HSBC: Einschätzung der aktuellen Lage in Indien
Indien gehörte zu den Top-Märkten im Jahr 2010. Ein Teil der Performance resultierte aus den institutionellen Geldern in Höhe von 29 Milliarden US-Dollar, die im Laufe des Jahres in den indischen Markt flossen. Zudem ließ die Erwartung eines hohen Gewinnwachstums die indischen Aktienkurse steigen. 2011 scheint Indien anfällig für eine Reihe von in- und ausländischen Faktoren, die einen mittelfristigen Ausblick erschweren. Zum Beispiel hat die zweite quantitative Lockerung der USA für zusätzliche Liquidität gesorgt, die in risikoreichere Anlagen wie Rohstoffe geflossen ist. Höhere Rohstoffpreise haben einen negativen Effekt für Indien, da Erdöl eines der wichtigsten Importgüter des Landes ist. Die Reserve Bank of India (RBI) begann als eine der ersten Zentralbanken in den Schwellenländern, die Geldpolitik zu straffen, indem sie 2009 mehrfach die Zinsen anhob. Wir erwarten, dass die RBI 2011 weiter schrittweise die Zinsen erhöht, um die Inflation unter Kontrolle zu halten. Es gibt Befürchtungen, dass die Korruptionsskandale und der daraus resultierende Streit zwischen Regierung und Opposition Indiens Wachstum dämpfen könnten. Die Korruptions- skandale begannen mit den Commonwealth-Spielen 2010 in Indien. Es folgte der Skandal um den angeblich unterbewerteten Verkauf von 2G-Telefonlizenzen vor einigen Jahren. Zuletzt ging es um angebliche Bestechungen und unangemessene Kreditauszahlungen bei Indiens größter Versicherung und einigen staatlichen Banken.Der politische Streit hat das Parlament lahmgelegt und die Verabschiedung einiger Gesetze verschoben, die Indiens Wachstum ankurbeln sollen. Zusammengefasst bleibt Indien strukturell extrem stark. Kurzfristig werden sich jedoch aufgrund der Inflation einige Probleme ergeben. Wenn China seine Geldpolitik rigoros verschärft, könnten die Rohstoffpreise sinken. Das wäre für Indien zurzeit hilfreich. Inflation Inflation ist in Indien ein zweiteiliges Phänomen, das derzeit von steigenden Lebensmittelpreisen dominiert wird. Vor einiger Zeit hatten wir noch erwartet, dass sich die Inflation auf 6,5 Prozent mäßigt. Insbesondere die Preise von Obst und Gemüse sind aufgrund der schwachen Regenfälle während der Monsunzeit im November stark gestiegen. Daher erwarten wir eher, dass die Inflation zum Abschluss des Finanzjahres Ende März bei rund sieben Prozent liegen wird. Das wäre über dem RBI-Ziel von 6,5 Prozent.
Neben den Lebensmittelpreisen zogen auch die Preise für Rohstoffe wie Metalle, Kupfer, Stahl und Eisenerz an – ebenso wie der Ölpreis. Die Inflation in Indien korreliert stark mit dem CRB Rohstoffindex, mit einer Zeitdifferenz von drei bis sechs Monaten. Beim CRB Index haben wir in der Vergangenheit bereits steile Anstiege um fast 20 Prozent gesehen. Wir beurteilen die Inflationsentwicklung negativer als zuvor. Wir erwarten, dass sie 2011 ein heikles Thema bleibt und die Teuerungsrate bei 6,5 bis 7,5 Prozent liegen wird. Abgesehen von den weltweiten Rohstoffpreisen ist ein großer Teil von Indiens Inflationsdruck auf Versorgungsengpässe zurückzuführen. Während die Straffung der Geldpolitik eine ernüchternde Wirkung auf die Inflationssenkung hat, reduzieren die Angebotsbeschränkungen geringfügig die Effektivität der Zinserhöhungen, um die starke Nachfrage zu kontrollieren. Wir glauben, dass die RBI Inflation weiterhin als ein Hauptproblem behandelt. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass sie extrem aggressiv die Zinsen erhöht und so im Inflationskampf das Wachstum zerstört. Liquiditätslage Bankensektor Seit Juni 2010 ist die Liquidität in Indien eingebrochen. Das war etwa zu dem Zeitpunkt, als die Regierung die UMTS-Lizenzen versteigerte. Die Auktion brachte 20 bis 25 Milliarden US-Dollar. Das war weitaus mehr als die erwarteten sieben Milliarden. Den Großteil haben lokale Banken finanziert, so dass viele Geldmittel aus dem Bankensystem in die Regierungsreserven flossen. Von der Regierung wird erwartet, dass sie die Gelder wieder in die Wirtschaft leitet und so die Liquidität ins Banksystem zurückkommt. Allerdings gibt die Regierung das Geld langsamer aus als erwartet. Daher hat die RBI wieder Liquidität ins System gepumpt, indem sie die gesetzlich vorgeschriebene Liquidititätsquote von 25 auf 24 Prozent gesenkt hat. Die Liquiditätsquote ist der Anteil der Einlagen, den Banken in indische Staatsanleihen investieren und als Reserve halten müssen. Zudem ergreift die Zentralbank weitere Maßnahmen, um Liquidität in den Markt zu bringen – einschließlich dem Kauf von Staatsan- leihen verschiedener Laufzeiten. Die aktuelle Quote der Liquiditätsreserven liegt bei sechs Prozent. Die RBI strebt eine Quote von drei Prozent an. Daher hat sie genügend Spielraum, diese bei Bedarf zu senken. Der einzige Grund, der die Zentralbank bisher von einer Senkung abhält, ist unserer Ansicht nach der Inflationsausblick. Nimmt der Inflationsdruck ab, kann die RBI auch die Quote der Liquiditätsreserven reduzieren. In der Zwischenzeit scheint sie jedoch lieber Liquidität durch Offenmarktgeschäfte und Übernachtkredite an Banken ins System zu spühlen. Zudem werden die Investitionen wohl bald zunehmen, da die Ministerien ihre Budgets ausgeben müssen, bevor das Haushaltsjahr im März endet. Dadurch sollten weitere Geldmittel ins System zurückfließen. Wir erwarten, dass sich die Liquiditätslage der Banken über die nächsten drei bis vier Monate wieder normalisiert. Portfolioausrichtung Die zweite quantitative Lockerung und die Steuersenkungen in den USA werden sich wahrscheinlich positiv auf das globale und insbesondere das amerikanische Wirtschafts- wachstum auswirken. Zudem beginnt sich die Stimmung der Investoren bezüglich der USA leicht zu verbessern, und die US-Wachstumsprognosen wurden angehoben. Das könnte zusätzliche Liquidität ins System spülen und uns leicht überraschen. Aufgrund dieser Sichtweise sind wir etwas positiver für den Energiesektor eingestellt und haben unsere Investments dort ausgeweitet. Zudem setzen wir stärker auf weltweit zyklische Sektoren, wie die Informationstechnologie. Wir glauben, dass die Nachfrage nach IT-Outsourcing mit der Erholung der Weltwirtschaft steigt. Ebenfalls mögen wir den Grundstoffsektor, der von der starken weltweiten Nachfrage profitiert. Wir bevor- zugen Nichteisenmetalle gegenüber Eisenmetallen.
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