten die Gewinne übersteigen,
verlangsamt sich die Wirtschaft so weit, dass sie schrumpft.
Dies war 2001 während der Dotcom-Blase oder 2008 während der
großen Finanzkrise der Fall: Die Investitionen gingen zurück,
da ihr wirtschaftlicher Ertrag geringer wurde als ihre
Finanzierungskosten. Derzeit befinden sich die Kosten nahe
ihrem historischen Tiefststand und die Gewinne sind solide,
insbesondere gestützt durch ein außerordentliches
Konsumwachstum, das wir für die nächsten Quartale weiterhin
erwarten. In dieser Hinsicht haben die Realzinsen noch viel
Spielraum nach oben, bevor sie das Wort "Rezession"
aussprechen können. Die Anleger sollten daran denken, dass
es derzeit die kurzfristigen Zinsen sind, die steigen.
Unternehmen und Haushalte finanzieren ihre Investitionen
nicht mit kurzen, sondern mit langen Zinssätzen. Die
langfristigen Zinsen müssen erst steigen, bevor man sich
Sorgen über das Ende des derzeitigen Booms zu machen beginnt.
Schließlich sei daran erinnert, dass eine Straffung der
Geldpolitik in erster Linie ein positives wirtschaftliches
Signal ist. Wenn eine Zentralbank beschließt, ihr QE-Programm
zu reduzieren und dann die Zinsen anzuheben, bedeutet dies,
dass die Wirtschaft solide ist. Die Arbeitslosigkeit ist
niedrig, die Inflation dürfte sich ab 2022 normalisieren, da
die Störungen in der Lieferkette nachlassen, und die
Unternehmen profitieren von soliden Gewinnen: Die entwickelten
Volkswirtschaften können Zinserhöhungen verkraften, ohne mit
der Wimper zu zucken - sie brauchen sie sogar, um diese
Expansion gedeihen zu sehen.
Kurz gesagt: Auf kurze Rezessionen folgen keine kurzen
Expansionen, und kurzfristige Zinserhöhungen müssen auf
die langfristigen Zinsen übergreifen, bevor man beginnt, an
eine Rezession zu denken. Daher scheinen die Sorgen einiger
Anleger verfrüht zu sein.
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Quelle: Investmentfonds.de
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