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18.07.2022:
Spectrum Markets | Der Euro erreicht die Parität: Auch die Stimmung der Privatanleger kippt
Köln, den 18.07.2022 (Investmentfonds.de) -
Christian-Hendrik Knappe, German Sales Director bei Spectrum Markets
Der Euro erreicht die Parität: Auch die Stimmung der Privatanleger kippt
Die jüngsten Nachrichten zum fallenden Euro verunsichern zunehmend auch
viele Privatanleger. Der Sentiment-Index SERIX, bezogen auf das Währungspaar
Euro-US-Dollar, fiel kürzlich von 129 auf die Marke von 105 Punkten. Der von
Spectrum Markets berechnete Index fasst die Marktstimmung aus Short- und
Longtrades zusammen. Am 2. Juni hatte der Basiswert des Währungspaares
Euro-US-Dollar bereits einen Tiefpunkt erreicht und sich danach wieder erholt.
Ein Wert unter 100 zeigt an, dass sich mehr Anleger mittels verbriefter
Derivate gegen den Wert des Euro stellen, als Gegenpositionen bestehen.
Der schwache Euro ist ein Indikator dafür, dass das Vertrauen in die
europäische Wirtschaft zunehmend schwindet. Nachdem bereits Covid-19,
der Brexit und anhaltende Lieferkettenprobleme für einen stotternden
Wachstumsmotor sorgten, führen seit Kriegsbeginn in der Ukraine extreme
Preissteigerungen für Energie, Dünger und Lebensmittel zu einem inflationären
Schub. Bei gleichzeitig niedrigen Wachstumszahlen rückt die Gefahr einer
Stagflation, der von den Märkten gefürchteten Mischung aus wirtschaftlicher
Stagnation und einhergehender erhöhter Inflation, immer näher. Zwar kann die
EZB mit Zinsanpassungen die Inflation abfedern, die großen wirtschaftlichen
Fragen aber bleiben zunächst ungelöst.
Vor großen Problemen steht insbesondere der einstige EU-Wirtschaftsmotor
Deutschland. Denn während sich andere Länder wie Frankreich oder die Schweiz
frühzeitig mit einem breiten Energiemix unabhängiger einzelnen Energieträger
gemacht haben und dadurch ihre Preise relativ stabil halten können, hat sich
Deutschland nie aus der jahrzehntelangen Abhängigkeit russischer Erdgas-
lieferungen befreien können.
Deutschlands Abhängigkeit von russischem Gas als Inflationstreiber
1965 hatte sich Erich Apel, der Vorsitzende der Staatlichen Plankommission
der DDR in seinem Dienstzimmer erschossen, weil er den Handelsvertrag zwischen
DDR und UdSSR nicht mittragen wollte, einem Knebelvertrag, der der DDR über
Rohrleitungen dauerhaft Erdgas zu überhöhten Preisen aufzwingen sollte. Der
Vertrag wurde von Apels Nachfolger unterzeichnet - mit dem auf diesem Vertrag
aufbauenden Bau der Druschba-Erdgas-Trasse wurde 1974 begonnen.
Die Infrastruktur dieses Vertrages besteht bis heute, sichtbar etwa in Leuna
und Schwedt. Ulbricht und Honecker hatten es sich bequem in der so
geschaffenen Abhängigkeit eingerichtet, während Kohl die Gaspipelines für
seine Zwei-plus-Vier-Verhandlungen nutzte und Schröder als Karrieresprungbrett
für die Zeit nach seiner Kanzlerschaft. Ex-Kanzlerin Merkel verwendete sie
wiederum, um den Ausbau der deutschen Wirtschaft weiter voranzutreiben - und
zementierte dadurch weiter deren Abhängigkeit von Energie aus Russland.
Robert Habeck versucht zwar gerade, die Scherben zusammenzukehren und den
Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben, doch die können in der Kürze der
Zeit nicht die gewaltige Lücke füllen, die das möglicherweise bevorstehende
Ende von Nordstream1 reißen könnte. Und dass die für Ende 2022 geplante
Abschaltung der letzten drei deutschen Kernkraftwerke Emsland, Isar2 und
Neckarwestheim2 ausgerechnet von einem grünen Wirtschaftsminister in letzter
Sekunde rückgängig gemacht werden könnte, glaubt bislang hierzulande auch
niemand ernsthaft.
Europa agiert zu langsam - aber mit Erfolg
Die Agrarproteste in den Niederlanden, die mittlerweile auch nach Deutschland
herüberschwappen, zeigen die Vielschichtigkeit der Probleme, mit denen Europa
aktuell zu kämpfen hat. Sie zeigen vor allem aber auch, wie langsam Europa auf
Veränderungen reagiert; so langsam, dass die Durchsetzung strenger
EU-Nitrat-Richtlinien angesichts steigender Lebensmittelpreise ebenso zur
Unzeit kommt, wie die Abschaltung von Kraftwerken vor dem Hintergrund eines
drohenden Kältewinters.
Allerdings besteht - neben der Hoffnung auf eine baldige Beendigung des
Ukraine-Krieges - auch Grund zur Zuversicht: Die bevorstehende Aufnahme
Kroatiens als 20. Mitglied der Eurozone symbolisiert den Willen der
europäischen Staaten zum weiteren Ausbau der europäischen Integration.
Jede Volkswirtschaft, die neu hinzukommt, stärkt langfristig auch den
europäischen Wirtschaftsraum und belegt, dass Europa - trotz aller Krisen -
langfristig eine Erfolgsgeschichte werden kann.
Die Aussagen einer bestimmten Person geben deren
persönliche Einschätzung wieder (Spectrum Markets).
Die zur Verfügung gestellten Informationen erheben
keinen Anspruch auf Vollständigkeit und stellen
keine Beratung dar (Spectrum Markets)
Quelle: Investmentfonds.de
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