07.03.2006
Die aktuellen Entwicklungen an den globalen...
Köln, den 07.03.2006 (Investmentfonds.de) - Die Ölpreise sind im letzten Monat
weltweit angestiegen. Ein Barrel Rohöl der Marke West Texas Intermediate legte
um 7 USD auf 67 USD zu. Bedenken um Lieferengpässe aus dem Iran, Nigeria und dem
Irak, die allesamt mit politischen Problemen zusammenhängen, scheinen die Erklärung
dafür zu sein.
Prognose des Ölpreises
Unsere bisherigen Prognosen für die weitere Entwicklung des Ölpreises waren von
einer globalen Lockerung der Lieferengpässe bei Öl ausgegangen, da die durch die
Wirbelstürme beschädigten Ölförderstätten in den USA wieder arbeiten. Der Ölpreis
gab zwischenzeitlich zwar auch nach, ist in der Folge jedoch wieder angestiegen.
Falls diese Lieferbesorgnisse 2006 andauern, wird der Ölpreis wahrscheinlich
5 bis 10 USD höher sein als wir zunächst erwartet hatten. Diese Prognosen gehen
nach wie vor von einer Trendwende bei der Aufwärtsbewegung des Ölpreises von dem
nun höheren Preisniveau aus.
Nachfrage nach Öl
Der Anstieg der Nachfrage war 2005 im Vergleich zu den vorherigen Jahren sehr
moderat. Der Anstieg des Ölverbrauchs auf globaler Ebene war 2005 nur halb so hoch
wie im Jahr 2004.
Dies war die Folge von drei Hauptfaktoren: Erstens sank das Weltwirtschaftswachstum
nach dem Plus von 3,9% aus dem Jahr 2004 im Jahre 2005 auf 3,1%. Zweitens hat sich
die Nachfrage aus China abgeschwächt. Dies war auch das Resultat politischer
Veränderungen, die zu einem effizienteren Einsatz von Benzin und intensiverer Nutzung
von Kohle führten. Außerdem sind die chinesischen Importe von Rohöl sowie Ölprodukten
2005 sogar gesunken. Schließlich gibt es Hinweise darauf, daß die Nachfrage in allen
Regionen weltweit wegen der höheren Ölpreise gesunken ist. Die Internationale
Energieagentur (International Energy Agency/IEA) hatte zunächst prognostiziert, daß
die Nachfrage im Jahr 2005 pro Tag um 1,8 bis 2 Mio. Barrel steigen wird. Sie war
in der Folge aber gezwungen, diese Vorhersage stetig nach unten zu korrigieren. Die
IEA hat an ihrer Prognose für 2006 aber festgehalten, obwohl sie in ihrem
Dezember-Bericht davor gewarnt hat, daß ihre Zukunftseinschätzung “von einem anhaltend
hohen Wirtschaftswachstum und unveränderten Trends beim Konsumverhalten und/oder
der Energiepolitik ausgeht (...). Deshalb könnte das wirkliche Wachstum der Nachfrage
durchaus niedriger ausfallen.”
Im Gegensatz dazu schätzen wir für das Jahr 2006, daß der Ölverbrauch pro Tag um 1,2
bis 1,5 Mio. Barrel steigt.
Weltweites Angebot
Zu der Abschwächung des Wachstums der Ölförderung im Jahr 2005 haben einige Faktoren
beigetragen, die den Nachfragerückgang letztlich ausgeglichen haben. Die durch die
Wirbelstürme hervorgerufenen Schäden hatten zur Folge, daß schon bestehende Quellen
aus den USA und aus Mexiko nicht mehr fördern konnten. Zum größten Teil sind diese
Kapazitäten 2006 nun wieder frei. Diese Trendwende könnte zu einem leichten Anstieg
des Angebots aus den OECD-Quellen führen - und zwar unabhängig von dem langfristigen,
organischen Rückgang dieses Angebots, der seit vielen Jahren stattfindet.
Ein anderer Faktor, der aber wahrscheinlich nur vorübergehender Natur ist, war das
sehr ungünstige politische Umfeld für Ölförderer in Rußland. Die Investments in die
russische Ölförderung sind nun aber größtenteils wieder aufgenommen worden.
Eine weitere Entwicklung, die den Anstieg der Fördermenge letztendlich abgeschwächt
hat, war die deutliche Ausweitung der Förderung durch die OPEC in den Jahren 2003
und 2004. Dies hatte zur Folge, daß die OPEC nur noch sehr geringe freie Kapazitäten
hat. Ab 2005 ist die Erhöhung der OPEC-Förderung größtenteils von neuen Investments
in Produktionskapazitäten abhängig.
Eine Ausweitung des Angebots in diesem Jahr könnte die Expansion der Förderung in
Afrika, die Wiederaufnahme der Förderung an der Golfküste der USA sowie die Wieder-
aufnahme des Aufwärtstrends bei der Ölförderung in der ehemaligen Sowjetunion sein.
Eine Ausweitung der Förderung durch die OPEC-Produzenten kann zwar ebenfalls erwartet
werden, aber wenn das Nachfragewachstum nach Öl auf dem Niveau des Jahres 2005 bleibt,
muß die OPEC ihre Förderung nur in sehr geringem Maße erhöhen.
Andererseits könnten Lieferengpässe im Hinblick auf den Iran oder ein weiterer Rückgang
der Förderung in Nigeria oder im Irak die globalen Ölmärkte erschüttern und die Preise
deutlich ansteigen lassen. Die OPEC verfügt über die Kapazitäten, einige zwischen-
zeitliche Lieferengpässe auszugleichen. Sie weist nach eigener Aussage derzeit eine
Überschußkapazität von 1,75 Mio. Barrel pro Tag auf. Dies ist zwar möglicherweise
eine Übertreibung, aber einige OPEC-Förderer sind in der Lage, das Angebot relativ
kurzfristig zu erhöhen. Ein Großteil dieser zusätzlichen Kapazitäten betrifft aber
vermutlich sogenanntes „Heavy-Sour Crude“-Öl, dessen Raffinierung schwieriger ist.
Die globalen Ölreserven sind etwas angestiegen und decken nun 50 Tage des globalen
Ölverbrauchs ab. Diese Reserven könnten sicherlich dabei helfen, zwischenzeitliche
Lieferengpässe zu überbrücken.
Auch die globale Angebotssituation könnte sich verbessern. Die IEA schätzt, daß die
produktiven Kapazitäten in den nächsten Jahre nachhaltig um 1,5 bis 2 Mio. pro Barrel
steigen werden. Diese Schätzung basiert auf den globalen Investitionsniveaus und den
Ölreserven.
Das globale Verhältnis von Angebot und Nachfrage scheint ausgehend vom aktuellen
Niveau deshalb einen Rückgang der Ölpreise zu rechtfertigen. Es gibt aber nur einen
begrenzten Spielraum für Prognosefehler. Die globalen Ölmärkte sind wegen möglicher
politisch bestimmter Lieferengpässe durch einen nachhaltigen Preisanstieg gefährdet.
Lediglich Ölreserven und nachhaltige Investitionen in die Förderung würden diese
Gefährdung abfedern.
Vorerst heben wir unsere Ölpreisprognose für das Jahr 2006 wegen der Einschränkung
der Förderung im Irak und in Nigeria sowie aufgrund möglicher Drosselungen der
Förderung im Zusammenhang mit dem Iran aber an.
Quelle: Investmentfonds.de