Algebra Capital zur Lage in Ägypten und der MENA-Region
Die Lage ist nach wie vor ungewiss. Unseres Erachtens können die derzeitigen Demonstrationen und die Forderungen der Protestbewegung nach dem sofortigen Rücktritt von Präsident Hosni Mubarak mehrere Szenarien zur Folge haben. Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass die Demonstrationen noch einige Zeit anhalten, doch dann abflauen werden. Mubarak könnte bis zu Neuwahlen an der Macht bleiben. Dann dürfte er die Amtsgeschäfte an seinen gerade ernannten Vizepräsidenten Omar Suleiman übergeben. Bis dahin werden politische Reformen vermutlich Oppositionsparteien die Teilnahme an der Wahl ermöglichen und es könnte sich eine weitere politische Partei herausbilden. Zweites mögliches Szenario ist, dass Mubarak unmittelbar zum Rücktritt gezwungen wird. Ein drittes, weniger wahrscheinliches Szenario ist eine Eskalation der Proteste, die in der Übernahme der Macht durch eine militärische Interimsregierung gipfeln könnte. Diese Möglichkeit halten wir jedoch für unwahrscheinlich, da die Demonstranten weder einen gemeinsamen Anführer noch ein gemeinsames Programm haben. Wirtschaftlich muss Ägypten seine Strategie zur Wachstumsförderung beibehalten, um für Beschäftigungs- wachstum zu sorgen und weiterhin ausländische Investitionen anzulocken. Größere Veränderungen der Wirtschaftspolitik sind daher nicht zu erwarten. Die Regierung wird den Demonstranten jedoch Zugeständnisse machen müssen. Das könnten zum Beispiel Maßnahmen wie Nahrungsmittelsubventionen oder eine Deckelung der Energiepreise sein. Infolgedessen müssen die Wirtschaftswachstumsmodelle für Ägypten vielleicht überarbeitet werden, sobald sich die Lage entspannt hat. Klar ist, dass die Proteste in Ägypten die Gefahr eines Übergreifens der politischen Unruhen in der Region erheblich erhöht haben. In Wirklichkeit haben politische Bewegungen wie diese selten solche massiven Umwälzungen zufolge, wie wir sie in Tunesien gesehen haben (dessen Präsident ins Exil gehen musste). In Ägypten sind Staatsapparat und Armee weit stärker als in Tunesien. Ägyptens Stabilität ist für den Nahen Osten von entscheidender Bedeutung. Die globale Gemeinschaft könnte daher (in verschiedener Form) Unterstützung zur Aufrechterhaltung der Ordnung leisten. Insofern glauben wir, dass die zugrunde liegende Dynamik in der Region von Land zu Land zu verschieden ist, um automatisch von einer direkten Ansteckung auszugehen. Jedes Land des MENA-Raums ist anders. Auch die politische Ordnung und die Wirtschaftssysteme unterscheiden sich drastisch. Angesichts der aktuellen Ereignisse in der Region haben wir eine defensive Strategie gewählt, um das Gesamtrisiko zu reduzieren und uns die Möglichkeit offenzuhalten, Chancen zu nutzen, sobald sich der Markt stabilisiert. 2010 war unser Ausblick für Ägypten positiv. Er stützte sich auf einigermaßen gute Wirtschaftswachstumsprognosen und reizvolle Bewertungen. Anfang dieses Jahres reduzierten wir unser Engagement jedoch aufgrund von Inflationssorgen, Ungewissheit über die in diesem Jahr anstehenden Wahlen sowie der resultierenden Volatilität. Nach den jüngsten Protesten wurden wir noch vorsichtiger. Sollte die oben umrissene Grundkonstellation fortbestehen, könnten wir unser Engagement noch weiter zurückführen und versuchen, andere Marktchancen zu nutzen. Unseres Erachtens sollten die Markteinbrüche in der ganzen Region, die wir derzeit erleben, viele Gelegenheiten zu reizvollen Bewertungen eröffnen – vor allem in Katar und Saudi-Arabien. Wir hoffen, diese Chancen nutzen zu können, sowie sich die Märkte beruhigen.
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