15.10.2007
AXA IM: Grund zur Euphorie?
Köln, den 15.10.2007 (Investmentfonds.de) -
Die US-Notenbank nahm unter
Leitung von Bernanke am 18.
September 2007 eine deutliche
Senkung des Leitzinses um 50
Basispunkte vor. Es scheint als habe
diese Schocktherapie bei den
Investoren hervorragend gewirkt.
Seitdem haben nahezu alle
Assetklassen mit einem hohen
Risikoprofil einen deutlichen
Aufschwung von zum Teil über 10%
verzeichnet. Die europäischen
Börsenindizes liegen Anfang
Oktober 2007 nur knapp unterhalb
der Jahreshöchststände. In den USA
hat der Dow Jones sogar einen
neuen historischen Rekord erreicht.
Zahlreiche weitere Börsen
entwickelten sich analog. Besonders
hervorzuheben sind Schwellenmärkte
wie z. B. Brasilien, Singapur
oder China.
Euphorie an den Märkten
Trotz unserer positiven Prognose
für risikoreiche Titel haben wir mit
einer so schnellen Erholung nicht
gerechnet. Gleichzeitig ist die
Volatilität zurückgegangen.
Diese Entwicklungen sind überraschend,
insbesondere vor dem
Hintergrund der eher verhaltenen
Wirtschaftsnachrichten aus den
Industrieländern, die eher auf eine
Konjunkturabkühlung hinweisen.
Außerdem besteht der Druck auf die
Rohstoffpreise unverändert fort,
wohingegen die Wechselkurse
starken Schwankungen unterliegen.
Weiterhin ist zu beobachten, dass
die Spannungen an den Geldmärkten
und der Druck auf die
Bankenliquidität zwar nachgelassen
haben, keineswegs jedoch vollständig
behoben sind, wie das hohe
Niveau des sog. Ted-Spread (die
Differenz zwischen dem 3-Monats-
Libor und der Rendite für 3-Monats-
Treasury-Bills) belegt. Diese
Differenz lag am 2. Oktober bei 142
gegenüber einem Durchschnittswert
von 42 über einen Betrachtungszeitraum
von 10 Jahren.
Insgesamt raten wir auf kurze Sicht
zu einer vorsichtigen Strategie. Wir
nehmen bei den Aktien Gewinne mit
und gehen zu einer neutralen
Einstufung über. Wir bleiben bei
Anleihen untergewichtet und raten
zu einer Übergewichtung von Cash.
Abschwung mit Maß
Die Konjunkturumfragen in den
Industrieländern tendieren weiterhin
nach unten. Sowohl der
amerikanische ISM Manufacturing
Index als auch der deutsche IFOGe-
schäftsklimaindex lassen eine
Abschwächung der Wirtschaftsaktivität
im verarbeitenden Gewerbe
erkennen. Trotzdem ist es derzeit
noch schwer abzusehen, welche
Folgen die Finanzkrise im Hinblick
auf die Konjunktur haben wird. In den
USA halten sich die Auswirkungen
der Krise am Immobilienmarkt auf
den Wirtschaftsalltag bisher in
Grenzen. Es wurden jedoch bereits
andere Akteure der „Produktionskette“
in Mitleidenschaft gezogen,
allen voran die Finanzbranche.
Trotzdem halten wir an unserer
bisherigen Annahme fest, dass sich
eine Rezession abwenden lässt,
wenngleich die Risiken deutlich
gestiegen sind. Bei den europäischen
Volkswirtschaften bleibt
das Bild uneinheitlich: Deutschland
profitiert nach wie vor von seiner
Exportstärke, während Frankreich
erneut hinterherhinkt. In
Großbritannien zeigt die Krise
bislang keine signifikanten Auswirkungen
auf die Wirtschaftsaktivität,
obwohl gewisse Anzeichen einer
Verlangsamung zu erkennen sind.
Im Unterschied zu vorangegangenen
Krisen zeigt sich die
Wirtschaft der Schwellenländer sehr
widerstandsfähig. So lassen die
neuesten Statistiken erkennen, dass
die Schwellenländer – insbesondere
in Asien – ein beeindruckendes
Wachstum aufweisen. Außerdem
kommen vielen dieser Länder die
hohen Rohstoffpreise zugute. Die
Dynamik dieser Volkswirtschaften
wird sich in den kommenden
Monaten als Hauptstütze des
globalen Wirtschaftswachstums
erweisen.
Anpassungen auf geldpolitischer Ebene
Wahrscheinlich hat die USNotenbank
bereits mehr als erwartet
unternommen, um das Vertrauen der
Anleger in die Märkte wieder zu
stärken und die Entstehung einer
systemischen Krise zu verhindern.
Wir erwarten dennoch weitere
Zinssenkungen i.H.v. 50 Basispunkten
bis zum Jahresende, um
einer Konjunkturabkühlung entgegenzusteuern.
Das Wachstum der USWirtschaft
dürfte unserer Einschätzung
nach noch für mehrere
Quartale deutlich unterhalb des
Potenzials bleiben, wobei die
Inflation unter Kontrolle bleiben
dürfte. Wir rechnen sogar mit einem
Rückgang der Inflation. Allerdings
könnte diese Tendenz durch die
Auswirkungen des gestiegenen
Ölpreises und den Wertverlust des
US-Dollar etwas abgeschwächt
werden. Unseres Erachtens sollten
auch die anderen Zentralbanken
Vorsicht walten lassen. In Europa
müsste die EZB neben der
Konjunkturabkühlung auch den
Wechselkurs des Euro berücksichtigen,
der seit Jahresbeginn um
+ 8 % gegenüber dem US-Dollar an
Wert gewonnen hat, sowie die
Verteuerung der Kredite vor dem
Hintergrund der nach wie vor
bestehenden Spannungen am
Interbankenmarkt. In dieser Situation
sind derzeit keine Zinsänderungen zu
erwarten. Es besteht jedoch sehr
wohl das Risiko einer Zinssenkung,
sofern der Dollar gegenüber dem
Euro weiterhin an Wert verliert und
sich einem Wechselkurs von 1,50
USD/Euro nähert. Unsere kurzfristige
Prognose lautet 1,45 USD/Euro
gegenüber zuvor 1,40 USD. Für
Großbritannien erwarten wir unverändert
einen graduellen Rückgang
des Zinsniveaus um insgesamt 75
Basispunkte, der noch vor
Jahresende beginnen dürfte.
Schließlich wird die Bank of Japan
unserer Einschätzung nach weiterhin
an der allmählichen Normalisierung
festhalten, was sog. „Carry
Trades“ auf den Yen begünstigt.
Vorzeitiger Jahresendspurt
Neben der Haltung der USNotenbank
ist auch die Erholung der
Märkte ein Beleg für die unvermindert
hohe globale Liquidität. Die
Schwellenmärkte akkumulieren
weiterhin die weltweit vorhandenen
Devisenreserven, was den Märkten
sicherlich zugute kommen wird. Trotz
dieses Aufschwungs bleiben die
durch die Krise des Sommers aufgeworfenen
Fragen noch unbeantwortet.
Unserer Ansicht nach sind
sowohl Aktien als auch
Unternehmensanleihen günstig
bewertet. Bei einer unerwartet
starken Konjunkturabkühlung, was
derzeit nicht ausgeschlossen werden
kann, wird das jedoch nur von
geringem Nutzen sein. Wir haben uns
daher für eine Reduzierung des
Aktienanteils im Allgemeinen sowie
eine Aufstockung US-amerikanischer
Werte in unserem Aktienportfolio
entschieden. Hierbei dürfte sich die
Schwäche des US-Dollar und die
Geldpolitik der US-Notenbank positiv
auswirken. Gleichzeitig verringern wir
das Engagement in Anleihen durch
eine Untergewichtung bei High-Yield-
Papieren. Ferner sehen wir
Bankentitel weiterhin skeptisch.
Stattdessen empfehlen wir eine
Übergewichtung von Papieren aus
Schwellenmärkten, insbesondere
Asien.
Quelle: Investmentfonds.de