06.02.2004
Wirtschaftsrat-Stellungnahme zum Thema "Gegenfinanzierung der Steuerreform durch Erhöhung der indirekten Besteuerung"
Berlin (ots) - Der Präsident des Wirtschaftsrates Deutschland,
Prof. Dr. Kurt J. Lauk bezieht Stellung zum Thema" Gegenfinanzierung
der Steuerreform durch Erhöhung der indirekten Besteuerung" und
erklärt im Detail:
Die Steuerreformdiskussion in Deutschland hat bisher zumindest
eines erreicht: Über 80 Prozent der deutschen Bevölkerung sind
überzeugt, dass eine radikale Steuerreform eines der derzeit
dringendsten politischen Ziele darstellt. Diese Reform muss unter
allen Umständen noch 2004 in Angriff genommen werden, weil eine
Verschiebung auf die nächste Legislaturperiode zu einer Umsetzung
frühestens 2008 - und damit viel zu spät - führen würde. Aus Sicht
des Wirtschaftsrates sind drei Forderungen existenziell und sollten
den Fahrplan der Parteien bestimmen:
Runter mit der Staatsquote! Der Staat muss sich aus der Wirtschaft
zurückziehen, um den neuen Wachstumskräften eine Chance zur
Entfaltung zu geben.
Keine Steuererhöhung jetzt! Dies wäre das Signal zum Rückzug für
die wieder erwachende Investitionsbereitschaft in Deutschland. Im
Sinne einer verlässlichen Investitionsplanung dürfen Änderungen der
Ertragsteuersätze in der Zukunft nur nach unten weisen!
Erst im Ertragsteuerrecht aufräumen und den Haushalt
konsolidieren! Die Unruhen in der politischen Diskussion der
vergangenen Wochen lassen Wirtschaft und Unternehmer daran zweifeln,
das Deutschland überhaupt noch reformfähig ist. Um ihren Wählern das
Gegenteil zu beweisen, müssen die Parteien die konsequente und rasche
Neugestaltung des Ertragsteuerrechts und den Ausstieg aus der
Verschuldungsspirale vorantreiben.
In der politischen Diskussion wird von den Gegnern einer
Steuerreform vor allem die Gegenfinanzierung thematisiert. Friedrich
Merz MdB hat sich eindeutig dahingehend geäußert, dass für die
Umsetzung seines Reformkonzepts keine Mehrwertsteuererhöhung benötigt
werde. Nur zur Finanzierung der notwendigen Reformen im
Gesundheitswesen, vor allem bei der Einführung der Gesundheitsprämie,
dürfe eine Erhöhung der indirekten Steuern nicht generell tabuisiert
werden.
Nach Auffassung des Wirtschaftsrates handelt es sich bei einer
eventuellen Erhöhung der Verbrauchsteuern um die "method of last
ressort": Auf sie darf nur dann zurückgegriffen werden, wenn die
übrigen Gegenfinanzierungsmaßnahmen für die anstehenden Reformen,
insbesondere der Subventionsabbau und die Streichung von
Steuerausnahmen, nicht ausreichen, um die dringend notwendige
Vereinfachung und Steuersatzsenkung bei den direkten Steuern
darzustellen.
Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der
gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat bereits in seinem
Jahresgutachten 1995/96 eine dahingehende Änderung der Steuerstruktur
vorgeschlagen. Hierzu sollten die steuerliche Belastung der
Einkommensentstehung gemindert und die Besteuerung der konsumtiven
Einkommensverwendung erhöht werden, denn "nur auf diesem Weg können
Leistungsanreize und Investitionsbereitschaft gestärkt werden." Der
Sachverständigenrat schreibt weiter: "Es sollte [..] geprüft werden,
ob die aus beschäftigungs- und wachstumspolitischen Gründen gebotene
steuerliche Entlastung der Investitionen nicht durch eine stärkere
steuerliche Belastung des Konsums aufkommensneutral erreicht werden
kann."
Die Argumente für die Konsumbesteuerung liegen auf der Hand:
Indirekte Besteuerung ist weitaus schwerer zu umgehen als direkte
Steuerbelastung: Während die Einkommensteuer inzwischen als
"Dummensteuer" verschrien ist, die durch eine kompetente
Steuergestaltung stark beeinflusst werden kann, ist die Vermeidung
der indirekten Steuern auf legalem Wege nur durch Konsumverzicht
möglich.
Durch eine verteilungspolitisch ausgerichtete Konsumbesteuerung
lässt sich leichter steuerliche Gerechtigkeit erreichen, als es im
Rahmen der Ertragsbesteuerung derzeit möglich ist. Hierzu ist vor
allem die Steuersatzdifferenzierung z.B. bei der Umsatzsteuer
geeignet: Schon derzeit sind Mietausgaben steuerfrei, und die
Ausgaben für Nahrungsmittel unterliegen dem ermäßigten Steuersatz von
7 Prozent.
Sparen und Investieren bleiben bei der Umsatzsteuer steuerfrei.
Von einer Senkung der Ertragsbesteuerung (auch) auf Kosten einer
Erhöhung der Verbrauchsbesteuerung können daher ein Beitrag zu mehr
Wachstum und die Schaffung neuer Arbeitsplätze erwartet werden. Auch
der Sachverständigenrat betont nochmals im Jahresgutachten 2002/03,
dass "eine Steuerstruktur, die stärker auf indirekte Steuern setzt,
investitionsfördernd [wirkt]."
Hinzu kommt, dass die Umsatzsteuersätze in Deutschland im
Vergleich zu denen der übrigen EU25-Staaten eher niedrig liegen:
Während in Deutschland Umsätze mit maximal 16 Prozent belastet
werden, reicht die Besteuerung in zwanzig der Vergleichsländer von
17,5 Prozent in Großbritannien bis zu 25 Prozent in Dänemark,
Schweden und Ungarn. Auch ein Vergleich des Verhältnisses zwischen
indirekten und direkten Steuern der OECD-Staaten zeigt, dass
Deutschland mit 47,8 zu 51,6 durchaus im Mittelfeld liegt.
Nicht unberücksichtigt sollte ferner bleiben, dass die
Steueränderungen der letzten Jahre vor allem auf Kosten der
Unternehmen, insbesondere auf Kosten des Mittelstandes durchgeführt
wurden. Auch aus diesem "Gerechtigkeitsargument" darf die
Gegenfinanzierung weiterer Steuersenkungen durch eine stärkere
Verbrauchsbesteuerung nicht tabuisiert werden.
ots Originaltext: Der Wirtschaftsrates der CDU e.V.
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