OFI: China und mögliche Rezession größte Risiken an Aktienmärkten
Jean-Marie Mercadal, Head of Investment Strategies bei OFI Asset Management
China und mögliche Rezession größte Risiken an Aktienmärkten
S&P 500, EuroStoxx50 oder DAX - die Aktienmärkte steigen von einem Hoch zum nächsten trotz steigender Rohstoffpreise, Lieferengpässen und Produktverknappung, steigender Inflation, Fed-Tapering und explodierender Covid-Inzidenzen! Kommt jetzt der Einbruch, oder startet die Jahresendrallye?
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Das fragen Jean-Marie Mercadal, Head of Investment Strategies, und Eric Bertrand, Chief Investment Officer bei OFI Asset Management:
Die soliden Unternehmensgewinne haben allzu vorsichtige Anlegerauf dem falschen Fuß erwischt: 80 Prozent der professionellen US-Anleger, die Anfang Oktober von der Finanzzeitschrift Barron’s befragt wurden, erwarten in den nächsten sechs Monaten eine Korrektur von 10 bis 20 Prozent an der Wall Street. Wir sehen auf jeden Fall zwei wesentliche Themen, von denen die weitere Marktentwicklung abhängt:
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1. Das Risiko einer Konjunkturabschwächung. Seit einigen
Monaten sind die Indikatoren für das Verbrauchervertrauen
rückläufig, insbesondere in den Vereinigten Staaten.
Statistisch gesehen handelt es sich dabei um einen recht
zuverlässigen Indikator, der in der Regel mehrere Monate
im Voraus auf einen Konjunkturabschwung hinweist. In der
Tat ist dies möglich: Der durch die aufgestaute
Verbrauchernachfrage und die Ersparnisse der Haushalte
ausgelöste Konjunkturschub fordert jetzt seinen Tribut
in Form steigender Inflation, insbesondere bei den
Energiepreisen. Zu erwarten ist, dass auch die Löhne
steigen werden. Das würde die Unternehmen jedoch nicht
allzu sehr treffen, da die Produktivität im Moment noch
hoch ist. Das Risiko einer Konjunkturabschwächung könnte
sich aber auch durch eine restriktivere Geldpolitik
verschärfen.
Sollte die Konjunktur sich wieder abschwächen und die Inflation sich tatsächlich als vorübergehend erweisen, dürften sich die Anleihenmärkte insgesamt stabilisieren. Wir rechnen bei 10-jährigen US-Anleihen mit Renditen um 2 Prozent, bei Bundesanleihen um 0 Prozent. Das ist wichtig, denn die langfristigen Zinssätze sind der Ausgangspunkt für die Bewertung aller Vermögenswerte. Unserer Meinung nach besteht das Hauptrisiko für die Märkte nicht mehr in einem Aufwärtsdruck auf die Anleiherenditen, sondern in einer Konjunkturabschwächung, die zu einer Senkung der Gewinnprognosen führen könnte.
2. China hat unter Führung von Präsident Xi Jinping einen Richtungswechsel weg vom "Wachstum um jeden Preis" hin zu mehr "Wohlstand für alle" vollzogen, der in den letzten Monaten zu einer Reihe von Verwerfungen geführt hat. Der Immobiliensektor, der fast 30 Prozent des Bruttoinlands- produktes ausmacht, wurde besonders hart getroffen. Das Wachstum im dritten Quartal lag nahezu bei null. Für das vierte Quartal wird zwar ein Aufschwung erwartet, aber ob sich dieser tatsächlich einstellt, bleibt abzuwarten.
Auf längere Sicht gesehen sind die neuen Ziele unserer Meinung nach jedoch lobenswert und sollten für mehr Solidarität zwischen den Gesellschaftsschichten, eine grünere Wirtschaft und einen Anstieg der Geburtenrate sorgen. Das könnte bedeuten, dass sich China stärker auf seinen riesigen Binnenmarkt von 1,4 Milliarden Menschen ausrichten und von seiner internationalen Rolle als einer der wichtigsten Handelspartner weltweit zurückziehen wird. Die Corona-Pandemie könnte diese Entwicklung unter Umständen bereits beschleunigt haben - wir denken jedoch nicht, dass dies der Fall ist. Mit dem eingeschlagenen Richtungswechsel werden Kapitalismus und Unternehmertum nicht abgeschafft werden, erst recht nicht wegen des schnell wachsenden Technologiesektors, in dem China eine Führungsposition einnimmt. Der Anteil der digitalen Wirtschaft am chinesischen BIP soll bis 2025 von 7,8 Prozent auf 10 Prozent steigen. Zudem: Da das Regime sich nicht durch Wahlen legitimiert, muss es konkrete Ergebnisse für den Wohlstand für alle präsentieren. Aus diesen Gründen sind wir überzeugt, dass es sich lohnt, langfristig in China zu investieren.
Unsere Schlussfolgerung: Auch wenn die Gefahr eines Zinsanstiegs geringer geworden zu sein scheint, halten wir es für falsch, ins Risiko zu gehen und blindlings auf eine mögliche Jahresendrallye zu setzen. Wir behalten unsere Aktiengewichtung bei und stocken nur bei einem Kursrückgang auf.
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