Union Investment: Deutsche Großanleger meiden Risiken
Auffällig ist der signifikante Rückgang der Renditepräferenz. Spielte die Rendite 2007 noch für 27 Prozent der Profianleger eine bedeutende Rolle, so fiel der Wert in den darauffolgenden Jahren kontinuierlich bis auf aktuell nur sieben Prozent. Demgegenüber stieg das Sicherheitsbedürfnis in Folge der Finanzmarktkrise im gleichen Zeitraum von 22 Prozent auf heute 70 Prozent (Grafiken finden Sie hier). „Diese Entwicklungen sind zwei Seiten ein und derselben Medaille“, kommentierte Alexander Schindler, Vorstandsmitglied bei Union Investment und zuständig für das Geschäft mit institutionellen Kunden, dieses Ergebnis. „Eine Mehrrendite lässt sich nur unter Inkaufnahme erhöhter Risiken erreichen. Steigt also Sicherheitsbedürfnis der Anleger, so sollte sich dadurch automatisch die Bedeutung der Rendite für den Investor verringern.“ Dieser Zusammenhang, wird auch bei der Asset Allocation der meisten institutionellen Investoren sichtbar. So zeigt ein Vergleich der Vermögensaufteilung der befragten Investoren von 2008 und heute, dass in den vergangenen zwei Jahren der Anteil an Renten und Geldmarktinstrumenten kräftig zugenommen, der Anteil renditeorientierter Aktienprodukte aber abgenommen hat. „Die zuletzt von Marktbeobachtern ausgemachte wieder wachsende Risikobereitschaft institutioneller Investoren konnte durch die Studienergebnisse, vor allem im Vergleich mit den Jahren 2007 und 2006, nicht bestätigt werden“, machte Schindler deutlich. Zwar sei die Bedeutung des Sicher- heitsaspekts im Verlauf der vergangenen zwölf Monate von 81 auf 70 Prozent zurück- gegangen, befinde sich aber immer noch auf einem sehr hohem Niveau. „Insbesondere vor dem Hintergrund der Tatsache, dass sich die Bedeutung der Rendite auf einem Tiefpunkt befindet, kann von einer wirklichen Hinwendung der Investoren zur Risi- koübernahme keine Rede sein, und der Ertragsdruck dürfte dadurch mittelfristig weiter steigen“, so das Vorstandsmitglied von Union Investment. Zunahme der Verlustaversion bemerkbar Nicht nur die Anlagepräferenzen der Großanleger haben sich in der Finanzmarktkrise deutlich verändert. Auch die Wahrnehmung dessen, was als zentrales Risiko für die eigene Anlage betrachtet wird, hat sich verändert. Lange Zeit hatten viele Investoren ihre Kapitalanlage über benchmarkorientierte Strategien gesteuert und als Risiken hauptsächlich die Volatilität der Benchmark sowie das Ausmaß der Abweichung betrachtet. „Aufgrund der großen Marktschwankungen im Zuge der Finanzmarkt- krise prägte die absolute Verlusthöhe dagegen zunehmend häufiger das von den Anlegern wahrgenommene Risiko“, erläuterte Prof. Dr. Lutz Johanning von der WHU – Otto Beisheim School of Management, einer der Autoren der Studie. „Entsprechend rücken Absolut-Return-Mandate und Wertsicherungskonzepte heute verstärkt in den Fokus der Investoren.“
Reputations- und Umweltrisiken werden stärker wahrgenommen Generell spielen für die Anlageentscheidungen institutioneller Investoren auch allgemeine Risiken eine Rolle, die über die klassischen Kapitalmarktrisiken wie Marktpreis- oder Kreditrisiken hinaus gehen. Aus diesem Grund wurden die Anleger in diesem Jahr erneut zur Bedeutung verschiedener Risikoarten befragt. Wie in den vergangenen Umfragen sind rechtliche Risiken weiterhin der bedeutendste allgemeine Risikofaktor. 69 Prozent der Investoren bezeichneten Vertrags-, Haftungs- oder Prozessrisiken als wichtig bzw. sehr wichtig. Im vergangenen Jahr waren es 62 Prozent. Besonders auffällig erscheint indes die starke Bedeutungszu-nahme von Reputations- und Umweltrisiken. Diese wurden in der aktuellen Umfrage von 59 Prozent bzw. 24 Prozent der Befragten als wichtig oder sehr wichtig eingeschätzt. Ein Jahr zu vor hatte dieser Anteil noch bei 38 Prozent bzw. vier Prozent gelegen. „Das Desaster von BP im Golf von Mexiko hat im Bewusstsein vieler Investoren offenbar deutliche Spuren hinterlassen“, kommentierte Schindler dieses Ergebnis. Zahlreiche Großanleger würden vor diesem Hintergrund seit einiger Zeit verstärkt auf nachhaltige Investments als ein weiteres Instrument der Risikosteuerung setzen. Der Vorteil: Die überwiegend quantitativ ausgerichteten Modelle könnten so um qualitative Ansätze ergänzt werden.
Die Befragung zu den Anlagepräferenzen und der Risikowahrnehmung institutioneller Investoren ist fester Bestandteil der jährlichen Risikoma-nagementstudie von Union Investment, die darüber hinaus regelmäßig ein Spezialthema wissenschaftlich beleuchtet. In der aktuellen Studie 2010 befassen sich die Autoren Prof. Dr. Lutz Johanning, Dr. Christian Funke und Dr. Timo Gebken primär mit dem Instrument der Diversifikation im Lichte der Finanzmarktkrise. Die Ergebnisse dieser Untersuchung werden gegenwärtig aufbereitet und in Kürze veröffentlicht.
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