13.04.2006
SEB: Konjunktur und Geldpolitik treiben Zinsen nach oben
Köln, den 13.04.2006 (Investmentfonds.de) - Die internationalen Rentenmärkte
verzeichneten in einem sehr ereignisreichen März ihr bisher schwächstes Ergebnis
seit knapp zwei Jahren. Robuste Konjunkturdaten und eine Vielzahl geldpolitischer
Aktivitäten sorgten in nahezu allen Märkten für einen Anstieg der Renditen.
Robuste Konjunkturdaten und die Erhöhung der Leitzinsen durch die EZB von 2,25 %
auf 2,5 % prägten den Monatsbeginn. Zugleich revidierte sie ihre Wachstums- und
Inflationsprojektionen nach oben. Ersteres war insofern überraschend als die
Währungshüter auch ihre Annahmen für den Ölpreis etwas erhöht haben. Die Infla-
tionserwartung der EZB für 2007 liegt nun bei 2,2 % und damit knapp oberhalb der
mit Preisstabilität vereinbaren Marke.
Für Aufsehen sorgte auch die japanische Notenbank, die unerwartet früh den
Regimewechsel von der Steuerung über die Geldmenge zurück zur "klassischen"
Zinspolitik vollzog. Zugleich gab sie sich eine Art Inflationsziel von 0 %
bis 2 % vor.Um ähnliche Reaktionen an den Finanzmärkten wie bei der LTCM-Krise
1998 zu vermeiden, versicherte die Bank of Japan jedoch, die Nullzinspolitik
für "einige Zeit" aufrecht zu halten. Damals wertete der Yen innerhalb
kürzester Zeit um über 25 % auf, als so genannte "Carry trades" zur Ausnutzung
von Zinsdifferenzen aufgelöst wurden. Hierbei handelt es sich um Anlagen in
Hochzins-Währungen, die in Niedrigzins-Währungen wie dem Yen finanziert werden.
Dennoch stiegen die Zinsen in Japan an, da noch in diesem Jahr mit einer
Erhöhung der Leitzinsen gerechnet wird. Schwächere Konjunktur- sowie
gedämpfte Inflationsdaten sorgten Mitte des Monats nur für eine vorübergehende
Beruhigung an den Rentenmärkten. Der anhaltende Strom positiver Nachrichten,
insbesondere aus der Eurozone ließ die Zinsen weiter steigen. So erreichte
der ifo-Geschäftsklima-Index den höchsten Stand seit Anfang der 90er Jahre.
Hinzu kam, dass die US-Notenbank zwar ihre Zinsen erwartungsgemäß auf 4,75 %
erhöhte, jedoch keinen Hinweis auf ein absehbares Ende der Zinserhöhungen gab.
Performance nach Regionen - Alles im Minus
In dem beschriebenen Umfeld gab es lediglich einige exotische Rentenmärkte,
die überhaupt eine positive Performance verzeichneten. Rentenanlagen in Euroland
verloren dabei aufgrund der guten Konjunkturumfragen und der damit verbundenen
intensivierten Zinsangst mit am stärksten an Wert. Also eurobasierter Anleger war
im März jedoch auch unter Berücksichtigung des Währungseinflusses kaum eine
positive Performance zu erzielen. Denn nahezu alle Währungen werteten gegenüber
dem Euro ab, wobei der Australische und der Neuseeland-Dollar am stärksten
"unter die Räder" kamen. Lediglich die Norwegische Krone wertete vor dem Hintergrund
der dortigen Leitzinserhöhung auf.
Unternehmensanleihen - High Yields − besser als erwartet
Unternehmensanleihen guter Bonität ("Investment grade") folgten dem allgemeinen
Trend und verzeichneten im März eine negative Entwicklung. Die Spreads zu
Staatsanleihen veränderten sich kaum. Dagegen haben sich im Bereich minderer
Bonitäten ("High Yields") die Spreads zu Staatsanleihen weiter verringert.
Hierdurch konnte im März sogar eine leicht positive Performance erzielt werden.
Überhaupt entwickelte sich dieses Marktsegment bisher deutlich besser als erwartet,
trotz oder wegen der zu Jahresbeginn zurückhaltenden Konsenserwartung.
Wir gewichten in unseren Portfolios weiterhin höhere Bonitäten über.
Ausblick - Repo, quo vadis?
Der April begann, wie der März aufgehört hatte, denn robuste Konjunkturdaten
insbesondere aus der Eurozone hielten den Aufwärtstrend der Zinsen am Laufen.
Damit bleibt die zentrale Fragestellung unverändert zum Vormonat: Wie schnell
erhöhen die Zentralbanken ihre Leitzinsen auf welches Niveau? Auf den ersten
Blick ein im Grunde nicht besonders bondfreundliches Umfeld.
In den USA bewegen sich die Leitzinsen mittlerweile knapp oberhalb des als
"neutral" bezeichneten Bereiches von 3,5 % bis 4,5 %. Somit dürfte das Potenzial
weiterer Zinserhöhungen offensichtlich begrenzt sein. Auch steht die Erwartung
der FED, dass das Wirtschaftswachstum nach einem ausgesprochen
robusten 1.Quartal wieder etwas moderater ausfällt, durchaus im Einklang mit
einigen der jüngsten Konjunkturdaten. Bleibt als Risikofaktor der US-Arbeitsmarkt,
der weiterhin sehr robust ist und etwas beschleunigte Lohnzuwächse nach sich zieht.
Wir rechnen daher mit einer weiteren Anhebung der Leitzinsen in den USA auf
5,0 %. Auch in der Eurozone sind angesichts des positiven Konjunkturumfelds,
des starken Geldmengen- und Kreditwachstums und der weiterhin expansiven
Geldpolitik weitere Erhöhungen des Repo-Satzes wahrscheinlich. Bis zur Lösung
der Frage, wie stark das Wachstum in der Eurozone im 1. Quartal nun
tatsächlich ausfällt, dürfte der Zinsanstieg weiter anhalten.
Mittelfristig halten wir weiter an unserem Szenario fest, wonach ein Großteil des
Zinsanstieges bereits hinter uns liegt. So dürfte der Druck aus Übersee mit einer
Beruhigung der US-Konjunktur, geringeren Inflationsängsten und einem Ende der
Zinserhöhungen durch die FED nachlassen.
In der Eurozone wird sich der Aufschwung zwar fortsetzen, doch rechnen wir damit,
dass der vorläufige Wachstumshöhepunkt im 1. Quartal liegt. Insofern sollte sich
die Konjunktureuphorie wieder etwas beruhigen. Setzt sich der Seitwärtstrend
beim Ölpreis fort, kann Mitte des Jahres auch vorübergehende Entlastung von
der Inflationsseite kommen, bevor die Mehrwertsteuererhöhung in Deutschland
Anfang 2007 die Inflationsraten wieder belastet. Von den Lohnkosten erwarten wir
keine Inflationsgefahren. Vor diesem beschriebenen Hintergrund verhalten wir uns
weiterhin abwartend.
Quelle: Investmentfonds.de