ifo Inflation
Prof. Dr. Timo Wollmershäuser, ifo-Konjunkturchef
ifo Institut: Inflation trifft aktuell Reiche stärker als Arme
München, 16. November 2021 - Die Inflation ist bei reicheren Haushalten derzeit höher als bei ärmeren Haushalten. Das geht aus Berechnungen des ifo Instituts hervor. Demnach lag der Preis des Warenkorbs eines Haushalts mit einem monatlichen Nettoeinkommen über 5.000 Euro im Oktober um 4,8 Prozent höher als im Vorjahr. Bei Haushalten, die weniger als 1.300 Euro verdienen, war die Rate mit 4,0 Prozent deutlich niedriger. Der Schnitt lag bei 4,5 Prozent. "Der Grund ist die Zusammensetzung des Warenkorbs“, sagt ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. „Die hohen Preise beim Sprit und bei den Autokäufen machen bei reicheren Haushalten einen wesentlich größeren Anteil an den monatlichen Ausgaben aus."
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Die Oktoberrate für Haushalte mit einem Nettoeinkommen von 1.300 bis 1.700 Euro lag bei 4,4 Prozent, in den Einkommensklassen von 1.700 bis 5.000 Euro lag sie bei 4,6 Prozent. Im Vergleich zum Jahr 2019 müssen die ärmsten Haushalte derzeit 19 Euro und die reichsten Haushalte 111 Euro mehr pro Monat für ihren jeweiligen Warenkorb ausgeben, weil die Preise stärker stiegen als im Durchschnitt der Jahre vor der Coronakrise. Bei dieser Rechnung wird bereits berücksichtigt, dass sich die Inflationsraten zwischen den einzelnen Haushalten unterscheiden. Wäre der Preisanstieg für alle Haushalte gleich gewesen, hätten die Mehrausgaben bei den ärmsten Haushalten um 6 Euro pro Monat höher und bei den reichsten Haushalten um 6 Euro pro Monat niedriger gelegen.
Konjunkturelle Folgen haben hohe Inflationsraten vor allem dann, wenn sie die privaten Haushalte unerwartet treffen. Dies schmälert ihre Kaufkraft, weil ihre Einkommen nicht im selben Maße steigen wie die Lebenshaltungskosten. Ärmere Haushalte müssen dabei ihren Konsum stärker einschränken. Im Gegensatz zu reicheren Haushalten haben sie keine Möglichkeiten, die Mehrausgaben zu stemmen, da sie ihr monatliches Einkommen ohnehin schon vollständig ausgeben, sie wenig Finanzvermögen besitzen und die Verschuldungsmöglichkeiten beschränkt sind. Da die tatsächliche Inflation bei ärmeren Haushalten derzeit deutlich niedriger ist als bei reicheren Haushalten, werden diese Verteilungseffekte des Inflationsanstieges allerdings durch eine vergleichsweise geringere Zunahme der Lebenshaltungskosten von ärmeren Einkommensgruppen abgemildert.
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